Passagiere am Flughafen in Paris
Reuters/Sarah Meyssonnier
Angst vor Omikron

Viele Länder verschärfen Reiseregeln

Angesichts der Omikron-Variante verschärft eine zunehmende Zahl an Staaten die Einreisebestimmungen. Frankreich schränkt die Einreise aus Großbritannien ein, Israels Grenzen bleiben für Touristinnen und Touristen geschlossen. Die EU-Staaten konnten indes auf ihrem Gipfel in Brüssel nur einen Minimalkompromiss erzielen – neue Auflagen für Reisende sind nicht ausgeschlossen.

Großbritannien kämpft im Moment gleich mit zwei CoV-Varianten: Die Anzahl der Delta-Fälle ist weiterhin hoch, jene der Omikron-Fälle wächst rasant. Am Donnerstag wurden fast 90.000 Neuinfektionen binnen 24 Stunden gemeldet, ein neuer Tageshöchstwert seit Beginn der Pandemie. In Frankreich sorgt vor allem die starke Ausbreitung der Omikron-Variante im Vereinigten Königreich für Beunruhigung.

Die Einreise aus sowie die Ausreise nach Großbritannien ist daher ab Samstag, 0.00 Uhr, nur noch aus zwingenden übergeordneten Gründen möglich, wie Frankreichs Premierminister Jean Castex am Donnerstag ankündigte. Touristische oder berufliche Gründe gehören nicht dazu. Sowohl Geimpfte als auch Ungeimpfte müssen sich vor einer Reise von Großbritannien nach Frankreich registrieren, einen PCR- oder Schnelltest machen und sich nach der Ankunft in Frankreich an einem Ort ihrer Wahl in Quarantäne begeben. Diese können sie nach einem negativen Test nach 48 Stunden verlassen.

Passanten auf der Westminster Bridge in London
Reuters/Henry Nicholls
In London und vielen anderen Teilen Großbritanniens breitet sich Omikron rasant aus

2-G Plus bei Einreise nach Italien

Frankreich ist nicht das erste EU-Land, das wegen Omikron seine Einreisebestimmungen verschärft. In Italien gilt seit Mittwoch für Einreisende die 2-G-Plus-Regel. Zusätzlich zum Nachweis, geimpft oder genesen zu sein, braucht man einen aktuellen negativen CoV-Test. Auch in Griechenland und Irland müssen Geimpfte und Genesene künftig auch einen negativen Test beim Grenzübertritt vorlegen. Auch in Finnland kommt eine Testpflicht, vorerst allerdings nur für Reisende aus Staaten außerhalb der EU und des Schengen-Raumes.

EU-Kritik an Alleingang

Der Alleingang Roms hatte in Brüssel für Verstimmung gesorgt. „Einzelentscheidungen der Staaten untergraben das Vertrauen der Menschen, dass die Bedingungen überall in der EU gleich sind“, kritisierte die Vizepräsidentin der EU-Kommission, Vera Jourova. „Wenn die Mitgliedstaaten zusätzliche Bedingungen einführen oder die Vorschriften verschärfen, wie im Fall Italiens, muss diese Entscheidung auf der Grundlage der tatsächlichen Situation gerechtfertigt werden“, so Jourova weiter.

Italiens Gesundheitsminister Roberto Speranza wies die Kritik am Donnerstag zurück: „In diesen Stunden kann unsere Priorität nur darin bestehen, unsere Anstrengungen fortzusetzen, um unser Land sicher zu machen.“ Premier Mario Draghi sagte, während die Omikron-Variante in Italien aktuell für nur 0,2 Prozent verantwortlich sei, grassiere die Mutante in anderen Ländern deutlich stärker. „Die Strenge bei der Beachtung der Regeln ist angesichts der neuen Pandemiewelle wichtig“, so Draghi.

Xavier Bettel, IMario Draghi, Kaja Kallas und Mateusz Morawiecki
Reuters/Olivier Hoslet
Italiens Premier Draghi (Zweiter von rechts) verteidigte die Testpflicht für Einreisende gegen Kritik aus Brüssel

Fachleute aus dem Gesundheitsbereich riefen zuletzt zu einer raschen und starken Reaktion auf Omikron auf. Die erstmals in Südafrika entdeckte Variante verbreitet sich mit hoher Geschwindigkeit in Europa. Schon im Jänner oder Februar dürfte sie laut der EU-Gesundheitsbehörde ECDC das Infektionsgeschehen dominieren. In Österreich könnte die Zahl der Neuinfektionen wegen Omikron bereits Anfang Jänner auf 16.000 pro Tag steigen, warnte das CoV-Prognosekonsortium.

Minimalkompromiss auf EU-Gipfel

Auf dem EU-Gipfel in Brüssel wurde am Donnerstag indes um ein gemeinsames Vorgehen gerungen. Mögliche neue Beschränkungen sollen das Funktionieren des Binnenmarkts nicht untergraben und die Bewegungsfreiheit innerhalb der und in die EU nicht „unverhältnismäßig“ behindern, hieß es. Auflagen wie eine Testpflicht auch für geimpfte Reisende schloss der Gipfel nicht aus.

„Weitere abgestimmte Anstrengungen“ seien nötig, um auf Grundlage wissenschaftlicher Daten zu reagieren, heißt es in den gemeinsamen Schlussfolgerungen zum Coronavirus. Zudem sei es wichtig, mit Blick auf die Gültigkeit der EU-CoV-Zertifikate abgestimmt vorzugehen.

Omikron-Welle weitet sich aus

In Großbritannien wurden am Mittwoch innerhalb eines Tages fast 79.000 Neuinfektionen mit dem Coronavirus festgestellt. Die Omikron-Variante dürfte zu den rasch steigenden Ansteckungen führen. Frankreich hat daher die Einreise aus Großbritannien beschränkt.

Luxemburgs Premier Xavier Bettel hatte zuvor erklärt, Reisebeschränkungen seien nicht die Lösung. „Wir sollen auch auf die mentale Gesundheit der Leute gut aufpassen“, so Bettel. Zudem sollten zusätzliche PCR-Tests keine Impfung ersetzen. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) fand die Entscheidung Italiens „zulässig“. Es sei wichtig, dass jeder Staat das für sich entscheide, betonte er.

Der belgische Premierminister Alexander de Croo sagte, er sehe die Lösung im Boostern, betonte aber auch: „Ich verstehe, dass einige Länder versuchen, Impfungen mit Tests zu verbinden.“ Litauens Staatspräsident Gitanas Nauseda betonte auf die Frage nach möglichen Beschränkungen, dass es klare Leitlinien brauche. Griechenlands Regierungschef Kyriakos Mitsotakis sagte, er sehe die Lösung vor allem in Auffrischungsimpfungen. Neue Maßnahmen sollten nur für die Weihnachtszeit gelten, um genügend Zeit für Boosterimpfungen zu gewinnen.

Tourismus: Israel verlängert Einreisestopp

Auch außerhalb der EU versuchen sich Länder bestmöglich gegen Omikron abzuschotten. Israel verlängert das Einreiseverbot für Touristinnen und Touristen um weitere sieben Tage. Damit bleiben die Grenzen für Ausländerinnen und Ausländer bis zum 29. Dezember um Mitternacht geschlossen. Weiterhin müssen damit auch alle Personen mit Wohnsitz in Israel, die aus einem beliebigen Land zurückkehren – darunter auch geimpfte Israelis – bei der Einreise mindestens drei Tage lang in Quarantäne gehen.

Passagier am Ben Gurion Flughafen in Israel
Reuters/Ronen Zvulun
Flughafen Ben Gurion bei Tel Aviv: Israel macht bis Jahresende seine Grenzen für Touristinnen und Touristen dicht

Außerdem erklärte Israel Dänemark und Großbritannien zu „roten Ländern“, in die die Einreise ab Freitag für Israelis verboten ist. Das sind die ersten europäischen Länder aktuell auf der Liste, nachdem Israel bereits fast ganz Afrika als „rote Länder“ ausgewiesen hat.

Ghana schottet sich ab

Auch der westafrikanische Staat Ghana schränkt ab sofort alle Einreisen drastisch ein. Konkret können Menschen nur noch auf dem Luft- oder Seeweg in das Land kommen, Einreisen über Land sind für unbestimmte Zeit nicht möglich. Präsident Nana Addo Dankwa Akufo-Addo begründete die Maßnahme mit einer drohenden vierten Infektionswelle.

„Wir beobachten das Ausmaß an Bedrohung durch die Krankheit und die laufenden Impfungen in unseren Nachbarländern – und sobald wir die Zuversicht haben, dass es sicher ist, werden wir die Grenzen wieder öffnen“, sagte der Präsident. In Afrika spielt sich nach Schätzungen mehr als 80 Prozent des Reiseverkehrs auf dem Landweg ab. Ghana hat seit Ausbruch der Pandemie knapp 132.000 positive Coronavirus-Fälle registriert, von denen 1.255 tödlich verliefen.