Mediziner auf einer Covid-Intensivstation
APA/Helmut Fohringer
Trotz sinkender CoV-Zahlen

Noch keine Entspannung in Spitälern

Die Neuinfektionen mit dem Coronavirus gehen im vierten Lockdown zurück – in den Spitälern schlägt sich das aber noch nicht nieder. Die Lage auf den Intensivstationen ist weiterhin sehr angespannt. Mit einem Rückgang der Patientinnen und Patienten in Intensivpflege rechnen Fachleute erst in den nächsten ein, zwei Wochen.

Walter Hasibeder, Präsident der Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin (ÖGARI), rechnet mit einem Rückgang der Intensivpatientinnen und -patienten in einer Woche, wie er am Montag im Ö1-Morgenjournal sagte. Eine echte Entspannung werde es erst geben, wenn nur noch zehn Prozent der Intensivplätze mit Covid-19-Kranken belegt sind, derzeit seien es 30 Prozent.

„Auf den Intensivstationen kommen noch immer Patienten vor allem aus den Covid-Normalstationen, die sich dort verschlechtern. Aber wir rechnen damit, dass wir so in einer Woche wahrscheinlich schon einen Effekt (der durch den Lockdown sinkenden Fallzahlen, Anm.) merken“, so Hasibeder. Rund 85 Prozent der Covid-19-Intensivpatienten sind laut Hasibeder nicht geimpft. 15 Prozent seien geimpft, hätten aber Vorerkrankungen oder hätten AstraZeneca oder den Impfstoff von Janssen (Johnson & Johnson) bekommen.

„Schneller durch Intensivstation durchbringen“

Sehr angespannt sei die Lage weiterhin besonders in Salzburg und Oberösterreich. „Von einem Krankenhaus in Oberösterreich weiß ich, dass sie Triageteams gebildet haben, die einmal eine Reihung machen für Patienten, die onkologischen Operationen zugeführt werden, und ein zweites Triageteam, das in der Notaufnahme sitzt und, wenn ein Intensivplatz frei wird, entscheidet, wer den bekommt“, so Hasibeder – mehr dazu in ooe.ORF.at.

Unfall- und Schlaganfallpatienten könnten noch behandelt werden, schilderte der Experte. „Aber die Nachsorge ist natürlich suboptimal. Wir müssen die Leute teilweise schneller durch die Intensivstation durchbringen, das heißt, manche Patienten haben ein Risiko, dass sie noch eine Komplikation bekommen. Die Qualität ist nicht mehr so wie früher.“

Keine Entspannung in steirischen Spitälern

Kritisch ist die Bettenbelegung auch in den steirischen Intensivstationen. Laut dem Sprecher der Steiermärkischen Krankenanstaltengesellschaft (KAGes) ist keine Entspannung in Sicht. Besonders in der Süd- und Oststeiermark sei die Lage sehr ernst: Weder in Hartberg noch in Fürstenfeld noch in Feldbach noch in Wagna seien Intensivbetten frei, sagte er am Montag gegenüber der APA. Sowohl in den Regionen als auch in Graz seien besonders die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gefordert: „Das Personal ist am Anschlag“, sagte Sprecher Reinhard Marczik.

In Niederösterreich ist der Höhepunkt bei der Anzahl der CoV-Intensivpatienten laut Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP) „wahrscheinlich erreicht“. Trotzdem herrsche noch eine „sehr angespannte Situation“, sagte er am Montag vor Journalisten in St. Pölten. Pernkopf sprach von einer „kritischen Situation für das gesamte Gesundheitssystem“: „Das Personal ist am Limit“ – mehr dazu in noe.ORF.at.

Klinikdirektor bittet Skifahrer um Zurückhaltung

In Tirol bat der Klinikdirektor für Orthopädie und Traumatologie an der Meduni Innsbruck, Rohit Arora, Wintersportlerinnen und Wintersportler um Zurückhaltung, um die Kliniken während der Krise zu entlasten. „Skifahren ja, aber kontrolliert und mit weniger Risikofreude“, gab er als Devise aus. „Sobald die Skilifte aufmachen, merken wir das an der Klinik“, berichtete er am Montag in einer Aussendung.

Die Zahl der CoV-Erkrankten in den Tiroler Krankenhäusern stieg zuletzt erneut – mehr dazu in tirol.ORF.at. Auch in Vorarlberg nahm die Zahl der Hospitalisierten zu – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at.

Intensivmediziner Valipour: „Situation sehr angespannt“

„Ich würde sagen, die Situation ist nach wie vor sehr angespannt. Sie hat sich nicht wesentlich verändert in den letzten Wochen“, sagte der Wiener Intensivmediziner Arschang Valipour (Klinik Floridsdorf) im ZIB2-Interview am Sonntag. Aktuell werde „ein bisschen ein Plateau“ wahrgenommen, so der Intensivmediziner. Erwartet werde allerdings, dass erst „in den nächsten ein bis knapp zwei Wochen der Peak, also das Maximum erreicht wird“, so Valipour weiter.

Mediziner über CoV-Verlauf bei Ungeimpften

Die Lage in den Spitälern und vor allem auf den Intensivstationen ist nach wie vor angespannt, berichtet Intensivmediziner Arschang Valipour. Er erklärt im Interview außerdem, wie der CoV-Krankheitsverlauf bei ungeimpften Personen im Vergleich zu Geimpften aussieht.

In Wien gebe es derzeit „grundsätzlich eine bessere Ausgangslage im Vergleich zu vielleicht anderen Bundesländern“, so Valipour. „Aber natürlich ist es so, dass alleine die Versorgung von Covid-Patientinnen und -Patienten im Intensivbereich“ noch Wochen anhalten werde und man dann versuchen werde, „Zug um Zug all die Dinge, die man verschieben musste, auch wieder entsprechend einer Versorgung zukommen zu lassen.“

Valipour zu Omikron: „Wissen noch nicht genug“

Valipour unterstrich zudem die Effektivität der Impfung in puncto schwere Verläufe: "Was wir durchaus sehen, ist, dass diejenigen, die geimpft sind und vielleicht einen Impfdurchbruch haben, tendenziell auch leichtere Verläufe haben, viel seltener auf die Intensivstation kommen und auch im Normbettenbereich früher entlassen werden und auch gut behandelt werden können“, so der Intensivmediziner.

In Sachen Öffnungen meinte er, dass, „die Erfahrung aus den letzten Wellen“ gezeigt habe, dass „ein Sichherantasten sicherlich vernünftiger ist“ als eine zu rasche Öffnung. „Und es gibt aus meiner Sicht noch eine Unbekannte, das ist, wie sich die Omikron-Mutation verhalten wird. Da wissen wir noch nicht genug.“

Keine sofortige komplette Öffnung dürfte der CoV-Gipfel am Mittwochvormittag bringen. Erst könnte der Handel, bald darauf dann Gastronomie und Tourismus öffnen – und das alles mit Sicherheitsauflagen –, zeichnete sich in einem APA-Rundruf in den Ländern am Montag ab. Oberösterreich wird jedenfalls nicht vor dem 17. aus dem Lockdown kommen. Die Zahlen würden es nicht hergeben, dass man früher aufsperrt, so Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) am Montag.

Ärztekammer weist Belakowitsch-Aussagen zurück

Für Empörung sorgte am Montag weiterhin eine Behauptung der FPÖ-Abgeordneten Dagmar Belakowitsch: Die Ärztekammer wies Belakowitschs Aussage, wonach die Spitäler nicht mit Coronavirus-Kranken, sondern mit Impfgeschädigten gefüllt seien, auf das Schärfste zurück.

Diese Behauptung widerspreche allen wissenschaftlichen Evidenzen. Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres empfahl auf APA-Anfrage, dass man sich Informationen über die Lage in den Spitälern bei den Ärzten und Pflegern holt und nicht „Fake News“ aus dem Netz aufsitzt. Belakowitsch hatte bei einer Anti-CoV-Maßnahmen-Demo am Samstag in Wien – wie auf Social-Media-Videos zu sehen ist – behauptet, es seien „nicht die bösen Ungeimpften“, die die Spitäler füllen. „Oh nein, das sind ganz, ganz viele Geimpfte, die aufgrund eines Impfschadens behandelt werden müssen.“

In der Diskussionssendung „Im Zentrum“ reagierten alle anderen Parteien empört. Salzburgs FPÖ-Chefin Marlene Svazek wollte dazu nichts sagen, derartiges würde man in der FPÖ nicht in einer ORF-Sendung, sondern parteiintern debattieren.

Über 61.500 Hospitalisierungen mit Covid-19

Die Daten widerlegen Belakowitschs Behauptung jedenfalls eindeutig: Seit dem Start der CoV-Impfungen sind in Österreich 1.360 Personen in zeitlicher Nähe zu ihrer Impfung im Krankenhaus behandelt worden, oder ein Spitalsaufenthalt hat sich verlängert. Das geht aus dem jüngsten Bericht des Bundesamts für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) zu vermuteten Nebenwirkungen der CoV-Impfstoffe hervor. Dem stehen laut Gesundheit Österreich GmbH (GÖG) über 61.500 Hospitalisierungen von CoV-Kranken von Pandemiebeginn bis Ende September gegenüber – mehr dazu in science.ORF.at.