Studie: Österreich bei Krisenfestigkeit im Mittelfeld

Österreich hat im internationalen Vergleich die CoV-Pandemie bisher erfolgreich gemeistert, allerdings haben sich einige Defizite offenbart. Zu diesem Schluss kommt eine heute veröffentlichte Studie der deutschen Bertelsmann-Stiftung.

Über 70 Experten untersuchten von Februar 2019 bis Jänner 2021 94 verschiedenen Indikatoren in 29 Industrieländern, darunter 18 Staaten der EU. Bei der Organisation des Krisenmanagements liegt Österreich hinter Finnland auf Platz elf.

Vier Kategorien untersucht

Untersucht wurden in der 172 Seiten starken Studie insgesamt vier Kategorien. Bei der Resilienz der Wirtschaft liegt Österreich mit 6,05 aus zehn möglichen Punkten knapp unter dem Durchschnitt, bei der Krisenfestigkeit des Sozialstaats auf Platz 13 über dem Durchschnitt.

Die Widerstandsfähigkeit der Demokratie wird in Österreich gut bewertet, hier liegt das Land auf Platz zwölf und damit vor Ländern wie den Niederlanden und Dänemark.

Schweden, Neuseeland und Deutschland schneiden in der Studie insgesamt am besten ab, teilte die Bertelsmann-Stiftung mit. Griechenland sei Überraschungsaufsteiger. Die schlechtesten Noten erhalten Polen, Ungarn und Mexiko.

Auch der Organisation des Krisenmanagements selbst komme eine besondere Bedeutung zu, hieß es weiter. Einzig Südkoreas Krisenmanagementarchitektur sei gut auf den Pandemieernstfall vorbereitet gewesen.

Kompetenzgerangel als großes Problem

Gehakt habe es „zumeist wegen eines Kompetenzgerangels“ – nicht nur bei föderalen Staaten wie Deutschland und Österreich, die mit Rang fünf und elf noch vergleichsweise gut abschneiden. Als besonders schlecht wird die Aufstellung des Krisenmanagements in Mexiko, Ungarn und Polen bewertet, knapp davor landen Israel und die USA.

Österreich vergaß Vorbereitung auf zweite Welle

„Im Vergleich zu anderen Ländern, insbesondere zu anderen EU-Mitgliedsstaaten, hat Österreich während der Coronavirus-Krise nicht schlecht abgeschnitten“, heißt es im Österreich-Teil der Studie.

In Bezug auf medizinische Indikatoren wie Infektions- und Todesraten sowie wirtschaftliche Indikatoren wie etwa die Arbeitslosigkeit liege Österreich im EU-Durchschnitt. Allerdings wurde ein Versäumnis der Regierung geortet, sich auf die zweite Infektionswelle im Herbst 2020 vorzubereiten.

Die Pandemie habe auch die föderale Aufteilung der Zuständigkeiten als strukturelle Schwäche der Regierungsführung offenbart. Obwohl es sich um ein vergleichsweise kleines Land handle, seien die epidemiologischen Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern aufgeteilt, hieß es.

Weitere Probleme aufgezählt

Zu den Problemen bei der Bewältigung der Pandemie in Österreich zählten die Studienautoren die Beschaffung von Testkits zum Zeitpunkt des Ausbruchs, unzureichende Laborkapazitäten für die DNA-Sequenzierung, einen Rückstand bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens, einen mangelnden Datenaustausch innerhalb der Forschungsgemeinschaft sowie Probleme bei der Rückverfolgung von Kontakten und Quarantäne.

Das Geld sei vor allem für wirtschaftliche Maßnahmen wie Kurzarbeit und Unternehmenshilfen ausgegeben worden. Österreichs wichtige Tourismusbranche sei von der Pandemie besonders hart getroffen worden. „Die Reaktion der Regierung auf die Krise war eher reaktiv (auf die unmittelbaren Entwicklungen) als proaktiv und vorausschauend.“

Das österreichische Gesundheitssystem liege während der Coronavirus-Pandemie im Durchschnitt der EU-Mitgliedsstaaten. Bis Mitte März 2021 sei auch die kumulative Infektionsrate bei 5.448 pro 100.000 (Rang: 16) und die Übersterblichkeit im Jahr 2020 bei durchschnittlich 10,62 Prozent (Rang: 15) gewesen.