Alexander Schallenberg
AP/Lisa Leutner
Nach Kurz-Rückzug

Kanzler Schallenberg stellt Amt zur Verfügung

Alexander Schallenberg (ÖVP) stellt sein Amt als Bundeskanzler zur Verfügung. Das kündigte er am Donnerstagabend an, nachdem sein Kanzler-Vorgänger Sebastian Kurz (ÖVP) den Rückzug aus der Politik bekanntgegeben hatte. Nun stellt sich die Frage, wer neuer Kanzler wird, im Gespräch ist unter anderen Innenminister Karl Nehammer (ÖVP).

„Es ist nicht meine Absicht und war nie mein Ziel, die Funktion des Bundesparteiobmanns der Neuen Volkspartei zu übernehmen. Ich bin der festen Ansicht, dass beide Ämter – Regierungschef und Bundesparteiobmann der stimmenstärksten Partei Österreichs – rasch wieder in einer Hand vereint sein sollten“, so Schallenberg in einer schriftlichen Stellungnahme.

„Ich stelle daher mein Amt als Bundeskanzler zur Verfügung, sobald parteiintern die entsprechenden Weichenstellungen vorgenommen wurden“, so Schallenberg. Er habe sich „in einer sehr herausfordernden Phase für die Bundesregierung und die Neue Volkspartei bereiterklärt“, das Amt des Kanzlers zu übernehmen.

Rückkehr ins Außenministerium?

Der frühere Außenminister war erst am 11. Oktober von Bundespräsident Alexander Van der Bellen als Kanzler angelobt worden – nachdem Kurz im Zusammenhang mit Korruptionsermittlungen gegen ihn und sein Umfeld als Regierungschef zurückgetreten war. Damit dürfte er der kürzestdienende Kanzler in der Geschichte der Zweiten Republik werden.

Nachfolge noch offen

Wie geht es in der ÖVP nach dem Kurz-Rücktritt weiter? Unter anderen wurde schon Innenminister Karl Nehammer für das Kanzleramt und die ÖVP-Spitze ins Spiel gebracht, doch das wurde bisher weder bestätigt noch dementiert.

Ob er wieder ins Außenministerium zurückkehren möchte, teilte Schallenberg in der schriftlichen Stellungnahme nicht mit. Aber er zollte Kurz für die Entscheidung, auch alle anderen politischen Posten (Klubobmann, Parteiobmann) abzugeben, „großen Respekt“.

Nehammer als möglicher Nachfolger

Das Kanzleramt könnte unbestätigten Informationen zufolge Nehammer übernehmen. Vizekanzler Werner Kogler von den mitregierenden Grünen betonte in einer Stellungnahme am Donnerstag jedenfalls, ihn verbinde mit Nehammer eine gute Gesprächs- und Arbeitsbasis. Der „Kurier“ nannte als möglichen Nachfolger für Nehammer als Innenminister Andreas Pilsl, derzeit Landespolizeidirektor in Oberösterreich.

Innenminister Karl Nehammer (ÖVP)
APA/Georg Hochmuth
Gerüchteweise könnte Innenminister Karl Nehammer einen Karrieresprung an die ÖVP-Spitze und ins Kanzleramt machen

Spekulationen gab es auch darüber, dass Nehammer das Amt des ÖVP-Chefs übernehmen könnte. „Nehammer wäre einer, der für Stabilität in der Regierung sorgen könnte“, sagte Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) am Donnerstagabend im „NÖ heute“-Interview. „Ich schätze Karl Nehammer sehr.“ Aber das gelte es jetzt in den Parteigremien zu beraten und zu entscheiden – mehr dazu in noe.ORF.at.

Bereits zu Mittag hatte Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) im ORF-Interview gesagt, er wolle Schallenberg zwar nicht vorgreifen, er nehme aber nicht an, dass dieser auch ÖVP-Chef werden wolle. Die Volkspartei verfüge über ein „großes personelles Reservoir“, so Stelzer auf die Frage, ob Nehammer ein etwaiger Kandidat sei: „Jetzt gilt es, rasch und gründlich zu sondieren“ – mehr dazu in ooe.ORF.at. Europa- und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler soll ebenfalls als ÖVP-Chefin im Gespräch sein.

Für den Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner gilt es jetzt, „nach vorne zu schauen. Wichtig ist jetzt, dass wir mitten in der Pandemie weiterhin eine stabile Bundesregierung haben“, sagte Wallner – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at. Es gehe jetzt um die Gesamtsicht, sagte der steirische Landeshauptmann Schützenhöfer (ÖVP). „Wer wird Parteiobmann, wer wird möglicherweise Spitzenkandidat, wer bleibt oder wird Bundeskanzler, das ist alles in Besprechung, und mehr kann ich dazu nicht sagen“ – mehr dazu in steiermark.ORF.at.

Wackelkandidaten in Regierung

Zudem soll es zwei Ministerposten geben, die nun zur Disposition stehen: Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) soll erwägen, seinen Posten zur Verfügung zu stellen. Gegen Blümel ermittelt ebenso wie gegen Kurz die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA).

Auch bezüglich Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) gab es am Donnerstag bereits Rücktrittsgerüchte. Der „Kurier“ hatte online eine Ablöse kolportiert. Dem widersprach jedoch ihre Sprecherin auf APA-Anfrage. Ein Abschied aus der Regierung stehe für Schramböck „nicht zur Debatte“, hieß es.

Reaktionen der Grünen

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) erklärt in einer ersten persönlichen Reaktion, dass er großen Respekt vor der Entscheidung von Sebastian Kurz habe.

Kurz hatte, bevor er 2017 Parteichef wurde, einem langen Defilee von wechselnden Bundesparteiobmännern ein Ende gesetzt. 2017 und 2019 führte Kurz die ÖVP bei Wahlen an die Spitze und sich selbst ins Kanzleramt. Falls es nun Neuwahlen geben würde, würde die ÖVP allerdings stark verlieren. Von einst 37,5 Prozent würde sie laut Umfragen auf um die 20 Prozent abstürzen. Neuwahlen dürften daher nicht auf dem Plan der ÖVP stehen. Ein fliegender Wechsel auf der Regierungsbank wäre allerdings unter Mitwirkung von Bundespräsident Alexander Van der Bellen möglich.

Grüne sorgen für Stabilität

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) unterstrich, dass sein Regierungsteam „mit Sicherheit das gleiche bleiben“ werde. Daran sehe man „wieder einmal, dass wir Grüne für Stabilität, mit anderen zusammen, in diesem Land sorgen“. Grünen-Klubobfrau Sigrid Maurer verwies auf den Koalitionsvertrag mit dem Koalitionspartner. Man habe auch mit Schallenberg gut zusammengearbeitet, nun müsse man aber die Entscheidung von der ÖVP abwarten.