Bundeskanzler Karl Nehammer
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Nach Angelobung

„Es gibt viel zu tun“

Der neu angelobte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat in seinem ersten Statement als Kanzler auf die schwierige Situation in der Pandemie und die Entscheidungen in den kommenden Tagen hingewiesen. „Es gibt viel zu tun“, so Nehammer, der auf die Sitzung mit Experten und Bundesländern und die Entscheidung über ein Lockdown-Ende verwies. Seinem Vorgänger Alexander Schallenberg (ÖVP), der wieder ins Außenministerium wechselte streute Nehammer Rosen.

Nach der Ernennung der neuen ÖVP-Regierungsriege in der Hofburg durch Bundespräsident Alexander Van der Bellen ging Nehammer direkt ins Kanzleramt, wo er das Haus von Schallenberg übernahm. Nehammer bedankte sich bei Schallenberg und nannte ihn ein Vorbild. Schallenberg habe in einer schwierigen Zeit das Amt des Bundeskanzlers übernommen. Schallenberg sei sofort bereit gewesen, den Menschen und der Republik dadurch zu helfen. Nehammer dankte auch Van der Bellen und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) – Van der Bellen für die rasch möglich gewordene Angelobung und Kogler für den Vertrauensvorschuss in der Regierung.

Das Amt wolle er mit „großer Ernsthaftigkeit und Respekt“ angehen. Es gebe sehr viel zu tun. Das Virus belaste die Menschen, und die Grenze der Zumutbarkeit sei bei vielen Menschen überschritten, so Nehammer. Es brauche Dialogbereitschaft und Respekt. Es sei dringend geboten, auf die Mensch zuzugehen, ihre Sorgen ernst zunehmen und nach Lösungen zu suchen. „Die Spaltung schadet uns allen.“ Er wolle die Spaltung zurückdrängen, so Nehammer.

Karl Nehammer und Alexander Schallenberg
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Karl Nehammer und Alexander Schallenberg bei der Übergabe im Bundeskanzleramt

Coronavirus „Feind der Freiheit“

Gleichzeit müsse auch alles getan werden, um den eigentlichen Feind der Freiheit zu bekämpfen und so weit in die Schranken zu weisen, „dass es uns die Freiheit nicht mehr nehmen kann – das Coronavirus“, so Nehammer. Er werde sich mit Experten und den Vertretern der Opposition treffen, um die Entscheidung für Mittwoch – es geht um das Ende des Lockdowns für Geimpfte und Genesene – gut vorzubereiten.

Bundeskanzler Nehammer über sein Amt

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) sieht derzeit die Bekämpfung der Pandemie als seine vorrangiste Aufgabe.

Er werde jetzt keine Serieninterviews geben, so Nehammer in Richtung Medien, er wies dabei auf sein umfangreiches Arbeitspensum in Sachen Pandemie hin. Begleitet wurde die Regierungsumbildung von einer ziemlich lauten Demonstration von CoV-Maßnahmengegnern auf dem Ballhausplatz, die auch in den Innenräumen deutlich zu hören war.

Schallenberg: Ehre, diesem Land dienen zu dürfen

Schallenberg betonte in einem kurzen Statement, dass er das Kanzleramt nicht angestrebt, aber sich zur Verfügung gestellt habe, als es notwendig gewesen sei. Die Menschen hätten das Recht, dass die Regierung funktioniere, egal welche Turbulenzen es gerade gebe. Er habe das Amt nach bestem Wissen und Gewissen erfüllt. Er habe das im Sinne der Demokratie gemacht, um das Schiff in einer turbulenten Zeit in ruhige Fahrwasser zu bringen.

Mahnende Worte des Bundespräsidenten

Bundespräsident Van der Bellen hat am Montag Karl Nehammer als neuen Bundeskanzler, die neuen Minister und die neue Staatssekretärin angelobt. Die Angelobung wurde vom Bundespräsidenten mit mahnenden Worten eingeleitet: Es brauche eine gemeinsame Kommunikation nach außen, um das Vertrauen der Bevölkerung wieder zu gewinnen. Unverzüglich und gemeinsam müsse die Regierung nun die Bekämpfung der Pandemie angehen.

Nun sei er froh, dass Nehammer dieses gut funktionierende Haus übernehme. Er sei der richtige Mann dafür. „Du hast ein Gespür dafür, was ein Team ist“, so Schallenberg. „Ich weiß, die Zeiten sind angespannt. Aber wird sollten uns bewusst sein, in was für einem wunderschönen Land wir leben. (…) Es war mir eine Ehre, diesem Land dienen zu dürfen.“ Er bedankte sich auch bei den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen im Kanzleramt und auch bei Kogler für die gute Zusammenarbeit. Die Regierung habe in der Zeit schwierige Entscheidungen treffen müssen. Als Beispiele nannte Schallenberg etwa den Lockdown und die Impfpflicht.

Übergabe im Innenministerium

Danach folgte die Staffelübergabe im Innenministerium. Begleitet von den Klängen der Polizeimusik Wien übergab Nehammer seinem Nachfolger Gerhard Karner symbolisch die Fahne des Ressorts. Dieser nahm sie dankend an und betonte den „großen Respekt“ vor dem Amt. Nehammer ließ in seiner Rede erneut die Herausforderungen der vergangen 23 Monate passieren – von CoV-Pandemie über Migrationskrise bis hin zum Terroranschlag. Er dankte sowohl seinem Team, den „Prätorianern an der Seite des Ministers“, als auch allen Polizisten und Polizistinnen, die Großartiges geleistet hätten. Zugleich versicherte er „diesem Haus“, dass er es auch als Bundeskanzler wohlwollend im Auge behalten werde.

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Grafik zur türkis-grünen Regierung
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/BKA/Tatic/Uni Graz
Grafik zur türkis-grünen Regierung
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Karner dankte seinem Vorgänger für dessen Arbeit. Er übernehme ein Innenministerium, „das in mehrfacher Hinsicht exzellent aufgestellt ist“, so Karner. Neben den anwesenden Führungskräften des Ministeriums dankte der neue Minister auch dem Generalsekretär, Helmut Tomac, explizit. Mit diesem wolle er auch weiterhin zusammenarbeiten. Daher werde er ihm noch heute sein Ernennungsdekret überreichen. Karner formulierte mit der Pandemie, der Migration und Cyberkriminalität drei große Herausforderungen, die es zu bewältigen gelte.

Brunner sieht drei Herausforderungen

Im Finanzministerium übergab Gernot Blümel – der sich ebenso wie Ex-ÖVP-Chef und Ex-Kanzler Sebastian Kurz komplett aus der Politik zurückzieht – das Amt an den bisherigen Staatssekretär im Umweltministerium, Magnus Brunner. Zum Zeichen dafür, dass Brunner jetzt neuer Hausherr ist, überreichte er ihm den historischen Schlüssel für die Himmelpfortgasse.

Der Vorarlberger sieht sich laut einer Aussendung vor drei Herausforderungen: „Wir müssen Land und Standort gut durch die Krise bringen. Wir werden die Entlastung der Menschen weiter vorantreiben. Und wir wollen nach der Krise wieder einen nachhaltigen Budgetpfad einschlagen.“ Bei Blümel bedankte er sich, dass er das Finanzministerium gut durch die Pandemie geführt habe – und Blümel attestierte ihm, als versierter Politiker mit entsprechender Erfahrung in der Privatwirtschaft „die richtige Persönlichkeit“ für das Amt zu sein.

Angelobung im Zug der Regierungsumbildung
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Polaschek bei seiner Angelobung mit Van der Bellen

„Ninja-Pappkamerad“ für Polaschek

Die Bekämpfung der CoV-Pandemie wird auch für den neuen Bildungsminister Martin Polaschek die „oberste Priorität“ bleiben. Das betonte der frisch angelobte Ressortchef nach der Übergabe der Amtsgeschäfte durch den bisherigen Minister Heinz Faßmann am Montag. Mit dazu erhielt Polaschek von seinem Vorgänger einen kleinen „Covid-Ninja“-Pappkameraden – eine Anspielung auf den im Februar eingeführten „Ninja-Pass“, mit dem Schüler ihre Coronavirus-Tests dokumentieren.

„Die Aufgaben im Bildungsministerium sind vielfältig und spannend“, so Faßmann in einer Aussendung. Neben der Pandemiebekämpfung stünden eine Reihe von pädagogischen Projekten wie die Neugestaltung der Lehrpläne und die Digitalisierung an den Schulen in den Startlöchern. „Mit großem Respekt“ will Polaschek an seine neue Aufgabe herangehen. Neben der Pandemiebekämpfung müsse man jetzt „die Weichen für die Zukunft stellen, um die beste Bildung zu ermöglichen und als Wissenschafts- und Forschungsstandort noch attraktiver zu werden“. Man werde das Regierungsprogramm weiter umsetzen und gemeinsam mit allen Seiten „an nachhaltigen Lösungen arbeiten, um unsere Schulen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen für die Zukunft bestmöglich aufzustellen“.

Angelobung im Zug der Regierungsumbildung
ORF
Van der Bellen und das neu angelobte ÖVP-Team – in deren Mitte als Dritter von rechts Vizekanzler Werner Kogler (Grüne).

Angelobung in der Hofburg

Die neuen Mitglieder des ÖVP-Regierungsteams, allen voran Nehammer, wurden Montagmittag von Van der Bellen in der Hofburg angelobt. Den scheidenden ÖVP-Regierungsmitgliedern Blümel, Faßmann und Michael Linhart dankte Van der Bellen. Van der Bellen gab den Regierungsmitgliedern einen Auftrag für die Coronavirus-Krise mit auf den Weg: Die Regierung müsse „der Bevölkerung reinen Wein einschenken“, faktenbasierte Entscheidungen treffen und darüber in nachvollziehbarer, gemeinsamer Kommunikation informieren.

Angelobung der Minister und Staatssekretärin

Die Angelobung der neuen ÖVP-Regierungsmitglieder durch Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen fand in der Hofburg statt – Umtrunk gab es wegen der CoV-Pandemie keinen.

Van der Bellen und der 64. Amtseid

„Unverzüglich und gemeinsam“ müsse die Regierung die „große Aufgabe“ der entschlossenen Bekämpfung der Pandemie samt ihren sozialen, wirtschaftlichen und menschlichen Folgen angehen, mahnte Van der Bellen in einer kurzen Ansprache. In dieser Pandemie wisse man nicht, wie es weitergeht, verwies er auf die neue Omikron-Variante. Deshalb dürfe man „keine falschen Erwartungen wecken und nichts versprechen, was sich später als nicht einhaltbar herausstellt“. In Angelobungen hat der Bundespräsident viel Übung: Seit seinem Amtsantritt im Jänner 2017 nahm er bis Montag bereits 58-mal den Amtseid ab, am Montag folgten Nummer 59 bis 64.

Rede des Bundespräsidenten zur Angelobung

Bundespräsident Alexander Van der Bellen leitet die Angelobung mit mahnenden Worten ein. Es brauche eine gemeinsame Kommunikation nach außen, um das Vertrauen der Bevölkerung wiederzugewinnen.

Sesselrücken in den Kabinetten

Traditionell kommt es bei Wechseln in der Regierungsriege auch nachgeordnet – etwa in den Kabinetten und bei den Sprechern – zu einem Sesselrücken. Nehammer hatte bereits gesagt, dass der Kurz-Vertraute Bernhard Bonelli, der unter Schallenberg Kabinettschef im Kanzleramt geblieben war, ausgetauscht wird.

Angelobung im Zug der Regierungsumbildung
ORF
Der neue Bildungsminister Martin Polaschek mit Bundespräsident Van der Bellen

Bonellis Vize Markus Gstöttner wird Kabinettschef von Nehammer. Neue Vize soll Vera Regensburger, derzeit Leiterin der ÖVP-Akademie, werden. Kristina Rausch, langjährige Social-Media-Verantwortliche des Vorgängers von Schallenberg als Kanzler, Kurz (ÖVP), wechselt von der Parteizentrale ins Kanzleramt und wird dort für die strategische Kommunikation zuständig sein, hieß es am Montag zur APA.

Änderungen auch bei Pressesprechern

Auch bei den Pressesprechern im ÖVP-Regierungsteam gibt es Änderungen, wie die Partei am Montag in einer Aussendung mitteilte: Daniel Kosak wechselt von Tourismusministerin Elisabeth Köstinger ins Kanzleramt, zweiter Kanzlersprecher ist Viktor Niedermayr, bisher bei Verfassungsministerin Karoline Edtstadler. Für internationale Anliegen bleibt Etienne Berchtold als Pressesprecher im Kanzleramt.

Angelobung im Zug der Regierungsumbildung
APA/Roland Schlager
Van der Bellen, Karner, Kogler, Ex-Kanzler Schallenberg und Kanzler Nehammer

Rupert Reif, vormals Pressesprecher von Kurz, ist künftig für die Pressearbeit des neuen Finanzministers Brunner zuständig, gemeinsam mit dessen bisherigem Sprecher Michael Ulrich. Vincenz Kriegs-Au wechselt vom Finanzministerium als zweiter Sprecher neben Michael Strasser zu Tourismusministerin Köstinger.

Präsentation im Nationalrat am Donnerstag

Die Pressesprecher des neuen Innenministers Karner sind Christoph Reiser und Markus Haindl, die auch unter Nehammer schon im Innenministerium werkten. Die Pressearbeit des neuen Bildungsministers Polaschek betreuen Andreas Jilly und Debora Knob. Claudia Türtscher übersiedelt mit ihrem Chef Schallenberg wieder vom Kanzleramt zurück ins Außenministerium. Michaela Spettel wechselt vom Außenministerium zur neuen Jugendstaatssekretärin Plakolm.

Die Regierung wird sich dem Nationalrat bereits am Donnerstag präsentieren. Eine entsprechende Sondersitzung, in der sich Nehammer den Abgeordneten präsentieren wird, wurde für diesen Tag um 14.00 Uhr angesetzt. In der gleichen Sitzung wird auch das Oppositionsbegehr zur Einsetzung eines U-Ausschusses betreffend Klärung von Korruptionsvorwürfen gegen ÖVP-Regierungsmitglieder behandelt.