Kind wird von Medizinpersonal geimpft, China
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Null-Covid in China

Kinder im Zentrum der CoV-Bekämpfung

Die strikte Null-Covid-Stratgie ist auch in China nicht unumstritten. Das Regime in Peking sieht dabei die Durchimpfung von Kindern ab drei Jahren als entscheidend an, eine großangelegte Kampagne soll zu 160 Mio. Impfungen führen – auch gegen den Widerstand mancher Eltern. So soll das Land für das Virus zur „uneinnehmbaren Festung“ werden.

Nach bereits rund 1,1 Mrd. geimpften Erwachsenen stehen nun die Kinder im Fokus. Bis zum Ende des Jahres sollen die jüngsten Chinesinnen und Chinesen ab drei Jahren durchgeimpft sein, so das ambitionierte Ziel der chinesischen Regierung. Dazu wurde schon Ende Oktober eine große Kampagne ausgerollt, begleitet von Luftballons, Spielzeug und anderen Belohnungen für jene Kinder, die zur Impfung – freilich mit chinesischen Vakzinen – kommen.

Bisher verabreicht nur eine Handvoll Länder, darunter China, Chile, Kuba und die Vereinigten Arabischen Emirate, CoV-Impfstoffe an jüngere Kinder. Die „New York Times“ („NYT“) berichtete am Montag unter Berufung auf Regierungsdaten, dass seit Beginn der Kampagne bereits 84 Mio. Kinder zwischen drei und elf Jahren einmal geimpft worden seien. Krankenschwestern würden die Kinder als „kleine geimpfte Krieger“ bezeichnen, so die Zeitung.

Im Krieg gegen das Virus

Das Regime in Peking sieht die Pandemie als Krieg gegen das Virus an. Entsprechend martialisch auch die Begriffe, die die Bevölkerung von der harten Null-Covid-Strategie überzeugen sollen. Durch Omikron habe man es mit einer neuen „Angriffswelle“ zu tun. China aber sei eine „uneinnehmbare Festung“ für das Virus, so die parteinahe Staatszeitung „Global Times“. Der Null-Covid-Ansatz des Landes sei zwar im Westen auf viel Kritik gestoßen. Nun aber stelle er sich als der richtige Weg heraus.

Mit Blick auf die vierte Welle, die derzeit in Europa grassiert, sieht sich Peking bekräftigt in seiner Haltung. Man sehe die „Vorteile eines sozialistischen Systems“. Tatsächlich zählt man in dem 1,4 Milliarden Einwohner zählenden Land nur einige Dutzend Infektionen täglich. Im Rahmen des Null-Covid-Ansatzes sollen Infektionen möglichst komplett unterbunden werden. Bei lokalen Ausbrüchen wird schnell und drastisch reagiert.

Drakonische Maßnahmen

Dazu gehören in China strenge Ausgangssperren, Massentests, Kontaktverfolgung, Quarantäne und rigorose Einreisebeschränkungen. Menschen, die über Infektionen lügen, Symptome verbergen oder der Quarantäne entgehen wollen, werden mit Gefängnisstrafen bedroht.

Impfzentrum für Kinder in China
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Im Impfzentrum für Kinder: In China stehen nun die Jüngsten im Fokus der Pandemiebekämpfung

Von den drakonischen Maßnahmen berichtete kürzlich die Nachrichtenagentur AFP. In den vergangen Wochen seien wiederholt ganze Städte unter Quarantäne gestellt worden, Millionen Chinesen dürften ihre Wohnung nicht verlassen. Die Stadt Heihe an der russischen Grenze habe eine Belohnung von 100.000 Yuan (13.500 Euro) für Informationen ausgelobt, die den Ursprung des jüngsten Ausbruchs aufklären. In Zentralchina prügelten Mitarbeiter des Gesundheitsdienstes einen Hund tot, als seine Besitzerin unter Quarantäne gestellt worden waren. Im Quarantänehotel waren keine Tiere erlaubt. Vorfälle wie diese lösen auch wiederholt große Empörung im Netz aus.

Eltern unter Druck

Auch viele Eltern sind unsicher oder widerwillig, ihre kleineren Kinder impfen zu lassen. Einerseits wird inzwischen an der Wirksamkeit der chinesischen Vakzine gezweifelt. In China kommen nur die Impfstoffe von Sinopharm und Sinovac zum Einsatz, Vakzine, die mit vollständig inaktivierten Viren funktionieren (anders als etwa der mRNA-Impfstoff von Biontech und Pfizer). Diese könnten nicht derart wirksam sein wie die mRNA-Impfstoffe, heißt es von Fachleuten. Das habe die Delta-Welle gezeigt, so etwa der Epidemiologe Ben Cowling von der Universität Hongkong zur „Financial Times“. Andererseits gibt es wegen der intransparenten Regierungsangaben oft Zweifel an der gesamten Pandemiepolitik. Auch das trägt zur Unsicherheit der Eltern bei.

Impfzentrum für Kinder in China
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Rund 1,6 Millionen Impfdosen will das Land noch bis Jahresende an Kinder verabreichen

Hinzu kommt ein nicht ganz latenter Druck der Behörden auf Eltern. So seien Kinder aus den Kindergärten wieder nach Hause geschickt worden, weil sie nicht geimpft waren – obwohl es keine Verpflichtung dazu gibt, so die „NYT“. Die Behörden hätten Pflegepersonal, Ärzteschaft und kommunales Gesundheitspersonal dazu angewiesen, alle Eltern davon zu überzeugen, dass ihr Kind zum Wohl des Landes geimpft werden solle. Es seien auch persönliche Appelle an Eltern verschickt worden, sich „zu beeilen“ und ihre Kinder impfen zu lassen. Wer sich widersetze, müsse sich rechtfertigen.

Abkehr unwahrscheinlich

Offiziell wird die Null-Covid-Politik der Volksrepublik zwar ohnehin nicht infrage gestellt. Peking sei aber „einem wachsenden innenpolitischen Druck ausgesetzt, einen flexibleren Ansatz zu verfolgen“, so Yanzhong Huang von der US-Denkfabrik Council on Foreign Relations zur AFP. Dass die Regierung drei Monate vor den Olympischen Spielen und vor dem Parteitag der Kommunistischen Partei Ende 2022 bei der Pandemiebekämpfung umsteuert, scheint unwahrscheinlich.