Swetlana Tichanowskaja zeigt ein Bild ihres Ehemanns Sergej Tichanowski
APA/AFP/Roman Vondrous
Belarus

18 Jahre Haft für Tichanowskajas Ehemann

In Belarus ist der bekannte Aktivist und Blogger Sergej Tichanowski am Dienstag zu 18 Jahren Straflager verurteilt worden. Dem Ehemann der Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja, die an seiner Stelle bei der Präsidentenwahl angetreten war, wurde die Organisation von Massenunruhen vorgeworfen.

Tichanwoski müsse wegen „Vorbereitung und Organisation von Massenaufständen“ unter besonders harten Haftbedingungen ins Straflager, meldete die staatliche belarussische Nachrichtenagentur Belta am Dienstag unter Berufung auf das Gericht der Stadt Gomel. Dort war das Verfahren gegen Tichanowski und fünf weitere Aktivisten seit Juni hinter verschlossenen Türen gelaufen. Fünf Mitangeklagte wurden zu Gefängnisstrafen zwischen 14 und 16 Jahren verurteilt.

Tichanowski war durch kritische Videos bekannt geworden und wollte eigentlich bei der Präsidentschaftswahl im August des vergangenen Jahres gegen Amtsinhaber Alexander Lukaschenko antreten. Kurz nach Bekanntgabe seiner Kandidatur wurde er jedoch zwischenzeitlich festgenommen und in Verwaltungshaft genommen, seine Frau Swetlana trat daraufhin an seine Stelle.

Siarhei Tsikhanouski bei einer Protestaktion
AP/Sergei Grits
Tichanowski im Mai 2020

Im Mai wurde Tichanowski erneut festgenommen, als er Stimmen für ihre Kandidatur sammelte. Er wurde gemeinsam mit anderen Oppositionellen nach Artikel 342 des Strafgesetzbuches („Organisation oder aktive Teilnahme an Gruppenaktionen, die die öffentliche Ordnung grob verletzen“) angeklagt. Bereits zuvor waren mehrere bekannte Oppositionelle zu langen Haftstrafen verurteilt worden. So erhielt etwa Maria Kolesnikowa, die lange als Kulturmanagerin in Deutschland arbeitete, elf Jahre Lagerhaft. Der Oppositionspolitiker Viktor Babariko wurde zu 14 Jahren verurteilt.

Tichanowskaja sieht Racheakt

Nach der weitgehend als unrechtmäßig eingestuften Wahl hatte sich Lukaschenko zum Sieger erklärt, woraufhin beispiellose Massenproteste in Belarus begannen. Sie wurden blutig niedergeschlagen. Tausende Regierungskritiker wurden festgenommen oder ins Exil gezwungen, darunter auch Tichanowskaja. Sie lebt mittlerweile in Litauen und arbeitet dort weiter für die belarussische Opposition. Die Proteste sind mittlerweile abgeebbt.

Tichanowskaja kritisiert Urteil

Tichanowskaja bezeichnete das Urteil als Racheakt Lukaschenkos. „Der Diktator rächt sich öffentlich an seinen stärksten Widersachern“, schrieb sie auf Twitter. Lukaschenko versuche durch Prozesse hinter verschlossenen Türen gegen politische Häftlinge seine „Repression in aller Stille“ fortzusetzen. „Aber die ganze Welt schaut zu. Wir werden nicht aufhören.“ Bereits am Montag hatte sie mitgeteilt, sie werde auf ihren Ehemann warten und alles dafür tun, um den Moment ihres Wiedersehens „in einem neuen Belarus“ zu beschleunigen.

Kritik aus Deutschland

Die neue deutsche Außenministerin Annalena Baerbock kritisierte die Verurteilung Tichanowskis aufs Schärfste. Sie habe die „skandalösen Urteile“ gegen Sergej Tichanowski und andere zur Kenntnis genommen, sagte die Grünen-Politikerin am Dienstag auf einer Pressekonferenz im Rahmen einer Konferenz zur nuklearen Abrüstung in Stockholm.

18 Jahre Haft für Tichanowskajas Ehemann

In Belarus ist der bekannte Aktivist und Blogger Sergej Tichanowski am Dienstag zu 18 Jahren Straflager verurteilt worden. Dem Ehemann der Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja, die an seiner Stelle bei der Präsidentenwahl angetreten war, wurde die Organisation von Massenunruhen vorgeworfen.

„Ich möchte unsere Forderung nach der sofortigen und bedingungslosen Freilassung aller politischen Gefangenen wiederholen“, sagte Baerbock. Deutschlands Unterstützung für die belarussische Bevölkerung sei unerschütterlich. Schwedens Außenministerin Ann Linde bezeichnete die Verurteilungen an Baerbocks Seite als absolut inakzeptabel.

A1-Belarus-Pressesprecher festgenommen

Für Aufsehen sorgte in den vergangenen Tagen auch die Festnahme und öffentliche Bloßstellung eines Pressesprechers von A1 in Belarus. Nikolai Bredelew wurde laut A1 Telekom Austria in Minsk festgenommen. Der Sprecher werde beschuldigt, sensible Unternehmensdaten verbreitet zu haben. „Außerdem wurde ein erniedrigendes Video veröffentlicht, das persönliche Informationen zu seinem Privatleben enthält“, teilte der Konzern mit.

In staatsnahen Telegram-Kanälen wurden daraufhin A1 und die österreichische Botschafterin in Minsk angegriffen. In einem Gespräch mit der APA ruderte der Abgeordnete Oleg Gajdukewitsch am Dienstag zurück. Es handle sich um einen einzelnen Mitarbeiter, der gegen das Strafrecht verstoßen habe. Österreichische Investitionen im Land seien nicht gefährdet, sagte der Parlamentarier und Chef der rechtspopulistischen Liberaldemokratischen Partei (LDP), der sich für seine öffentliche Unterstützung des Regimes von Lukaschenko seit Juni 2021 auf einer EU-Sanktionsliste befindet.

A1: Kein Verfahren bekannt

Bei der A1 Telekom Austria verwies man am Dienstag auf Erklärungen vom Wochenende: „Uns ist aktuell kein Verfahren bekannt, auch nicht gegen A1 Belarus, daher kennen wir diese Anschuldigungen nur aus nicht offiziellen Kanälen“, hatte ein österreichischer Sprecher gesagt. Der Zugriff auf Kundendaten sei streng geregelt und werde einzeln protokolliert.

Bredelew habe aufgrund seiner Funktion im Unternehmen technisch keine Möglichkeit eines Zugriffs gehabt. Dennoch sei eine erweiterte interne Revision des Falles eingeleitet worden, hatte der Sprecher des Mutterkonzerns erklärt.

Das Außenministerium zeigte sich „sehr besorgt“ über den Vorfall. „Wir (…) verurteilen das entwürdigende Vorgehen der belarussischen Behörden. Die Grund- und Freiheitsrechte aller Menschen müssen jederzeit gewahrt bleiben“, hieß es am Samstag in einer Stellungnahme gegenüber der APA. „Wir sind auf diplomatischem Weg und in enger Absprache mit dem österreichischen Unternehmen intensiv darum bemüht, hier unterstützend einzuwirken.“