Radfahrer in Amsterdam
AP/Peter Dejong
Omikron

Niederlande über Weihnachten im Lockdown

Die Niederlande gehen über Weihnachten und Neujahr in einen neuen Lockdown. Dieser soll bereits ab Sonntag gelten. Damit wird versucht, eine weitere Ausbreitung der Omikron-Variante aufzuhalten. Auch andere europäische Länder verschärften ihre Maßnahmen. Die britische Hauptstadt London rief am Samstag den Katastrophenfall aus.

„Um es in einem Satz zusammenzufassen: Die Niederlande werden ab Sonntag wieder in den Lockdown gehen“, sagte Regierungschef Mark Rutte am Samstagabend in einer vom Fernsehen übertragenen Pressekonferenz. Die extrem schnelle Verbreitung der Omikron-Variante zwinge zu diesen harten Maßnahmen. „Es ist unvermeidlich. Wir müssen eingreifen, um Schlimmeres zu verhindern“, so Rutte.

Fast alle Geschäfte, Gaststätten, Kultur- und Sporteinrichtungen, Schulen und Friseure müssen zunächst bis 14. Jänner, also bis ins neue Jahr hinein, schließen. Ausgenommen sind nur Einrichtungen wie Supermärkte und Apotheken, die für die Versorgung wichtig sind. Zu Hause darf man nun in der Regel nur noch zwei Gäste empfangen – nur zu Weihnachten sind es vier. Eine Ausgangssperre werde es vorerst nicht geben, sagte Rutte. Bisher galt in den Niederlanden schon ein „Abend-Lockdown“ ab 17.00 Uhr.

ORF-Korrespondentin zur Situation in den Niederlanden

In den Niederlanden sollen die CoV-Maßnahmen weiter verschärft werden. ORF-Korrespondentin Raffaela Schaidreiter berichtet aus Amsterdam.

Mit Auffrischungsimpfungen in Verzug

Das Beratergremium der Regierung hatte wegen der Omikron-Variante dringend zu dem strengeren Lockdown geraten. Es müsse Zeit gewonnen werden, um so viele Menschen wie möglich mit einer Boosterimpfung vor einer Covid-19-Erkrankung zu schützen. Die Niederlande sind im Vergleich zu anderen Ländern mit Auffrischungsimpfungen in Verzug.

Die Verschärfungen hatten sich bereits abgezeichnet. Am Samstag waren im ganzen Land Menschen in die Innenstädte geströmt, und es hatten sich lange Schlangen vor Friseuren und Geschäften gebildet. Viele Niederländer wollten in letzter Minute noch die Weihnachtseinkäufe erledigen. Das Zentrum von Rotterdam war am Samstagnachmittag so überfüllt, dass die Stadtverwaltung dazu aufrief, nicht mehr in die Innenstadt zu kommen.

Menschen in einer Einkaufsstraße in Nijmegen
Reuters/Piroschka Van De Wouw
In Erwartung des Lockdowns wollten viele praktisch in letzter Minute noch Geschenke kaufen

Krankenhäuser unter hohem Druck

Die Omikron-Variante verbreitet sich nach Angaben der Experten viel schneller aus als bisher erwartet. In Amsterdam verdoppelt sich die Zahl der Infektionen alle zwei bis drei Tage. Bereits vor Weihnachten werde diese Variante in der Hauptstadt dominant sein, hieß es. Zurzeit sinkt die Zahl der Neuinfektionen zwar. Doch die Krankenhäuser stehen unter hohem Druck, sodass sie nach Befürchtung der Experten einen weiteren Zustrom von Patienten nicht auffangen könnten.

In den vergangenen sieben Tagen ging die Zahl der Neuinfektionen im Vergleich zur Vorwoche um etwa 24 Prozent zurück. Die 7-Tage-Inzidenz lag am Samstag bei 617. Zum Vergleich: In Österreich wurden zuletzt knapp 243,2 Infektionen pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner in sieben Tagen registriert.

London ruft Katastrophenfall aus

In Großbritannien stieg unterdessen die Zahl der registrierten Infektionen mit der Omikron-Variante sprunghaft. Bis Freitagabend wurden nach Angaben der Gesundheitsbehörden 24.968 Omikron-Fälle bestätigt. Das sind 10.059 mehr oder dreimal so viele Fälle als 24 Stunden zuvor. Die britische Hauptstadt London rief wegen der rasanten Ausbreitung der Omikron-Variante am Samstag den Katastrophenfall aus.

CoV-Maßnahmen international verschärft

Europa gerät wegen der neuen Virusvariante zusehends in Aufregung. Immer mehr Länder reagieren auf die schnelle Ausbreitung der Mutante mit neuen Maßnahmen.

Der Anstieg der Omikron-Fälle sei sehr besorgniserregend, begründete Bürgermeister Sadiq Khan die Maßnahme. Die Virusvariante macht nach Schätzungen von Experten bereits mehr als 80 Prozent aller neuen Covid-19-Fälle in London aus. Bereits Anfang Jänner hatte die Stadt den Katastrophenfall ausgelöst. Damals stand das Gesundheitssystem kurz vor dem Kollaps. Konkret bedeutet das, dass spezielle Notfallpläne in Kraft treten und sich die beteiligten Einheiten enger abstimmen.

In ersten Londoner Krankenhäusern soll bereits Personal auf Intensivstationen und Notaufnahmen umgeschichtet werden, wie die Zeitung „Guardian“ berichtete. In etlichen britischen Städten wurden außerdem wieder Impfzentren geöffnet – auch in Stadien oder auf Weihnachtsmärkten –, wo man sich auch ohne Termin eine Spritze geben lassen kann.

Frankreich führt vielerorts 2-G-Regel ein

Auch die französische Regierung will die Maßnahmen verschärfen und in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens die 2-G-Regel einführen. Dazu soll der bisher notwendige Gesundheitspass in einen Impfpass umgewandelt werden, wie Premierminister Jean Castex ankündigte. Ein negativer Test werde dann nicht mehr ausreichen. Nur wer eine Auffrischungsimpfung erhalten habe oder genesen sei, werde noch einen Pass bekommen.

Ab Ende Jänner soll in Frankreich zudem eine Pflicht zur Drittimpfung für das Pflegepersonal und die Feuerwehr gelten. Gesundheitsminister Olivier Veran sagte am Samstag, diese Maßnahme sei angesichts der zunehmenden Omikron-Ausbreitung notwendig. Mit Portugal weitet Frankreich zudem die CoV-Impfungen auf jüngere Kinder aus. In Portugal werden seit Samstag Kinder zwischen fünf und elf Jahren geimpft, in Frankreich sollen die Kinderimpfungen am Mittwoch starten.

Schweiz beschließt Homeoffice-Pflicht

Die Schweiz beschloss am Freitag schärfere Regeln, darunter eine Rückkehr zur Homeoffice-Pflicht. Zudem gelte für zahlreiche öffentliche Einrichtungen die 2-G-Regel, teilte der Bundesrat am Freitag mit. Nur Geimpfte und Genesene hätten künftig noch Zutritt zu Restaurants, Kultur-, Sport- und Freizeitbetrieben sowie zu Veranstaltungen in Innenräumen. Zu privaten Treffen sind nur zehn Menschen – einschließlich Kinder – zugelassen, falls einer der Teilnehmer nicht geimpft oder genesen ist.

Mit den Maßnahmen sollen vor allem Infektionen von Ungeimpften verhindert werden. Diese übertragen nach Behördenangaben das Virus leichter und weisen ein höheres Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf auf. Die große Mehrheit der Intensivpatienten in der Schweiz ist ungeimpft.

Österreich verschärft Einreiseregeln

Im Gegensatz zu Österreich lockerte die Schweiz aber die Einreisebestimmungen. Während seit Anfang Dezember auch für Geimpfte ein PCR-Test für die Einreise nötig war, reicht ab 20. Dezember ein Antigen-Schnelltest, der höchstens 24 Stunden vor Grenzüberschreitung gemacht wurde. Zudem müssen sich Geimpfte und Genesene nicht mehr wie bisher einem zweiten Test nach vier bis sieben Tagen unterziehen. Die Regel bleibt nur für Ungeimpfte in Kraft.

Österreich lässt ab Montag unterdessen nur noch Reisende mit 2-G-Nachweis ins Land. Wie das Gesundheitsministerium bekanntgab, müssen Geimpfte und Genesene bei der Einreise zusätzlich eine Auffrischungsimpfung oder einen aktuellen PCR-Test nachweisen. Andernfalls müssen sie in Quarantäne, die erst durch einen negativen PCR-Test beendet werden kann.

„Diese verschärften Einreisebestimmungen bringen große Herausforderungen mit sich, vor allem für Personen, welche über die Weihnachtsfeiertage ins Ausland reisen“, sagte Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne). „Sie sind jedoch gerade zum jetzigen Zeitpunkt notwendig, um einer Ausbreitung von Omikron in Österreich entgegenzuwirken.“

Auch Deutschland vor Reiserestriktionen

Auch Deutschland steht vor einer Verschärfung der Einreiseregeln. Reisende ab sechs Jahren aus Ländern, die als Virusvariantengebiet eingestuft sind, sollten nur noch gegen Vorlage eines negativen PCR-Tests einreisen dürfen, heißt es in einem am Samstag von den Gesundheitsministern der deutschen Bundesländer gefassten Beschluss. Ein Antigen-Schnelltest solle hierfür nicht mehr zulässig sein.

Diese Regelung solle auch für Personen gelten, die in der Bundesrepublik auf einem Flughafen lediglich umsteigen, heißt es weiter. Deutschlands Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) begrüßte den Vorstoß. „Die Einreise sicherer zu machen, hilft, damit sich die Omikron-Variante nicht so schnell ausbreitet“, sagte Lauterbach. „Verhindern können wir die Verbreitung nicht, nur verzögern.“

Italien prüft Verschärfungen

Auch Italien prüft, zusätzliche Restriktionen zu ergreifen. Der italienische Premier Mario Draghi habe für Donnerstag eine Sondersitzung einberufen, bei der die CoV-Maßnahmen verschärft werden sollen, kündigte Gesundheitsstaatssekretär Andrea Costa am Samstagabend an. Geprüft wird die Wiedereinführung der Maskenpflicht im Freien. Geimpfte könnten für Events in geschlossenen Räumen wie in Diskotheken aufgerufen werden, einen negativen Test vorzuweisen. Die Impfpflicht könnte auf weitere Berufsgruppen ausgedehnt werden.

Gesundheitsminister Roberto Speranza ordnete an, dass ab Montag die Regionen Marken, Ligurien, Venetien und die Autonome Provinz Trient in die sogenannte Gelbe Zone fielen. Damit müssen sich die Menschen vor allem auf eine wichtige Änderung einstellen: Maskentragen auch im Freien. In der Gelben Zone sind bereits Südtirol, Kalabrien und Friaul-Julisch Venetien. Rom entscheidet über die Einteilung in die verschiedenen Zonen abhängig von den regionalen Fallzahlen und Krankenhausbelegungen mit Covid-19-Patienten.