Angela Merkel
AP/Odd Andersen
Zapfenstreich für Merkel

Abschied mit Ehren und Nina-Hagen-Song

Auch in Deutschland ist am Donnerstag eine politische Ära zu Ende gegangen. Die bisherige Kanzlerin Angela Merkel wurde durch die Bundeswehr offiziell verabschiedet, mit Liedern von Hildegard Knef bis Nina Hagen. Merkel macht nun der „Ampelkoalition“ aus SPD, Grünen und FDP Platz.

Just am Tag ihres offiziellen Abschieds musste Merkel noch einmal schlechte Nachrichten überbringen. Deutschland geht in eine Art Lockdown für Ungeimpfte, auch sind weitere Verschärfungen der CoV-Maßnahmen wie Maskenpflicht in Schulen geplant. Wegen der hohen Belastung in den Spitälern wird es zu Silvester ein Feuerwerksverbot geben.

Ebenfalls nur eingeschränkt gefeiert wurde am Abend beim Großen Zapfenstreich vor dem Berliner Verteidigungsministerium – einer althergebrachten Zeremonie. Die Veranstaltung fand unter Einhaltung der 2-G-plus-Regeln statt, die Zahl der Gäste war begrenzt. Auch FFP2-Maskenpflicht und ein Mindestabstand von 1,5 Metern galt.

Großer Zapfenstreich zum Merkel-Abschied

In Deutschland ist am Donnerstag eine politische Ära zu Ende gegangen. Die bisherige Kanzlerin Angela Merkel wurde durch die Bundeswehr offiziell verabschiedet. Dabei erwiesen die deutschen Soldatinnen und Soldaten Merkel bei dem rund einstündigen Großen Zapfenstreich die höchste Form militärischer Ehrerweisung. In ihrer Rede rief die scheidende deutsche Kanzlerin unter anderem zur Verteidigung der Demokratie gegen Hass, Gewalt und Falschinformationen auf. Merkel war 16 Jahre und vier Wochen lang deutsche Kanzlerin.

Plädoyer gegen Spaltung

Bei dem rund einstündigen Zapfenstreich erwiesen die deutschen Soldatinnen und Soldaten Merkel die höchste Form militärischer Ehrerweisung. Merkel ist nach Ursula von der Leyen (ehemals deutsche Verteidigungsministerin) erst die zweite Frau, die mit Großem Zapfenstreich geehrt wurde.

Die scheidende Regierungschefin zog nur kurz Resümee über ihre 16 Jahre dauernde Kanzlerinnenschaft. Es sei eine „unglaubliche Zeit, in der wir gerade leben“, so Merkel bei ihrer Rede. Die Jahre in der Politik seien ereignisreich und herausfordernd gewesen, sie „haben mich politisch und menschlich gefordert, aber zugleich auch erfüllt“.

Merkels Ansprache glich auch einem Plädoyer gegen gesellschaftliche Spaltungen, gerade in der Pandemie. „Ich möchte dazu ermutigen, die Welt auch immer mit den Augen der anderen zu sehen“, so Merkel. Man müsse sich stets für den Ausgleich der Interessen einsetzen. „Unsere Demokratie lebt auch davon, dass überall da, wo Hass und Gewalt als legitimes Mittel zur Durchsetzung eigener Interessen erachtet werden, unsere Toleranz als Demokratinnen und Demokraten ihre Grenze finden muss.“

„Mit Fröhlichkeit im Herzen“

Merkel dankte dem Gesundheitspersonal, das in der CoV-Krise so viel leiste, ihren Mitstreiterinnen und Mitstreitern sowie auch ihrer Familie. Der künftigen Regierung unter Führung der SPD wünschte sie alles Gute. Man solle sich auch in Zukunft keinem Pessimismus hingeben, sondern „mit Fröhlichkeit im Herzen“ an die Arbeit gehen.

Großer Zapfenstreich

Das Zeremoniell gilt als die höchste Würdigung, die die deutschen Streitkräfte einer Zivilperson zuteilwerden lassen können. Die Ursprünge gehen bis ins 16. Jahrhundert zurück. Die Veranstaltung findet immer abends statt, besteht aus einem Aufmarsch und mehreren Musikstücken, darunter die deutsche Nationalhymne.

Für das Zeremoniell dürfen sich die Geehrten Musikstücke auswählen, Merkel wählte das Kirchenlied „Großer Gott, wir loben dich“, das Chanson „Für mich soll’s rote Rosen regnen“ von Hildegard Knef sowie den Nina-Hagen-Hit „Du hast den Farbfilm vergessen“. Der Song sei ein Highlight ihrer Jugend in der DDR gewesen, so Merkel.

In dem Lied aus dem Jahr 1974, veröffentlicht von Hagens damaliger Band Automobil, wurden die Bürgerinnen und Bürger der DDR parodistisch an die wirtschaftlichen Mängel des Regimes erinnert. Der Song wurde ein großer Hit. Die Wünsche Merkels nach Hagen und Knef hatte allerdings die Militärmusiker vor eine schwierige Aufgabe gestellt: Die Stücke seien im Notenarchiv des Bundeswehr-Orchesters nicht vorhanden gewesen, berichtete die Berliner „taz“ unter Berufung auf den Dirigenten Reinhard Kiauka. „Das entsprechende Arrangieren moderner Titel ist eine hohe Kunst.“

Deutscher Generalinspekteur der Bundeswehr Hartmut Bagger, Bundesverteidigungsminister Volker Rühe und Bundeskanzler Helmut Kohl am 17.10.1998
picturedesk.com/dpa/Arne Dedert
Kohl wurde 1998 mit Großem Zapfenstreich verabschiedet. Er hält weiterhin den Rekord als längstdienender Kanzler

Scholz’ Angelobung am Mittwoch

Merkel war 16 Jahre und vier Wochen lang deutsche Kanzlerin. Den Rekord von Langzeitkanzler Helmut Kohl (Amtszeit 1982 bis 1998) verfehlt sie damit um gerade einmal zehn Tage. Nun kommt eine für Deutschland neue Koalition zum Zug: Die „Ampel“ aus SPD, Grünen und FDP übernimmt das Ruder in Berlin. Der bisherige Finanzminister Olaf Scholz (SPD) wird am Mittwoch als neuer Kanzler angelobt.

Die Spitzen der drei Parteien haben sich zwar bereits auf einen Koalitionsvertrag geeinigt, doch die Parteibasis muss dem Vertragswerk noch zustimmen. SPD und FDP halten dazu am Wochenende Parteitage ab, bei den Grünen läuft eine Urabstimmung der Mitglieder, deren Ergebnis am Montag erwartet wird. Erst dann kann Scholz offiziell das Amt antreten.

Fix sind bereits viele Personalia. Robert Habeck (Grüne) wird
Vizekanzler, der zweite Grüne nach Joschka Fischer, und außerdem wird er einem Klima- und Wirtschaftsministerium vorstehen. Seine Parteikollegin Annalena Baerbock wird Chefin des Außenressorts und FDP-Chef Christian Lindner Finanzminister.