Reichlich Stoff lieferte der Skandal um mutmaßliche Korruption im Umfeld der ÖVP. Allein das Handy des zurückgetretenen ÖBAG-Chefs Thomas Schmid erwies sich als Fundus Hunderttausender Nachrichten. Und einige Chats wurden in Tranchen publik und belasteten den zurückgetretenen Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und einige seiner Gefolgsleute. Doch Rücktritte innerhalb der Regierung gab es auch aus anderen Gründen.

So etwa im Falle von Ex-Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP) – ihr wurde eine plagiierte Dissertation zum Verhängnis. Textteile wie solche waren in der Arbeit zu lesen – mutmaßlich nahmen sie den direkten Weg aus dem Übersetzungsprogramm.

Doch das zitatträchtigste Thema war freilich die Pandemie – der damalige Kanzler Sebastian Kurz stellte anlässlich der Verlängerung des harten Lockdowns bis 7. Februar (2021) eine – gelinde gesagt – gewagte Prognose.

Diese Meinung vertrat im Februar die Virologin Dorothee von Laer von der Mediuni Innsbruck. Gleichzeitig übte die Beraterin der Bundesregierung scharfe Kritik am Land Tirol im Umgang mit CoV-Mutanten und warnte vor einem „zweiten Ischgl“.

Die folglich verhängte Reisewarnung für Tirol störte Seilbahnobmann Franz Hörl (ÖVP) weniger als die Testpflicht beim Skifahren. Erinnerungen an die Piefke-Saga.

Der unlängst zurückgetretene Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) war im Februar mit dem Vorwurf der Bestechlichkeit konfrontiert. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) vermutete illegale Parteienfinanzierung durch den Glücksspielkonzern Novomatic.

FPÖ-Klubchef Herbert Kickl (damals noch nicht Parteichef) sah bei der ÖVP Feuer am Dach, wie er in einer Rede im Nationalrat im Februar darstellte.

Thomas Schmid bekam per SMS von Ex-Kanzler Sebastian Kurz den Segen erteilt. Hintergrund: Im März begann sich herauszustellen, dass der mittlerweile abgetretene ÖBAG-Chef in dessen Funktion als Generalsekretär im Finanzministerium die Ausschreibung für den ÖBAG-Posten sich selbst auf den Leib schneidern konnte.

Thomas Schmid sah sich Kurz zu Dank und Hingabe verpflichtet – wiederum per Chatnachricht, die heuer ans Licht der Öffentlichkeit kam.

Der ehemalige Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) schrieb „Familienmitglied“ Schmid seine Version der türkisen Inklusion.

Gabriela Spiegelfeld, „Netzwerkerin“ für die türkise ÖVP, verzweifelte an der Frauensuche für den Aufsichtsrat der ÖBAG. Auch dieser Sager tauchte in den Chats auf.

Alexander Van der Bellen wurde vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) zum Exekutor gemacht und musste in seiner Funktion als Bundespräsident beim Finanzministerium unter Blümel Akten einmahnen. Diesen beispiellosen Vorgang erläuterte er der Öffentlichkeit per TV-Ansprache.

Alma Zadic (Grüne) – Justizministerin – im Mai zur Stimmung in der Koalition.

FPÖ-Chef Norbert Hofer auf Reha, Klubchef Herbert Kickl sägte derweil an dessen Stuhl. Der Machtkampf um den Chefposten der FPÖ erreichte im Mai seinen Höhepunkt.

Und noch eine Chatnachricht, die publik wurde: Thomas Schmid wurde im März 2019 ÖBAG-Chef – er musste seinen Diplomatenpass abgeben und ortete fatale Konsequenzen für sich.

Thomas Schmid, damals noch im Finanzministerium, sah den damaligen Kanzler Kurz pekuniär passabel ausgestattet.

NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger mit oppositioneller Einordnung angesichts der veröffentlichten Chats.

„Ibiza“-U-Ausschuss-Fraktionschef Andreas Hanger geriet in einen Clinch mit dem Satireportal Tagespresse. Das Portal wollte, dass sich Hanger als Satiriker zu erkennen gibt.

Karl Nehammer (ÖVP) als Innenminister während der Machtübernahme der radikalislamischen Taliban in Afghanistan.

Grünen-Fraktionsführerin Nina Tomaselli über ihre Erkenntnisse im „Ibiza“-U-Ausschuss. Die Rede ist vom derzeitigen Koalitionspartner ihrer Partei.

Wieder Beate Meinl-Reisinger – diesmal zur Linie der FPÖ in der Pandemie.

Die mehr als fünfstündige richterliche Befragung ließ Sebastian Kurz nur ungern über sich ergehen.

Wieder Sebastian Kurz – am selben Ort – diesmal gegenüber dem Staatsanwalt der WKStA.

Der abgewählte Grazer Langzeitbürgermeister Siegfried Nagl wies auf unschöne Konsequenzen seiner Abwahl hin.

Gabriela Schwarz, ÖVP-Generalsekretärin, bei einer Pressekonferenz zu Hausdurchsuchungen, von denen zu diesem Zeitpunkt noch niemand wusste bzw. wissen konnte bzw. wissen sollte.

Einmal mehr Sebastian Kurz. Die Rahmenbedingungen: Hausdurchsuchungen im Bundeskanzleramt und der ÖVP-Parteizentrale, der Kanzler als Beschuldigter.

Sigrid Maurer, Klubobfrau der Grünen, erhöhte den Druck auf den Koalitionspartner. Und angesichts der Anschuldigungen gegen die ÖVP zog man die Reißleine in Sachen Kanzlerpersonalie.

Elisabeth Köstinger (ÖVP), Landwirtschaftsministerin und enge Vertraute des nunmehrigen Ex-Kanzlers, warnte die übrigen Oppositionsparteien vor einem Pakt mit den Blauen – als hätte die ÖVP nie mit der FPÖ koaliert.

Thomas Schmid mit einer durchaus gravierenden Fehleinschätzung im SMS-Chat mit Kurz.

Thomas Schmid, einmal mehr: Umfragen für Kurz’ Machtübernahme wurden laut Akt der Staatsanwaltschaft platziert, Schmid war damit recht zufrieden.

Thomas Schmid, ein allerletztes Mal, und damit jene Person, die im Chat mit Kurz zwischen Hass und Liebe nur einen Punkt setzte. Ex-ÖVP-Kanzler Reinhold Mitterlehner geriet zum internen Feindbild im Streben der Türkisen nach der Übernahme der ÖVP.

Nach der Kanzlerwerdung von Alexander Schallenberg (ÖVP) fühlte sich Sebastian Kurz zu einer Klarstellung veranlasst – „Schattenkanzler“, als Kampfformel ursprünglich freilich von Kritikerinnen und Kritikern der Türkisen vorgebracht, wurde zum Wort des Jahres gekürt.

Hermann Schützenhöfer (ÖVP), steirischer Landeshauptmann, mit einem wackligen Versuch einer Abgrenzung vom türkisen Machtzirkel. Mit dem „Rothaarigen“ skizzierte Schützenhöfer Gerald Fleischmann, Kurz’ Medienbeauftragten.

NEOS-Gründer Matthias Strolz lieferte im ORF-Format „Im Zentrum“ den Spruch des Jahres – mit einer Botschaft für den „inneren Kreis“ der Türkisen, konkret der Kurz-Vertrauten Elisabeth Köstinger vorgetragen.

Wilfried Haslauer (ÖVP), Salzburgs Landeshauptmann, musste sich nach schwerer Kritik von Expertinnen und Experten von diesem vollmundigen Sager distanzieren.

Die Virologin Dorothee von Laer definierte 3-G neu, wiederum auch in der ORF-Diskussionsendung „Im Zentrum“. Es gebe keine Zeit mehr, mit Maßnahmen wie dem Lockdown für Ungeimpfte „noch herumzuprobieren“.

Alexander Van der Bellen setzte im Dezember den Angelobungsreigen, der das Staatsoberhaupt in seiner Amtszeit verlässlich begleitet, aufs Neue fort.

Sebastian Kurz, ein letztes Mal – hier und auch als Politiker.