Wahlplakate von Edward Leung-hei and Jason Poon in einer Straße von Hongkong
APA/AFP/Bertha Wang
Vor Parlamentswahl

Haftbefehle gegen Hongkonger Aktivisten

In Hongkong sind Haftbefehle gegen fünf Demokratie-Aktivistinnen und -Aktivisten erlassen worden, die von ihrem Exil aus zum Boykott der am Sonntag stattfindenden Parlamentswahl aufgerufen haben sollen. Zur Wahl zugelassen sind als Kandidaten nur „Patrioten“.

Es ist die erste Wahl in Hongkong, seit die chinesische Führung im vergangenen Jahr das umstrittene „Sicherheitsgesetz“ erlassen hatte. Es erlaubt den Behörden in Hongkong ein hartes Vorgehen gegen alle Aktivitäten, die nach ihrer Auffassung die nationale Sicherheit Chinas bedrohen.

Gemäß dem Gesetz wurden am Samstag unter anderem der in Großbritannien lebende Nathan Law beschuldigt, während einer Videokonferenz die Wahlberechtigten in der chinesischen Sonderverwaltungszone dazu aufgefordert zu haben, zu Hause zu bleiben. Andere zu einem Boykott oder zur Abgabe ungültiger Stimmzettel anzustiften, ist in Hongkong nun strafbar.

Die erlassenen Haftbefehle betreffen auch Sunny Cheung, Timothy Lee, Carmen Lau und Kawai Lee, die alle Hongkong verlassen haben. Ihnen drohen bis zu drei Jahre Haft. Die Gruppe veranstaltete am Donnerstag einen Livestream in Onlinenetzwerken, in dem sie angeblich aufforderten, nicht zur Wahl zu gehen. Die Behörden beriefen sich auch auf Onlineinhalte von Cheung, der derzeit in den USA um Asyl ansucht. Zahlreiche Aktivistinnen und Aktivisten waren aus Hongkong nach Einführung des „Sicherheitsgesetzes“ geflohen.

„Pseudodemokratischer Anstrich“

Zuvor hatte Cheung gegenüber der Nachrichtenagentur AFP erklärt, die Menschen dürften „das autokratische Regime nicht unterstützen und ihm helfen, sich einen pseudodemokratischen Anstrich zu geben“. Kritiker sagen, das „Sicherheitsgesetz“ diene zur Beschränkung grundlegender Rede- und Versammlungsfreiheit, Oppositionelle würden zum Schweigen gebracht. Die Regierung in Hongkong argumentiert hingegen, das Gesetz habe die Stabilität nach den Massenprotesten der Vorjahre gegen Chinas Einfluss auf die Demokratie wiederhergestellt.

Die chinesischen Behörden hatten im März trotz internationaler Proteste auch eine radikale Wahlrechtsänderung beschlossen. Das neue Wahlrecht soll sicherstellen, dass in Hongkong nur noch „Patrioten“ als Abgeordnete für das Regionalparlament kandidieren dürfen. Die wichtigsten demokratischen Parteien konnten keine Kandidaten aufstellen.

Radikale Wahlrechtsreform

Zudem wird das Hongkonger Parlament von bisher 70 auf 90 Sitze vergrößert. Nur noch 20 statt wie bisher 35 von ihnen werden durch direkte Wahl besetzt. Dadurch ist es laut der Demokratiebewegung nahezu unmöglich, demokratisch Einfluss zu nehmen.

Hongkong und China

Hongkong war bis 1997 Kronkolonie der Briten. Bei der Übergabe Hongkongs an China wurde die Autonomie der nun ehemaligen Kolonie zugesagt. Nach dem Prinzip „Ein Land – zwei Systeme“ durfte Hongkong das demokratische System behalten. Das Prinzip wurde aber zuletzt wiederholt ausgehöhlt.

Aufrufe zum Wahlboykott in Hongkong sind dem Gesetz zufolge verboten. Es ist allerdings nicht illegal, einen ungültigen Stimmzettel abzugeben oder gar nicht zur Wahl zu gehen. Nun befürchtet die Hongkonger Regierung unter der pekingtreuen Carrie Lam bei der Wahl eine sehr geringe Wahlbeteiligung.

Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtete, versuchen die Behörden daher, die Wahlbeteiligung zu erhöhen. So würden chinesische Banken in der Sonderverwaltungszone ihre Beschäftigten aufrufen, wählen zu gehen. Für Wählerinnen und Wähler sollen zudem die öffentlichen Verkehrsmittel am Sonntag kostenlos sein.