Frau mit FFP2-Maske auf einer Straße mit weihnachtlicher Lichterkette
Reuters/Annegret Hilse
Deutschland

Strenge Kontaktbeschränkungen beschlossen

Der neue deutsche Kanzler Olaf Scholz (SPD) muss zu Beginn seiner Amtszeit gleich schlechte Nachrichten überbringen: Wegen der Omikron-Variante wurden drastische Verschärfungen der CoV-Maßnahmen beschlossen. Diese sollen nach Weihnachten in Kraft treten. Ein Lockdown ist aber nicht geplant.

„Ich hätte Ihnen gerne erfreulichere Nachrichten kurz vor den Weihnachtsfeiertagen mitgeteilt“, sagte Scholz am Dienstag nach Beratungen mit den deutschen Bundesländern. „Diese Pandemie strengt uns alle an. Wir alle sind mürbe und der Pandemie müde. Das hilft aber nichts. Wir müssen abermals zusammenstehen und auch in vielen Fällen eben Distanz halten.“

Die Kontaktbeschränkungen sollen auch geimpfte und genesene Personen betreffen: Dann sind private Zusammenkünfte für sie nur noch mit maximal zehn Personen erlaubt. Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres sind davon ausgenommen. Zudem dürfen überregionale Großveranstaltungen nur noch ohne Zuschauer stattfinden.

D: Mehr Einschränkungen wegen Omikron

Angesichts der Omikron-Gefahr sollen in Deutschland spätestens ab 28. Dezember schärfere Kontaktbeschränkungen auch für Geimpfte und Genesene gelten. Darauf hätten sich Bund und Länder in ihrer Videokonferenz heute verständigt. Private Zusammenkünfte von Geimpften und Genesenen sollen „spätestens“ ab dem 28. Dezember nur noch mit maximal zehn Personen erlaubt sein – Kinder ausgenommen.

Clubs und Diskotheken müssen deutschlandweit geschlossen werden, Tanzveranstaltungen sind verboten. Das war bisher schon in vielen deutschen Bundesländern der Fall, wurde aber von einigen anders gehandhabt. Diese Regeln sollen „spätestens“ am 28. Dezember in Kraft treten. Mit Blick auf Silvester sagte Scholz: „Es ist derzeit nicht mehr die Zeit für Partys und gesellige Abende in großer Runde.“

„So schnell wie erhofft ist es nicht vorbei“

Man befinde sich angesichts der drohenden Omikron-Welle in einer seltsamen Zwischenzeit, so Scholz. Die jüngst beschlossenen Maßnahmen gegen die Pandemie zeigten Wirkung, man bekomme die vierte Welle langsam in den Griff. Aber es drohe bereits die fünfte Welle. „So schnell wie erhofft ist es nicht vorbei.“ Omikron werde die Zahl der Infektionen stark steigen lassen, sagte Scholz. „Darauf müssen wir uns jetzt einstellen.“ Omikron sei aggressiver und drohe den Impfschutz zu unterlaufen. Erst eine Auffrischungsimpfung gebe einigermaßen Schutz.

Deutscher Kanzler Olaf Scholz
APA/AFP/Bernd von Jutrczenka
Olaf Scholz verkündete neue Verschärfungen. Ein Lockdown kommt vorerst aber nicht.

Deutschland strebt als „Zwischenziel“ eine Impfquote von mindestens 80 Prozent an. „Impfen, Impfen, Impfen bleibt unser Ziel“, sagte Scholz weiter. 73,5 Prozent der Deutschen hätten inzwischen mindestens eine Impfung. Diese Quote müsse steigen. Auch eine Impfpflicht halte er „irgendwann“ für erforderlich: „Das wird uns nicht so schnell verlassen – das Thema Corona.“

Unstimmigkeiten mit dem RKI

Zuvor war es am Dienstag zu Unstimmigkeiten zwischen Politik und dem deutschen Robert-Koch-Institut (RKI) gekommen. Das Institut hatte vor dem Gipfel der neuen „Ampelregierung“ und den Bundesländern sofort „maximale Kontaktbeschränkungen“ gefordert. Auf dem Gipfel wurde das Vorpreschen laut dpa kritisiert, die Veröffentlichung sei „nicht abgestimmt“ gewesen.

Die Beschlüsse der Regierung blieben dann hinter den Forderungen des RKI weit zurück. Scholz verteidigte am Dienstag die nun beschlossenen Maßnahmen. „Was wir jetzt haben, ist sofortige Kontaktbeschränkung“, sagte er. Die Beschlüsse stünden nicht im Widerspruch zu den RKI-Empfehlungen. „Ich bin sehr dankbar für die Arbeit, die das RKI leistet“, sagte Scholz.

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) verteidigte die Maßnahmen ebenfalls, schloss zugleich aber auch härtere Schritte nicht aus. „Das, was wir heute beschlossen haben, das erzielt Wirkung“, versicherte Lauterbach am Dienstagabend in einem Interview der ARD-Sendung „Tagesthemen“. „Aber wir schließen nichts aus. Also wenn tatsächlich die Fallzahlen sich so entwickeln würden, dass auch ein harter Lockdown diskutiert werden muss, dann gibt es da keine roten Linien. Zum jetzigen Zeitpunkt sind wir da nicht.“

Streeck: Schritte derzeit ausreichend

Auch der Virologe Hendrik Streeck, Mitglied des neu geschaffenen Expertengremiums, verteidigte die Maßnahmen als ausreichend. Streeck wies am Dienstagabend im ZDF darauf hin, dass die Inzidenzen in Deutschland – anders als in anderen Ländern – zuletzt immer noch gefallen seien. Deshalb sei es auch gerechtfertigt, dass die geplanten Kontaktbeschränkungen erst nach Weihnachten greifen sollten – und nicht schon während der Feiertage.

Mehrere Länder zeigten sich allerdings unzufrieden. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer nannte die Beschlüsse eine „vertane Chance“. Das sehe auch Baden-Württemberg so. Den nächsten Termin für die Bund-Länder-Konferenz – den 7. Jänner – sei wahrscheinlich zu spät: „Die Dynamik, die wir derzeit erleben, ist sehr groß.“