Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler bei einer Pressekonferenz
APA/Georg Hochmuth
Hohe Strafen

Entwurf zur Impfpflicht präsentiert

Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) haben am Donnerstag Details zu der ab Februar 2022 geplanten CoV-Impfpflicht präsentiert. Diese wird – bis auf einige Ausnahmen – für alle Personen mit Wohnsitz in Österreich ab 14 Jahren gelten. Unterstützt wird das Vorhaben von NEOS und SPÖ.

Ausgenommen sind Schwangere und jene, die sich aus gesundheitlichen Gründen nicht impfen lassen können. Für die Ausnahme brauche es eine ärztliche Bestätigung, sagte Mückstein bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Edtstadler, an der auch NEOS-Vorsitzende Beate Meinl-Reisinger teilnahm. Ausstellen können ein solches Ausnahmeattest etwa allgemeine Kassenärzte, Fachärzte mit internistischem Sonderfach, Psychiater sowie Ärzte für Haut- und Geschlechtskrankheiten, Gynäkologen und Amtsärzte.

Gleichzeitig sagte Mückstein, dass die Impfung für Schwangere „ausdrücklich empfohlen ist“. Auch in den Anwendungsempfehlungen des Nationalen Impfgremiums (NIG) gebe es „eindeutige Empfehlungen“ dafür. Ausnahmen gibt es überdies auch für Genesene – und zwar für 180 Tage ab dem Tag des positiven PCR-Tests. Genesene Personen können ihren Ausnahmegrund mit einem Genesungsnachweis bzw. einem Genesungszertifikat nachweisen. Die Genesung ist aber nicht ins Zentrale Impfregister einzutragen.

Vierteljährlich werden die „Impfstichtage“ stattfinden, an diesen müssen alle Personen, die von der Impfpflicht erfasst sind, geimpft sein oder einen Ausnahmegrund im Zentralen Impfregister eingetragen haben. Der erste Stichtag werde der 15. März sein, sagte Mückstein.

Hohe Strafen für Impfverweigerer

Wer sich nicht eintragen lässt, dem drohen Geldstrafen – im ordentlichen Verfahren bis zu 3.600 Euro; dabei sind die Einkommensverhältnisse zu berücksichtigen. Alternativ kann auch ein „abgekürztes Verfahren“ geführt werden, hier beträgt das Strafausmaß bis zu 600 Euro. Ungeimpfte werden dann vierteljährlich dazu aufgefordert, sich impfen oder einen Ausnahmegrund ins Impfregister eintragen zu lassen. „Ist das nicht der Fall, werden Strafen vierteljährlich verhängt“, so Mückstein.

Sofern man einen Strafbefehl erhält, kann man laut Gesundheitsministerium die Strafe noch abwenden, indem man doch impfen geht – solange das Verfahren noch am Laufen ist. Edtstadler sprach in diesem Zusammenhang von „tätiger Reue“, man könne sich aus der Strafe noch „herausimpfen“.

Ärzten drohen bei falschen Attesten Strafen

Strafen gibt es auch für Ärzte, die ein falsches Ausnahmeattest ausstellen – und zwar in Höhe von bis zu 3.600 Euro. Ein Außerkrafttreten des Gesetzes ist laut Presseinformation „voraussichtlich“ Ende Jänner 2024 vorgesehen. Die Impfpflicht wird jedenfalls nicht mit physischem Zwang durchgesetzt werden. Auch wird in keinem Verfahren eine Ersatzfreiheitsstrafe verhängt.

Statement von Minister Wolfgang Mückstein (Grüne)

„Wir alle, die wir hier stehen, haben lange eine allgemeine Impfpflicht ausgeschlossen. Wir haben aber auch alle viel gelernt“, sagte Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne).

Der Gesundheitsminister betonte, dass er bei seinem Amtsantritt nicht gedacht hätte, dass eine allgemeine Impfpflicht notwendig sein könnte. „Wir alle, die wir hier stehen, haben lange eine allgemeine Impfpflicht ausgeschlossen. Wir haben aber auch alle viel gelernt“ – auch, dass man keine Versprechen mehr machen sollte; und dass man „aus dem ewigen Kreislauf des Auf – und Zusperrens ausbrechen“ wolle. Der Entwurf gehe bis 10. Jänner in Begutachtung und könne damit Anfang Februar in Kraft treten, sagte Mückstein.

Edtstadler: „Brauchen Solidarität von allen im Land“

Edtstadler sagte bei der Pressekonferenz, dass der Gesetzesentwurf von vier Parteien getragen wird – „das ist keine Selbstverständlichkeit“. Der Tenor aus zahlreichen Gesprächen sei gewesen, man brauche eine allgemeine Impfpflicht, um aus dieser Pandemie herauszukommen. Die Impfpflicht sei aus europarechtlicher Judikatur gesehen zulässig. Ziel müsse dabei der Schutz der öffentlichen Gesundheit sein, das Mittel müsse wirksam und verhältnismäßig sein – und das sei die Impfung.

Statement von Ministerin Karoline Edtstadler (ÖVP)

Dass der Gesetzesentwurf zur Impfpflicht von vier Parteien getragen wird, ist laut Verfassungsministerin Karoline Edstadler (ÖVP) „keine Selbstverständlichkeit“.

Es seien noch immer zu wenige Personen geimpft, sagte sie. „Wir brauchen aber die Solidarität von allen im Land, damit wir die große gemeinsame Herausforderung meistern können.“ Man wolle auch nicht die Menschen „bestrafen, die nicht geimpft sind, wir wollen sie abholen“, sagte sie. Aktuell haben 67,8 Prozent der Bevölkerung ein aktives Impfzertifikat, 72,0 Prozent haben zumindest einen Stich erhalten.

Omikron: Mückstein rät zum Boostern

Gefragt nach der neuen Virusvariante Omikron, die laut neuesten Daten den Impfschutz unterlaufen könnte, sagte Mückstein, man könne aktuell noch nicht abschätzen, wie sich Omikron auf das Infektionsgeschehen auswirken wird. „Das werden wir erst in den nächsten Wochen wissen.“ Wichtig sei, dass man sich die dritte Dosis so rasch wie möglich abholt – und nicht auf einen angepassten Impfstoff wartet, verwies er auf Expertenmeinungen.

Sollte es sich im Lauf der Pandemie herausstellen, dass weitere Impfungen notwendig werden (etwa ein angepasster vierter Stich, Anm.), dann habe er die Kompetenz, die Vorgaben entsprechend zu ändern. Gleiches gilt für allfällige neue Impfstoffe – auch diese können per Verordnung des Gesundheitsministers nachträglich ergänzt werden.

Meinl-Reisinger: „Habe meine Meinung geändert“

NEOS-Vorsitzende Meinl-Reisinger sagte, es gehe vor allem darum, Menschenleben zu retten. „Wir haben uns in den vergangen Monaten immer gegen eine allgemeine Impfpflicht ausgesprochen, dafür aber Dutzende Vorschläge gemacht, um Menschen mit positiven Anreizen von der Impfung zu überzeugen.“ Das sei aber nicht gelungen. Man gehe nun gerade aus dem Lockdown heraus. Aber „in ein paar Wochen steht schon wieder die nächste Welle an“ – das Ergebnis dürfe kein neuerlicher Lockdown sein „und dann wieder einer und wieder einer“.

Statement von NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger

NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger sagte, wieso sie ihre Meinung zur Impfpflicht geändert hat.

„Daher habe ich meine Meinung (zur Impfpflicht, Anm.) geändert – wie so viele Experten und Politiker auch.“ Gerade für jeden liberal denkenden Menschen sei eine Impfpflicht eine unglaubliche Zumutung, räumte sie ein. „Ich unterstütze die allgemeine Impfpflicht – aber ich stelle meinen Abgeordneten die Abstimmung frei. Aber es wird sich eine deutliche Mehrheit der (NEOS-, Anm.) Abgeordneten für die Impfpflicht aussprechen.“

Unterstützung auch von SPÖ

Seitens der SPÖ hieß es aus dem Büro von Parteichefin Pamela Rendi-Wagner, die Partei unterstütze den Impfpflichtentwurf grundsätzlich, auch wenn die Pflicht „nie das Ziel war“. „Eine hohe Durchimpfungsrate ist entscheidend, um den Teufelskreis von Lockdowns zu durchbrechen. Nur gemeinsam können wir das Sicherheitsnetz einer hohen Durchimpfungsrate von 90 Prozent erreichen, um weitere Lockdowns zu verhindern“, so Rendi-Wagner in einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber der APA. „Leider hat es die Bundesregierung nicht geschafft, diese hohe Durchimpfung zu erreichen.“

Die SPÖ nehme die politische Verantwortung als staatstragende Partei „sehr ernst“, betonte sie. Auch habe sie „wichtige Punkte“ durchgesetzt, etwa eine ausführliche Begutachtung, die Einbindung von Datenschutz- und Verfassungsexperten, keine Freiheits- und Beugestrafen und einkommensabhängige Strafen. Das Fernbleiben bei der Pressekonferenz erklärte man in Rendi-Wagners Büro damit, dass es der SPÖ um die Inhalte, „nicht um irgendeine Inszenierung“ gehe. Ähnlich äußerte sich SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried in einer Aussendung.

Der FPÖ-Abgeordnete Peter Wurm sah es unterdessen als Verhöhnung des Parlaments, dass den Abgeordneten noch immer kein Entwurf zum Gesetz vorgelegt worden sei. Auch Gerald Hauser (FPÖ) sah es höchst an der Zeit, den Ausschuss über das geplante Gesetz zu informieren. Die FPÖ will außerdem Bürgerinnen und Bürger bei Rechtsmitteln gegen Strafen wegen Verstößen gegen die Impfpflicht unterstützen.