Der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) in der ORF-„Pressestunde“
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Koalition

Platter glaubt an Fortbestand

Der dritte ÖVP-Bundeskanzler binnen weniger Wochen, eine breite Umbildung des ÖVP-Regierungsteams im Gefolge der ÖVP-Korruptionsaffäre – und trotzdem betonten der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) und die grüne Klubchefin Sigrid Maurer, dass die Koalition halten werde. Wobei Maurer das etwas einschränkte.

Platter zeigte sich in der ORF-„Pressestunde“ zuversichtlich, dass die ÖVP-Grünen-Koalition auf Bundesebene trotz der Turbulenzen in der ÖVP halten wird. Für eine Neuwahl sah er keinen Anlass. „Ich kenne wenige, die dafür sind.“ Die Menschen wollten keine Wahlen, denn das bedeute Verunsicherung. „Wir stehen den Wählern im Wort“, so Platter. Dass die Landeshauptleute in der ÖVP die Macht übernommen hätten, stellte er in Abrede.

Dass die Landeshauptleute mitreden, sei in einem föderalistischen System „selbstverständlich“. Laut Platter war das auch unter dem unter Druck der Korruptionsermittlungen zurückgetretenen Ex-Kanzler Sebastian Kurz nicht anders. Dieser hatte sich bei Übernahme der ÖVP-Obmannschaft freie Hand in vielen Dingen, etwa bei der Erstellung von Wahllisten ausbedungen. Platter relativierte das nun stark. Die Statuten seien das eine, die Realität das andere. Unter keinem Obmann habe es eine so enge Abstimmung mit den Ländern gegeben wie unter Kurz, so Platter.

Stabilität der Regierung

Platter verwies auf die Aussagen von Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), dass er den designierten Kanzler Karl Nehammer gut kenne. Das sei ein „klares Signal“.

„Einer, auf den wir uns verlassen können“

Platter zeigte zugleich Verständnis für die Entscheidung von Kurz und dankte diesem. „Er hat eine unglaubliche Strahlkraft gehabt.“ Aber Nehammer habe eine Breite und sei ein „beinharter Arbeiter“, der tatsächlich Entscheidungen treffe. Der designierte Bundeskanzler Karl Nehammer stehe für Leistung und Sicherheit, habe aber auch die Sensibilität für andere Bereiche. „Nehammer ist einer, auf den wir uns verlassen können. Er ist verlässlich und hört zu.“

Auch die Nachfolge und die weiteren Personaländerungen in der ÖVP-Regierungsriege seien nun gemeinsam mit dem neuen Obmann Nehammer gefällt worden. Dass der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer am Freitag die Wahl im Bundesparteivorstand vorzeitig den Medien verkündete und damit die Pressekonferenz von Nehammer abschoss, sei ein Missverständnis gewesen, sagte Platter. Schützenhöfer habe nicht gewusst, dass er live auf Sendung gewesen sei. Er habe Nehammers Auftritt nicht sabotieren wollen und niemandem schaden wollen.

Umbildung der Regierung und Einfluss der Länder

Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) betonte in der ORF-„Pressestunde“ seine Unterstützung für den neuen ÖVP-Chef und designierten Bundeskanzler Karl Nehammer. Die Neubesetzungen in der Regierungsbank sind ihm zufolge nicht von den ÖVP-geführten Bundesländern ausgegangen, sondern wurden von Nehammer vorgeschlagen. Die Länder erteilten jedoch ihre Zustimmung.

„Das muss uns erst wer nachmachen“

Vom Abgang von Kurz wurde Platter laut eigenen Angaben überrascht. „Ich habe es vorher nicht gewusst.“ Deswegen sei aber auch rasches Handeln gefragt gewesen. Binnen 24 Stunden habe man die ganzen Entscheidungen getroffen. „Das muss uns erst mal jemand nachmachen“, meinte Platter.

Nicht nur die Opposition hatte zuletzt das Chaos in der ÖVP scharf kritisiert, auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen hatte die Volkspartei öffentlich abgemahnt und gedrängt, das verlorene Vertrauen wieder zurückzugewinnen und sich darauf zu besinnen, dass es „um die Besetzung der höchsten Staatsämter geht und nicht um Parteilogiken“. Es dürfe nicht „nur auf Macht- und Einflusssphären geschaut“ werden, sondern auf die Menschen im Land und auf deren berechtigte Erwartungen.

Maurer: „Gute Gesprächsbasis“

In der ORF-Sendung „Hohes Haus“ betonte die grüne Klubchefin Sigrid Maurer – ähnlich wie zuvor bereits Vizekanzler Werner Kogler – es gebe eine „gute Gesprächbasis“ mit Nehammer und einen aufrechten Koalitionsvertrag. Dazu seien mit der Pandemie und der Erderwärmung zwei große Krisen zu bewältigen.

Sie fügte dann freilich einschränkend hinzu, dass sie immer gesagt habe, die Koalition werde bis 2024 halten, jetzt sei da „eine neue Situation eingetreten“, ohne das näher zu erläutern. Auch Kogler hatte am Wochenende Verständnis für Rufe nach Neuwahlen geäußert, auch wenn er sie angesichts der Pandemie ablehnte.

Maurer sieht Grüne als Stabilitätsfaktor

Nun sei nach der Neuaufstellung der ÖVP keine Zeit zu verlieren. Gefragt, wie irritiert sie von den Turbulenzen beim Koalitionspartner sei, meinte Maurer, die gesamten letzten zwei Jahre seien sehr reich an Irritationen gewesen. Sie verwies darauf, dass die Grünen von der außerparlamentarischen Opposition den Wiedereinzug in den Nationalrat schafften, dann gleich in die Regierung kamen und sofort von der Pandemie überrascht wurden.

Dazu seien die Korruptionsaffären rund um die ÖVP gekommen. Für Maurer sind die Grünen der Stabilitätsfaktor in der Koalition. Sie sei auch zuversichtlich, dass die Republik als Ganzes wieder zusammenfinden könne.

Dass der Konflikt über den Lobautunnel die Koalition sprengen könnte, befürchtet Maurer offenbar nicht. Wenn das Land Niederösterreich glaube, rechtlich gegen das Nein zum Projekt vorgehen zu müssen, so sei das das gute Recht von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP). „Klüger“, so Maurer, wäre es aber, sich gemeinsam mit der Erreichung der Klimaziele und guten Verkehrslösungen zu beschäftigen.