Kreisky erinnern an alte Tugenden

Bei Sitzkonzerten empfehlen sich alte Tugenden wie Klatschen und Stampfen. Mit zwölf Monaten Verspätung hat die Band Kreisky gestern im Wiener Rabenhof ihr neues Album „Atlantis“ vorgestellt – oder live noch einmal auf Replay gestellt. Wie sich Rock mit Maske anfühlt, fasste Sänger Franz Adrian Wenzl kurz zusammen: „Früher ham alle g’schwitzt im Publikum und sich verrenkt, jetzt hoid so…“, blickte er in die Sitzreihen und forderte das maskierte Publikum auf, lieber zu klatschen als „Uuuuh“ und „Wow“ zu schreien – „weil das kommt eher stumpf bei uns an“.

Die Band Kreisky im Wiener Rabenhof
Andreas Graf

„Marcel Hirscher, ich übergieße dich mit Milch“, versprach man in einem Song aus dem neuen Album und bediente, vielleicht, das Sentiment an eine Zeit, als Skifahren und Weltcup-Erfolge nationale Pflicht waren. Überhaupt traten die vier als Versöhner zwischen den Generationen auf, und es waren auch jene willkommen, die das Wort Drahdiwaberl noch buchstabieren konnten. So wurde die Brücke geschlagen zwischen den Interrailern und den frischen Insta-Maniacs, die auch im Kakerlakenhotel noch eine Selfie-Pose finden.

Die Band Kreisky im Wiener Rabenhof
Andreas Graf

Rock im Trockenen

„So weit weg von daheim, dass kaputte Geräte, klingen wie Abenteuer“, heißt es in dem Song „Lonely Planet“, der auch in Pandemiezeiten unter die Maske bis zur Bluthirnschranke geht. Leider gab es nur auf der Bühne Alkohol – und für das Publikum Darben im Trockenen. Aber man war schon wie in der Staatsoper vom Veranstalter gewarnt worden: Aufs Klo gehen gibt’s – und sonst nix. Und vom Wasserhahn am Klo kann man auch nicht mehr trinken, weil: Maske auf. Und Wassersparsensorik mit Infrarot.

Ach, wie war das Leben früher schön, als Romane noch 600 Seiten dick und das Vinyl schwer waren, dachte sich wohl auch der Frontman und intonierte: „200 Gramm Vinyl, ich spritz ab!“

Am Ende merkte man: Alle Kreisky-Songs empfehlen sich weiterhin für das Weihnachtsfest, und wenn es an der Erkenntnis liegen mag, dass auch vor dem Weihnachtsbaum auf die Werte eines Songs der Band zurückgegriffen werden kann, in dem das Wort „Schauspieler“ vorkommt.