Straßenszene in London
Reuters/Peter Nicholls
60 Prozent aller Fälle

Omikron in England nun dominant

Omikron ist in England zur dominierenden Variante des Coronavirus geworden. 60 Prozent aller Fälle im Land seien nun Omikron-Infektionen, sagte der britische Gesundheitsminister Sajid Javid am Sonntag im Sky-News-Interview. Die britische Hauptstadt London hatte am Vortag den Katastrophenfall ausgerufen.

Die hochansteckende Variante hatte sich in den vergangenen Wochen rasant ausgebreitet: Allein am Samstag wurden in ganz Großbritannien 10.059 neue Omikron-Fälle gemeldet – dreimal so viele wie 24 Stunden zuvor. Auch in Irland und Schottland ist Omikron bereits dominant. Gleichzeitig spitzt sich in Großbritannien, wo bisher noch recht weitreichende Freiheiten gelten, die Debatte über schärfere CoV-Maßnahmen zu.

Medienberichten zufolge laufen Diskussionen über eine Art Wellenbrecher-Lockdown nach den Weihnachtstagen. Wissenschaftliche Berater forderten eine möglichst schnelle Verschärfung der Maßnahmen, um eine Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern. Man sei „fast sicher, dass es aktuell Hunderttausende neue Omikron-Infektionen pro Tag“ in England gebe – also eine hohe Dunkelziffer. Einige Modellierer warnten dem „Guardian“ zufolge, ohne schärfere Maßnahmen drohten bis zum Jahreswechsel bis zu zwei Millionen Neuinfektionen täglich.

Ton gegen Ungeimpfte wird schärfer

Gesundheitsminister Javid verschärfte den Ton gegenüber den rund fünf Millionen Ungeimpften – etwa zehn Prozent der Bevölkerung. „Sie müssen wirklich über den Schaden nachdenken, den sie der Gesellschaft antun, indem sie Krankenhausbetten belegen, die ansonsten für jemand anderen genutzt werden könnten, vielleicht jemanden mit einem Herzproblem oder einer Operation“, sagte der Minister bei Sky News.

Javid verwies darauf, dass zwei Impfungen nicht mehr ausreichen würden, um vor einer Infektion zu schützen, und appellierte daher, sich ein drittes Mal impfen zu lassen. Generell hofft die Regierung von Boris Johnson, sich weitgehend auf den Schutz der Impfungen verlassen zu können, und startete eine Massenboosteraktion, um noch vor Jahresende so viele Menschen wie möglich impfen zu lassen. In etlichen britischen Städten wurden wieder Impfzentren geöffnet – auch in Stadien oder auf Weihnachtsmärkten –, wo man sich ohne Termin eine Spritze geben lassen kann.

London ruft Katastrophenfall aus

Die britische Hauptstadt London rief wegen der rasanten Ausbreitung der Omikron-Variante am Samstag den Katastrophenfall aus. Der Anstieg der Omikron-Fälle sei sehr besorgniserregend, begründete Bürgermeister Sadiq Khan die Maßnahme. Die Virusvariante macht nach Schätzungen von Experten bereits mehr als 80 Prozent aller neuen Covid-19-Fälle in London aus.

Straßenszene in London
APA/AFP/Tolga Akmen
Vor Weihnachten ist in London noch Shopping angesagt

Bereits Anfang Jänner hatte die Stadt den Katastrophenfall ausgelöst. Damals stand das Gesundheitssystem kurz vor dem Kollaps. Konkret bedeutet das, dass spezielle Notfallpläne in Kraft treten und sich die beteiligten Einheiten enger abstimmen. In ersten Londoner Krankenhäusern soll bereits Personal auf Intensivstationen und Notaufnahmen umgeschichtet werden, wie die Zeitung „Guardian“ berichtete.

CoV-Maßnahmen international verschärft

Die Omikron-Variante des Coronavirus sorgt aktuell weltweit für neue Maßnahmen. In Europa schärfen unter anderem die Niederlande, Dänemark und Großbritannien nach.

Bedenken gegen Johnsons Kurs

Tory-Abgeordnete verschiedener Strömungen lehnen neue CoV-Regeln strikt ab. Sie befürchten erhebliche Schäden für die Wirtschaft, wenn Zutritt zu Veranstaltungen nur mit dem Nachweis einer Impfung, einer Genesung oder eines negativen Tests möglich ist. Das bekam Johnson am Dienstag zu spüren, als er nur mit den Stimmen der Opposition seine umstrittenen Pläne für 3-G-Regeln für Clubs und Großveranstaltungen durchs Unterhaus gebracht hatte. 99 Abgeordnete seiner Konservativen stimmten dagegen. Johnson hat eine Mehrheit von 79 Sitzen im Parlament.

Samstagnacht trat schließlich Brexit-Minister David Frost aus Bedenken über die Richtung der Johnson-Regierung zurück. Eine namentlich nicht genannte Quelle sagte der „Mail on Sunday“, Frost lehne unter anderem die Einführung der 3-G-Nachweise in bestimmten Bereichen ab. Auch die höheren Ausgaben für den Weg zur Klimaneutralität sowie Steuererhöhungen sollen Frost ein Dorn im Auge gewesen sein.