Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD)
APA/Bernd Von Jutrczenka
Erste Signale

Scholz zu Antrittsbesuch in Paris

Der neue deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) reist an diesem Freitag zu seinem ersten Antrittsbesuchen nach Frankreich und nach Brüssel. In Paris wird Scholz von Präsident Emmanuel Macron mit militärischen Ehren empfangen. Um die historische Bedeutung der deutsch-französischen Achse zu betonen, ist es eine langjährige Tradition, dass neue Kanzler der erste Auslandsbesuch nach Paris führt.

Der erste Auslandsbesuch sei „Ausdruck der engen Verbundenheit und Freundschaft zwischen Deutschland und Frankreich“, hieß es vom Bundeskanzleramt. In der Geschichte der Europäischen Union war es stets entscheidend, ob und wie gut das Zusammenspiel und das persönliche Verhältnis des französischen Staatschefs und des deutschen Kanzlers, beziehungsweise der deutschen Kanzlerin, funktionierte.

Spannend ist die Konstellation aktuell zudem, da Frankreichs Präsident Macron eine bilaterale Achse mit Italiens Regierungschef und Ex-EZB-Chef Mario Draghi geformt hat, um die Interessen der südlichen EU-Länder in Brüssel zu stärken. Gerade in finanzpolitischen Bereichen weichen diese meist von deutschen Vorstellungen weit ab. Umso spannender wird es zu beobachten sein, wie Scholz und Macron harmonieren und welche gemeinsamen Ziele und Projekte sie für die nahe Zukunft definieren – und ob sie auf schnelle Schritte setzen oder ob Scholz eher abwartet, bis nächstes Jahr die Präsidentschaftswahl gelaufen ist.

Dichtes Tagesprogramm

In Brüssel will Scholz dann EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und EU-Ratspräsidenten Charles Michel treffen. Im Fokus soll die Vorbereitung des EU-Gipfels in der kommenden Woche stehen. Am Abend ist ein Gespräch mit NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg geplant. Das solle die Bedeutung der Allianz für die deutsche, europäische und transatlantische Sicherheit unterstreichen, hieß es.

Baerbock beschwört „deutsch-französische Impulse“

Vor Scholz absolvierte bereits die neue Außenministerin, die Grüne Annalena Baerbock, ihre Antrittsbesuche – ebenfalls in Paris und Brüssel. In Paris beschwor sie dabei trotz bestehender Meinungsunterschiede etwa bei der Atomkraft die deutsch-französische Freundschaft. Europa sei „Dreh- und Angelpunkt der deutschen Außenpolitik“, sagte Baerbock am Donnerstag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit ihrem französischen Amtskollegen Jean-Yves Le Drian in Paris. „Dafür braucht ein starkes Europa starke deutsch-französische Impulse.“ In der sich zuspitzenden Ukraine-Krise warnte sie Russland vor gravierenden Folgen bei einer weiteren Eskalation.

Nach dem Treffen mit Le Drian reiste Baerbock mit dem Hochgeschwindigkeitszug Thalys nach Brüssel. Die EU sei eine „Erfolgsgeschichte“ und liege ihr persönlich sehr am Herzen, betonte Baerbock am Donnerstag nach ihrem ersten Treffen mit dem EU-Außenbeauftragten Josep Borrell. Der Spanier nannte es ein „gutes Signal“, dass die Grünen-Politikerin auch für internationalen Klimaschutz zuständig ist.

Baerbock: Keine deutsche Vormachtstellung

„Mir ist wichtig deutlich zu machen, dass Deutschland für eine starke Europäische Union eintritt“, unterstrich Baerbock in Brüssel. Der neuen Bundesregierung gehe es nicht um eine deutsche Vormachtstellung, hatte sie zu Beginn ihres ersten Arbeitstages als Chefdiplomatin in Berlin betont: „Wir werden unsere Vorstellungen und Interessen nicht über die Köpfe unserer Nachbarn hinweg verfolgen, und schon gar nicht auf deren Kosten.“ Borrell betonte, ein europäisch orientiertes Deutschland könne der EU dabei helfen, „ein glaubwürdigerer Akteur in der Welt“ zu werden.

China und Ukraine als Thema

Thema bei dem Brüsseler Treffen waren unter anderem Konfliktherde wie die Ukraine, China und der Iran. Borrell bekräftigte, dass die EU „alle zur Verfügung stehenden Mittel“ nutzen werde, um die Souveränität der Ukraine gegen einen möglichen russischen Angriff zu verteidigen. Einigkeit bestand laut Baerbock auch beim Kurs gegenüber Belarus: „Die EU muss den Druck auf das Regime in Minsk aufrechterhalten“, sagte sie. Wegen der Instrumentalisierung von Migranten hatte die EU in Absprache mit den USA erst vergangene Woche neue Sanktionen in Kraft gesetzt.