Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP)
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„Blut an Händen“

Köstinger kritisiert Kickl scharf

Scharfe Kritik am Pandemiekurs der FPÖ ist am Samstag von Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) gekommen. Sie habe sich jetzt schon ein paar Mal gedacht, dass FPÖ-Chef „Herbert Kickl eigentlich mittlerweile Blut an den Händen hat“, sagte sie in der Ö1-Sendung „Im Journal zu Gast“ über den früheren ÖVP-Regierungspartner. Die Rolle der eigenen Partei in der Pandemie verteidigte Köstinger. Die FPÖ schoss via Aussendung zurück, Kickl selbst reagierte in seiner Rede auf der Demonstration.

Die FPÖ rufe zu Demonstrationen, zu Widerstand, „fast zu Gewalt“ auf, obwohl die Wissenschaft mit der Impfung die Lösung in der Hand habe, warf die Ministerin der jetzigen Oppositionspartei vor. Zuletzt wurde publik, dass auch Herz- und Krebsoperationen bei Kindern verschoben werden müssen, weil Intensivbetten in den Krankenhäusern von Coronavirus-Patienten und -Patientinnen belegt sind. Die überwiegende Mehrheit dieser Patientinnen und Patienten ist ungeimpft.

Köstinger sieht die Verantwortung für die Situation nicht primär bei der Bundesregierung, die sehr wohl bemüht sei, die Menschen zum Impfen zu bringen. Es gebe aber „eine sehr große Partei in Österreich, die extrem Verschwörungstheorien anhängt, die keine Gelegenheit auslässt, um Menschen zu überzeugen, eben die Impfung nicht in Anspruch zu nehmen“, kritisierte sie die FPÖ. Zuletzt empfahl die FPÖ gar ein Pferdeentwurmungsmittel statt der Impfung. Es kam bereits zu schweren Schäden bei Patientinnen und Patienten deshalb und sogar zu Todesfällen. Auch das kritisierte Köstinger hart.

Schwarz: Kickls Demoteilnahme „verantwortungslos“

Indirekt pflichtete die Gesundheitssprecherin der ÖVP, Gaby Schwarz, Köstinger bei. Kickl nütze die CoV-Demos als Bühne, um die Mitglieder der Bundesregierung zu diskreditieren. Außerdem distanziere er sich nicht vom gefährlichen Entwurmungsmittel zur CoV-Bekämpfung. „Die von der FPÖ seit vielen Monaten offen zur Schau gestellte Verantwortungslosigkeit spiegelt sich auch heute in Herbert Kickls Teilnahme an der Impfskeptiker-Demo in Wien wider", so Schwarz in einer E-Mail an ORF.at.

Kickl mache damit deutlich, dass er den Ernst der Lage nach wie vor nicht verstanden habe und lieber das Trennende vor das Gemeinsame stelle. „Im Kampf gegen unseren gemeinsamen Feind – das Virus – sollten alle politischen Kräfte in unserem Land zusammenhalten“, so Schwarz. „Jeden Tag, an dem Kickl und seine Verbündeten an ihrem Corona verharmlosenden Kurs mitsamt übler Kampf-Rhetorik festhalten, richtet die FPÖ enorm viel Schaden für unser Land an“, so Schwarz.

Kickl: „Mist im Kopf“

Kickl selbst zeigte sich auf der Demo selbst erbost. „Also ehrlich, seht ihr irgendetwas? Wer mir ausrichtet, dass ich Blut an den Händen habe, dem richte ich aus, dass er nur Mist im Kopf hat.“ Bereits zuvor hatte die FPÖ per Aussendung reagiert. Köstingers Aussagen seien „an Dummheit und Menschenverachtung nicht mehr zu überbieten“, so FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz. Köstinger stehe mitsamt der Regierung mit dem Rücken zur Wand und versuche sich nun „mit verbalen Rundumschlägen aus der selbstverschuldeten und misslichen Lage zu befreien“, hieß es. Diese Strategie werde nicht aufgehen, so Schnedlitz.

Wenn Köstinger Politiker mit Blut an den Händen suche, so möge sie sich an Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) wenden. Als ehemaliger Innenminister habe er es nämlich zu verantworten, „dass im November 2020 ein Terrorist in Wien vier Menschen auf offener Straße hinrichten konnte, obwohl es zuvor eindeutige Hinweise und Warnungen aus dem Ausland gegeben hat“, sagte Schnedlitz. Bis heute habe es weder von Nehammer noch von der ÖVP eine Entschuldigung dafür gegeben. Nehammer habe „ganz alleine für dieses Verbrechen die politische Verantwortung zu tragen“, so der FPÖ-Generalsekretär.

Mückstein gesteht Fehler ein

Dass die ÖVP noch im Sommer gemeint hatte, die Pandemie sei gemeistert, verteidigte Köstinger damit, dass eine Pandemie eben „sehr unberechenbar“ sei. Es habe vor dem Sommer durchaus Signale gegeben, dass die Impfung der große „Gamechanger“ sei. Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) meinte unterdessen laut Vorabmeldung im „profil“, es sei ein Fehler gewesen, dass man sich im Herbst „an der Überschreitung einer gewissen Anzahl belegter Betten orientiert“ habe, statt auf die Prognose von Expertinnen und Experten zu hören.

Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne)
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Er habe sich gegenüber der ÖVP nicht durchsetzen können, gab Mückstein rückblickend zu

„Da haben wir uns nicht durchsetzen können“, der Konterpart sei damals Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) gewesen. Auch der Impfkampagne habe es nicht gutgetan, dass „die Pandemie für beendet und zu einem individuellen Problem erklärt worden war“. Mit Nehammer als Kanzler wehe „ein neuer Wind“, so Mückstein.

Köstinger befürwortet Öffnungen

Die Öffnung der Gasthäuser und Hotels ab Sonntag in Vorarlberg, Tirol und im Burgenland verteidigte Köstinger, obwohl gerade Vorarlberg die höchste 7-Tage-Inzidenz aller Bundesländer aufweist. „Entscheidend ist die Situation im Gesundheitswesen, die reine Inzidenz sagt ja nicht alles aus“, sagte sie, man habe im Westen alles im Griff.

Speziell im Westen Österreichs sei man auch wirtschaftlich in einem anderen Umfeld, da in den Nachbarländern Deutschland, Schweiz und Italien die Hotels geöffnet seien. Sie werde sich auch weiterhin dafür einsetzen, dass deutsche Urlauberkinder bei der Rückreise aus Österreich nicht in Deutschland in Quarantäne müssen, bisher ist diese deutsche Bestimmung aber aufrecht.

Weiterer Lockdown?

Als Tourismusministerin hätte sie sich gewünscht, dass man alle Betriebe in Gastronomie und Hotellerie gleich öffnen könne, aber das sei aufgrund der unterschiedlichen Einschätzung der Landeshauptleute nicht möglich gewesen. Wichtig sei auch die Kontrolle: Die Wirtschaftshilfen seien an die Einhaltung der Covid-19-Bestimmungen gekoppelt, ein Betrieb, der den 2-G-Nachweis nicht kontrolliere, riskiere, die Hilfen zu verlieren. Gefragt zu einem weiteren möglichen Lockdown Anfang kommenden Jahres meinte die Ministerin, „nicht wir beherrschen das Virus, sondern das Virus beherrscht uns“.

Welche Sperrstundenregelungen über Silvester gelten, ist noch nicht fix. Man werde vor Weihnachten die Maßnahmen noch einmal evaluieren und schauen, was für die Weihnachtsfeiertage und Silvester praxistauglich sei. Köstinger findet aber, es sei sinnvoller, in kontrollierten Bereichen wie in Lokalen zu feiern, als sich unkontrolliert in privaten Räumen zu treffen.

SPÖ-Kritik: „Alles wird den Bundesländern überlassen“

SPÖ-Gesundheitssprecher Philipp Kucher resümierte in einer Reaktion, die ÖVP habe offenbar nichts aus den letzten Wochen gelernt: „Alles wird den Bundesländern überlassen, der Fleckerlteppich wird verteidigt und das totale Versagen des Corona-Managements im Sommer – wo erklärt wurde, dass die Pandemie gemeistert ist – wird auf das plötzliche Auftauchen neuer Mutationen geschoben.“ Gerade diese seien aber von Expertinnen und Experten vorhergesagt worden.

Der SPÖ-Gesundheitssprecher erwähnte auch, dass Köstinger zur alten Riege des engsten Kreises von Kurz gehöre. „Angesichts des türkis-grünen Corona-Desasters ist das Vertrauen in das Corona-Management der Regierung längst verlorengegangen“, so Kucher weiter. „Die türkis-grüne Regierung muss endlich aus ihren Fehlern lernen und gemeinsam gegen das Virus kämpfen.“