Menschen stehen in New York bei einer Covid19-Schnellteststation in einer Schlange an
Reuters/Carlo Allegri
Knapp und teuer

Das Schnelltest-Schlamassel der USA

Auch in den USA verbreitet sich die Omikron-Variante rasant. Bei einer niedrigen Durchimpfungsrate drohen die Festivitäten und die Reisewelle rund um die Feiertage zum Brandbeschleuniger zu werden. Wer in größerer Runde – egal ob ungeimpft, geimpft oder geboostert – feiern will, soll sich möglichst vor der Zusammenkunft testen, rät die US-Regierung. Allein: Schnelltests sind in vielen Bundesstaaten nicht nur teuer, sondern auch knapp.

Angesichts der aktuellen Herausforderung durch Omikron und der Erkenntnis, dass die zweifache Impfung nach mehreren Monaten auch bei Delta keinen ausreichenden Infektionsschutz bietet, wird der Wert einer guten Testinfrastruktur einmal mehr deutlich. Ebendiese ist in großen Teilen der USA mangelhaft.

Anfang Dezember kündigte US-Präsident Joe Biden an, dass Tests künftig – neben der priorisierten Impfaktion – eine wichtigere Rolle in der Covid-19-Strategie des Landes spielen würden. Privat Versicherte sollen die Kosten der Tests in Zukunft zurückerstattet bekommen. 50 Millionen Gratistests sollen darüber hinaus für die rund 29 Millionen Unversicherten US-Amerikanerinnen und -Amerikaner zur Verfügung gestellt werden.

„Sollen wir jedem einen Gratistest schicken?“

US-Epidemiologinnen und -Empidemiologen kritisierten den Regierungsplan als zahnlos und ineffektiv. Darauf angesprochen, reagierte die Sprecherin des Weißen Hauses, Jen Paski, sichtlich belustigt: „Was sollen wir tun, sollen wir jedem einen Gratistest schicken?“ Auf die Gegenfrage, warum nicht, konterte sie: „Und was passiert dann, wenn jeder einen Test hat? Und was kostet das?“

Jen Psaki, Sprecherin des Weißen Hauses
APA/AFP/Alex Edelman
„Und was passiert dann, wenn jeder einen Test hat?“

Psakis Antwort wurde von Experten als Eingeständnis eingestuft, dass die Verhinderung einer weiteren CoV-Ausbreitung aus Kostengründen nicht mittels Teststrategie versucht werden könne. Jennifer Nuzzo, leitende Epidemiologin am Johns Hopkins Coronavirus Resource Center, erklärte gegenüber der Zeitung „The Hill“, dass die Regierung den Menschen Steine in den Weg lege. „Am besten wäre es, diese verdammten Dinger wären gratis oder sehr billig und wären überall erhältlich.“

US-Bundesstaaten gehen eigene Wege

Einzelne US-Bundesstaaten setzen bereits auf ein breites Gratisselbsttestangebot. In Colorado kann man sich niederschwellig für das Testprogramm anmelden und bekommt Wohnzimmertests per Post. „Es ist eine zusätzliche Sicherheitsmaßnahme, um Infektionen früher zu erkennen“, so der demokratische Gouverneur von Colorado, Jared Polis. Für Schulen, Gastronomie und andere Berufe mit Kundenkontakt wurde in seinem Bundesstaat zusätzlich ein Testprogramm installiert.

In Massachusetts sollen insgesamt rund zwei Millionen Selbsttests ausgegeben werden. Anders als in Colorado sollen sie aber bevorzugt bei sozial Schwächeren landen und werden an die Stadtverwaltungen von rund 102 Städten mit hohem Anteil an von Armut betroffener Bevölkerung ausgegeben.

New York City verfügt über ein in den USA sehr rares, gut ausgebautes PCR-Testsystem. An vielen Standorten über die Stadt verteilt können sich Einwohnerinnen und Einwohner nach Terminvereinbarung gratis testen lassen. Das Ergebnis kommt innerhalb von 24 Stunden, in den meisten Fällen laut „New York Times“ noch am selben Tag. Wegen der Omikron-Verbreitung kündigte der New Yorker Bürgermeister Bill de Blasio an, in den kommenden Tagen Hunderttausende Masken und Selbsttests zu verteilen.

Tests als teures Privatvergnügen

Aktuell muss man ansonsten, will man sich regelmäßig testen, tief in die Tasche greifen: Rund 25 Dollar (22 Euro) pro Doppelpack kosten die Testkits, die in Super- und Drogeriemärkten erhältlich sind. Grundsätzlich sind Schnelltests in den großen Super- und Drogeriemärkten erhältlich. Die Berichte, dass die Produkte in vielen der unzähligen Walgreen’s- oder CVS-Filialen quer durch die USA ständig vergriffen sind, reißen allerdings nicht ab: Die bisher zugelassenen Anbieter kamen in den vergangenen Monaten kaum nach, das Angebot zu befriedigen.

Anders als in Europa, wo die Hersteller mittels eigenständiger Deklarationen und CE-Kennzeichnung ihre den EU-Vorgaben entsprechenden Produkte von den einzelnen Mitgliedsländern approbieren lassen können, sind die Zulassungsvoraussetzung für Schnelltests in den USA sehr streng. Allein in Österreich sind derzeit 15 Produkte auf dem Markt, europaweit gut 50. In den USA dürfen laut FDA derzeit nur zwölf verschiedene Antigentests verkauft werden, drei davon sind verschreibungspflichtig.

Menschen stehen einer Covid19-Schnellteststation an
Reuters/Mike Segar
Je nach Bundesstaat ist das Testangebot besser – wie etwa in New York – oder schlechter, wie vor allem in ländlichen Gebieten.

Relative Sicherheit für kurze Zeit

Im November 2020 sorgten die USA mit weltweiten Schlagzeilen, als die Arzneimittelbehörde (FDA) dem ersten Antigentest für den Heimgebrauch eine Zulassung erteilte. Mittlerweile sind die Schnelltests weltweit verbreitet und in vielen – vor allem europäischen Ländern – flächendeckend günstig bis gratis jederzeit zu haben. Obwohl immer noch weniger sensitiv als die laborausgewerteten PCR-Tests, bieten sie doch die Möglichkeit relativer Sicherheit für zumindest ein kurzes Zeitfenster.