Beate Meinl-Reisinger
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Meinl-Reisinger

Impfpflicht soll „Freiheit aller“ bewirken

Am Donnerstag hat die Regierung ihren Gesetzesentwurf zu der ab Februar 2022 geplanten CoV-Impfpflicht präsentiert – gemeinsam mit NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger. Am Sonntag verteidigte die Parteivorsitzende in der ORF-„Pressestunde“ ihre demonstrative Unterstützung für das Vorhaben: Es gehe darum, „die Freiheit aller zu gewährleisten“, die Impfpflicht sei dabei das gelindeste Mittel.

ÖVP und Grüne hätten in der Pandemie „ganz viel falsch gemacht“, aber jetzt gelte es, Verantwortung zu zeigen, zusammenzuarbeiten und Lösungen zu finden, sagte Meinl-Reisinger. „Schwierig ist es allemal“, als liberale Partei für eine Impfpflicht einzutreten, räumte die NEOS-Chefin ein. Doch sie habe ihre Meinung geändert, weil alle Alternativen gescheitert und zu wenige Menschen geimpft seien.

„Ich habe für mich sehr klar – und übrigens eine Mehrheit bei uns auch im Klub – befunden, dass die Argumente dafür weitaus substantieller sind, weil es darum geht, die Freiheit aller zu gewährleisten und endlich Zuversicht zu bringen, dass wir nie wieder Lockdowns haben.“ Das ewige „Auf und Zu“ könne kein Konzept sein.

Liberale Sicht auf die Impfpflicht

Ruf nach „Erklärbär oder Erklärbärin“

Zu den laufenden Demonstrationen und der aufgeheizten Stimmung im Land sagte Meinl-Reisinger, das Vertrauen in die Politik habe extremen Schaden genommen – „und ich muss sagen, das ist auch nicht verwunderlich“. Das liege am schlechten Pandemiemanagement von ÖVP und Grünen und „an der ganzen schlechten Kommunikation“. Das sehe man auch jetzt wieder: Dass die Bundesländer, die eigentlich die besten Zahlen haben, später aufsperren als die Bundesländer mit den schlechtesten Zahlen, könne niemand verstehen.

Abhilfe könnte die Einsetzung eines Experten oder einer Expertin als Pandemiemanager schaffen, ein „Erklärbär oder eine Erklärbärin“, der verlässliche Informationen liefern und Vorschläge an die Politik machen soll.

Freiheitliche „Niedertracht“

Der FPÖ warf Meinl-Reisinger in diesem Zusammenhang „Niedertracht“ vor, denn diese verbreite „Lügen“. „Ich bin erschüttert, wie die richtig Öl ins Feuer gießen“, wie diese „zu Gewalt aufrufen“ und mit verunsicherten Menschen „spielen“, sie „aufhetzen“ und „manipulieren“, und zwar nur „aus parteitaktischem Kalkül“. „Ich hab so eine Niedertracht noch nie erlebt“, sagte die NEOS-Chefin.

Die Formulierung von Ministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP), wonach FPÖ-Chef Herbert Kickl „Blut an den Händen“ habe, sei eine drastische – aber „ich stelle mir tatsächlich die Frage, ob er sich noch in den Spiegel schauen kann“, erinnerte Meinl-Reisinger daran, dass Kickl ein Entwurmungsmittel als Medikament empfohlen habe, das nachweislich nicht gegen CoV helfe. „In Wahrheit ist es ja unfassbar, welche Lügen die FPÖ verbreitet.“

Skeptisch ist Meinl-Reisinger, was Geldgeschenke fürs Impfen betrifft. Die SPÖ hatte zuletzt einen 500-Euro-Gutschein für den dritten Stich vorgeschlagen. Gewerkschaftsbund und Wirtschaftskammer bekräftigten am Sonntag ihre Forderung nach finanziellen steuerfreien Anreizen, weil vor der Einführung einer Impfpflicht „nichts unversucht“ bleiben solle, die Impfquote mit anderen Mitteln zu heben, wie WKO-Präsident Harald Mahrer und ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian sagten.

Öffnungsschritte für NEOS-Chefin unverständlich

NEOS-Parteichefin Beate Meinl-Reisinger sagte in der ORF-„Pressestunde“, sie hätte einheitlich aufgesperrt, mit 2-G oder 2-G Plus in der Gastronomie. Unverständlich sei für sie, dass Länder mit hohen Infektionszahlen früher öffnen, als jene, die besser dastehen, wie etwa Wien.

2-G am Arbeitsplatz nicht machbar

NEOS sei für positive Ansätze wie „beraten vor strafen“, betonte Meinl-Reisinger, aber eine Prämie wäre nicht so gut wie etwa ein steuerlicher Anreiz. Man solle vermeiden, dass sich Menschen nur impfen lassen, wenn sie Geld dafür bekommen, denn man wisse ja auch nicht, wie viele Impfungen notwendig sein werden.

Mit einer breiten 2-G-Regel – also Zutritt nur für Geimpfte oder Genesene – hätte man sich den nun auslaufenden allgemeinen Lockdown sparen können, glaubt Meinl-Reisinger. Das Offenhalten der Schulen mit einem Testsystem hält sie trotz Erkrankungen unter Kindern mit Verweis auf sonstige Kollateralschäden im psychischen Bereich für richtig.

2-G auch am Arbeitsplatz hält Meinl-Reisinger nicht für machbar. Das hieße, „dass dann die ganze Verantwortung, die eine Regierung oder auch ein Staat hat, dem Arbeitgeber oder der Arbeitgeberin umgehalst wird, und dass dann das doch sehr drängende Problem des Arbeitskräftemangels ein noch viel Massiveres wäre“. Sie verwies zudem auf die Ansicht von Verfassungsexperten, dass der Eingriff in die Erwerbsfreiheit in keinem Fall gelinder sei als die Frage einer Impfpflicht.

Änderungen in der Regierung

Bereit für Neuwahl

Zu den vermehrten Regierungsumbildungen in letzter Zeit befragt, sagte die NEOS-Chefin, dass man „ein wenig den Überblick verliert“. Dass Sebastian Kurz abgetreten ist, mache sie „weder froh noch unfroh. Ich habe da keinerlei Emotion“. Sie habe Respekt vor seinem Schritt und wünsche ihm alles Gute. Jetzt müsse die Regierung es schaffen, „einen echten Neustart zu machen, gemeinsam zu arbeiten, aber auch die Bereitschaft zu zeigen, Reformschritte anzugehen. Sonst ist es mittelfristig wahrscheinlich gescheiter, die Wählerin und der Wähler hat das Wort.“ NEOS wäre dazu bereit.