Haftstrafe für Suu Kyi „politisch motiviert“

Die Europäische Union hat die Haftstrafe für Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi in Myanmar als „politisch motiviert“ verurteilt. Die vierjährige Freiheitsstrafe gegen die 76-Jährige sei eine „eklatante Verletzung der Menschenrechte“, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell heute in Brüssel.

Borrell sagte, das Urteil gegen Suu Kyi sei ein weiterer Schritt zum Abbau des Rechtsstaats in Myanmar nach dem Militärputsch im Februar. Er rief das Land auf, auf den Pfad der Demokratie zurückzukehren. Im Februar hatte die Junta Suu Kyi als De-facto-Regierungschefin abgesetzt und zugleich Präsident Win Myint entmachtet. Er wurde nun ebenfalls zu vier Jahren Haft verurteilt.

Nach Angaben der Militärregierung des südostasiatischen Landes wurde Suu Kyi wegen Anstiftung zum Aufruhr und Verstößen gegen Coronavirus-Auflagen schuldig gesprochen.

Scharfe Kritik auch von UNO

Auch die UNO-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet kritisierte das Urteil scharf. Suu Kyis Verurteilung „nach einem Scheinprozess in einem Geheimverfahren vor einem vom Militär kontrollierten Gericht ist rein politisch motiviert“, sagte Bachelet. Nicht nur werde damit die Freiheit Suu Kyis „willkürlich“ eingeschränkt, sondern auch eine weitere Tür zum „politischen Dialog“ zugeschlagen.

Weitere Prozesse stehen an

Suu Kyi drohen in ihrem Heimatland noch weitere Prozesse, die sie für Jahrzehnte ins Gefängnis bringen könnten. Der Friedensnobelpreisträgerin von 1991 werden unter anderem auch Korruption, Geheimnisverrat und Wahlbetrug vorgeworfen. Insgesamt droht ihr eine jahrzehntelange Haft.

Durch den Militärputsch war eine kurze Phase der Demokratisierung Myanmars beendet worden. Das Militär hatte die Machtübernahme mit angeblichem Betrug bei der Parlamentswahl im November 2020 begründet. Seitdem gab es landesweit Proteste gegen die Junta, bei deren Niederschlagung mehr als 1.300 Menschen getötet und mehr als 10.000 festgenommen wurden.