Die Olympische Flamme vor den Olympischen Ringen umgeben von IOC- und chinesischen Flaggen
AP/Yomiuri Shimbun/Koki Kataoka
Peking 2022

Diplomatischer Boykott wird größer

Australien, Großbritannien und Kanada werden wie die USA keine diplomatischen Vertreter zu den Olympischen Spielen nach China schicken. Die USA hatten bereits am Montag aus Protest gegen Menschenrechtsverletzungen in China einen diplomatischen Boykott der Spiele in Peking angekündigt.

Es handle sich „effektiv um einen diplomatischen Boykott“, sagte der britische Premierminister Boris Johnson am Mittwoch im Parlament in London. Er unterstütze „keinen sportlichen Boykott. Aber es gibt keine Pläne, dass Kabinettsmitglieder die Olympischen Winterspiele besuchen“, so Johnson.

Ähnlich hatte sich zuvor der australische Premier Scott Morrison in Sydney geäußert. Für ihn sei diese Entscheidung „keine Überraschung“, fügte er hinzu. Als Grund führte er eine Reihe von „Missverständnissen“ zwischen Canberra und Peking an, darunter Chinas Kritik an Australiens Entscheidung zur Anschaffung von nukleargetriebenen U-Booten. Seine Regierung habe wiederum „Menschenrechtsverstöße in Xinjiang und andere Themen“ angeprangert, doch habe die chinesische Regierung keine Gesprächsbereitschaft gezeigt.

Das beleuchtete Nationalstadion in der chinesischen Hauptstadt Peking
Reuters/Thomas Peter
Die Olympischen Winterspiele werden am 4. Februar im Nationalstadion von Peking eröffnet

Angespannte Beziehung mit größtem Handelspartner

Auch die Maßnahmen der Regierung in Peking, die Einfuhren australischer Waren zu erschweren oder zu blockieren, seien ein Grund. „Australische Regierungsvertreter werden daher nicht nach China zu diesen Spielen reisen. Die australischen Athleten werden es aber tun.“

Der formelle Boykott Australiens birgt die Gefahr, dass sich die Beziehungen zu China, seinem größten Handelspartner, weiter verschlechtern. Die Spannungen hatten sich verschärft, als die Regierung in Canberra dem chinesischen Telekommunikationskonzern Huawei den Zugang zu seinem 5G-Breitbandnetz verwehrt und eine unabhängige Untersuchung der Herkunft von Covid-19 gefordert hatte. Die Volksrepublik reagierte mit Einfuhrzöllen auf australische Waren, darunter Kohle, Rindfleisch, Gerste und Wein.

„Kanada zutiefst verstört“

Auch Kanada schloss sich der Vorgehensweise der Briten und Australier an. „Kanada bleibt zutiefst verstört angesichts der Berichte über die Verletzung von Menschenrechten in China“, schrieb Premierminister Justin Trudeau am Mittwoch auf Twitter.

„Deswegen werden wir keine diplomatischen Vertreter zu den Olympischen und Paralympischen Winterspielen nach Peking schicken. Wir unterstützen weiterhin unsere Athleten, die hart dafür arbeiten, an Wettkämpfen auf der Weltbühne teilzunehmen.“

Die Beziehungen zwischen Kanada und China wurden zuletzt zusätzlich durch die Festnahme zweier Kanadier belastet. Der Schritt war als Vergeltungsmaßnahme für die Inhaftierung der chinesischen Huawei-Managerin Meng Wanzhou in Kanada gewertet worden. Inzwischen sind alle drei wieder auf freiem Fuß.

Vorstoß aus USA

Als erstes Land kündigten am Montag die Vereinigten Staaten einen diplomatischen Boykott der Spiele in Peking an. Die Sprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki, sagte, die Regierung von Präsident Joe Biden werde keine diplomatischen oder offiziellen Vertreter nach Peking schicken.

Das Weiße Haus hatte seine Entscheidung unter anderem mit Menschenrechtsverletzungen in der Provinz Xinjiang begründet. China begehe einen „Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ an den muslimischen Uiguren in Xinjiang und auch andere Menschenrechtsverletzungen.

Die Olympischen Winterspiele finden von 4. bis 20. Februar 2022 statt. Dem autoritär regierten China werden von vielen Seiten Menschenrechtsverletzungen, vor allem gegen Minderheiten wie die Uiguren, vorgeworfen. Auch Psaki sprach am Montag unter anderem von „Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ an den Uiguren in Xinjiang.

„USA werden Preis bezahlen“

China kündigte unmittelbar darauf an, die USA würden für ihre Entscheidung „den Preis für ihr Fehlverhalten zahlen“, und warnte vor „entschlossenen Gegenmaßnahmen“. Der Versuch der USA, die Spiele „aus ideologischen Vorurteilen heraus zu behindern, die auf Lügen und Gerüchten beruhen, wird nur ihre finsteren Absichten aufdecken“, sagte ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums am Dienstag.

Scharfe Kritik folgte am Mittwoch auch auf die Vorgangsweise von Australien. Dessen Regierung folge „bestimmten Ländern blind, sodass es richtig nicht von falsch unterscheiden kann“, sagte Außenamtssprecher Wang Wenbin in Peking.

Australien verletzte den Grundsatz der politischen Neutralität in der olympischen Charta. Die Begründung Australiens „mit der sogenannten Menschenrechtsfrage in Xinjiang ist nur ein Vorwand, um China zu verleumden“, sagte Wang und ergänzte: „China hatte niemals Pläne, irgendeinen australischen Offiziellen zu den Spielen einzuladen. Niemand interessiert sich dafür, ob sie kommen oder nicht.“

Bach verweist auf „politische Neutralität des IOC“

Die Anwesenheit von Regierungsbeamten sei für jede Regierung eine rein politische Entscheidung, hieß es dazu vom Chef des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), Thomas Bach, und „auch für diese Entscheidung gilt der Grundsatz der politischen Neutralität des IOC“.