Ermittlungen wegen Grenztoter am Eisernen Vorhang

Wegen der Grenztoten am Eisernen Vorhang vor der demokratischen Wende droht zwei Spitzenvertretern der früheren Tschechoslowakei (CSSR) nun doch eine Anklage. Das tschechische Verfassungsgericht in Brno wies die Staatsanwaltschaft heute an, die Ermittlungen gegen Lubomir Strougal und Vratislav Vajnar wiederaufzunehmen.

Beschwerde von sechs Deutschen

Es gab damit einer Beschwerde von sechs Deutschen statt, die beim Fluchtversuch aus der DDR über die CSSR in den Westen verletzt wurden oder Angehörige von Grenzopfern sind.

Der inzwischen 97 Jahre alte Strougal war von 1970 bis 1988 Regierungschef der Tschechoslowakei. Der sechs Jahre jüngere Vajnar war von 1983 bis 1988 Innenminister. Die Staatsanwaltschaft in Prag hatte die Ermittlungen mit der Begründung eingestellt, die beiden seien nicht verhandlungsfähig.

Die Verfassungsrichter verwarfen indes die Gutachten der Sachverständigen. Wegen ihrer Karriere im Sozialismus gebe es begründete Zweifel an der Unvoreingenommenheit der Mediziner.

Mindestens 282 Tote

Die Grenze der Tschechoslowakei zum Westen wurde vor der demokratischen Wende von 1989 scharf bewacht. Zwischen 1948 und 1989 wurden dort mindestens 282 Menschen bei Fluchtversuchen getötet, wie die Behörde für die Dokumentation und Untersuchung der Verbrechen des Kommunismus (UDV) in Prag ermittelt hat.