Gondeln bei einer Bergstation im Winter
ORF.at/Christian Öser
Neue Einreiseregeln

Tourismus klagt über Stornowelle

Um im Kampf gegen die Ausbreitung der Omikron-Variante Zeit zu gewinnen, sind die Einreiseregeln nach Österreich verschärft worden. Mit Großbritannien, Norwegen, Dänemark und den Niederlanden wurden vier äußerst wichtige Herkunftsländer von Touristinnen und Touristen zu Virusvariantengebieten erklärt. Die Empörung im Tourismus ist groß – der bereits eingetretene Schaden sei „enorm“, hieß es von der Hoteliervereinigung. Die Stornowelle rolle.

Die Entscheidung, diese vier Länder zu Virusvariantengebieten zu erklären, komme zu kurzfristig, sagte der Vizepräsident der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV), Walter Veit, gegenüber dem Ö1-„Morgenjournal“. „Wir schaffen es nicht, die Gäste darauf vorzubereiten – in vielen Ländern kann man nicht von heute auf morgen einen PCR-Test machen, wenn man verreisen will.“

Hintergrund: Bei Einreise aus einem Virusvariantengebiet sind die Regeln ab 25. Dezember auf Betreiben der neuen gesamtstaatlichen Covid-Krisenkoordination (GECKO) noch schärfer als die üblichen Regeln, denn es wird grundsätzlich zwingend eine Quarantäne von zehn Tagen notwendig. Ausgenommen davon sind lediglich dreifach Geimpfte mit gültigem PCR-Test. Zur Illustration der Tragweite etwa im Falle der Niederlande: Dort verfügen derzeit nur etwa 8,7 Prozent über eine dritte Impfung.

„Die Letzten, die gebucht haben, stornieren jetzt“

„Die Letzten, die gebucht haben, stornieren jetzt auch schon“, so ÖHV-Vize Veit. Zur Veranschaulichung verwies er auf eine Umfrage in der Hotellerie innerhalb der ÖHV: "Binnen zwei Stunden haben sich 450 Kollegen zurückgemeldet (…), die Stornoquote für die nächste und übernächste Woche beträgt 46 Prozent. Auch im Jänner und Februar setze sich dieser Trend fort. Die Hotels blieben nun auch auf der bestellten Frischware sitzen.

„Schwachsinn“, „völlig fassungslos“

Dieser Umstand sorgt auch in der Gastronomie für Frustration – neben der ebenso verfügten, früheren Sperrstunde. Ab 27. Dezember wird die Sperrstunde in ganz Österreich von derzeit 23.00 auf 22.00 Uhr vorverlegt. Das gilt auch zu Silvester – und zwar nicht nur in der Gastronomie, sondern auch in allen Tourismusbetrieben sowie für Events und Veranstaltungen in der Kultur. Ein Ausweichen auf Hotelbars oder -restaurants wird somit ausgeschlossen.

Wie auch die Hotellerie befürchtet die Gastronomie enorme Umsatzeinbußen und eine Stornowelle – aus beiden Branchen kommen Forderungen nach Aufstockung der Hilfsmaßnahmen. Angesichts der früheren Sperrstunde für die Gastro ist in der Branche sogar von „Schwachsinn“ die Rede – mehr dazu in salzburg.ORF.at. Auch der oberösterreichische Wirtesprecher übt herbe Kritik – Silvester sei „gelaufen“ – mehr dazu in ooe.orf.at. „Wir sind völlig fassungslos, die Branche ist am Boden zerstört“, sagte WKÖ-Obmann der Gastronomie, Mario Pulker, am Donnerstag im Ö1-„Morgenjournal“.

Kritik an Vorverlegung der Sperrstunde

Die neuen CoV-Maßnahmen sorgen für viel Unmut. Vor allem die Vorverlegung der Sperrstunde auf 22.00 Uhr stößt in der Gastronomie auf Kritik.

Mit dem Vorziehen der Sperrstunde nehme man wieder Infektionen in Kauf: „Was wird passieren? Die Leute feiern zu Hause weiter, treffen sich mit anderen Leuten im privaten Bereich, wo nicht kontrolliert wird“, so Pulker. Herbe Kritik bekam der grüne Gesundheitsminister zu hören: Wolfgang Mückstein solle sich überlegen, „ob er nicht zu seinem angestammten Amt zurückkehrt und das Ministeramt sein lässt und es jemandem anderen übergibt, der das sicher besser machen könnte“, so Pulker. Und Stefan Ratzenberger, Obmann des Verbandes Österreichischer Nachtgastronomen (VÖNG), forderte gleich den sofortigen Rücktritt Mücksteins.

Hörl: Mückstein hat „Desaster“ angerichtet

Auch von ÖVP-Tourismussprecher und Seilbahnenvertreter Franz Hörl kam scharfe Kritik. Freilich richtete Hörl seine Kritik nicht gegen die eigene Partei, die die Verschärfungen mitbeschlossen hatte, sondern gegen Mückstein. Die „Schlangenlinien“ des Ministers würden „Schäden“ verursachen, so Hörl. „Ob aus Unwissenheit, aus Wirtschaftsfeindlichkeit oder aus Ignoranz ist dabei sekundär. Was bleibt, ist ein Desaster“, so Hörl in einer Aussendung.

Skifahrer in Flachau
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Rückschlag für Wintertourismus – Branchenvertreter üben scharfe Kritik an den neuen Maßnahmen

Man kritisiere dabei nicht die Maßnahmen an sich – „das machen mittlerweile arrivierte Experten“, sagte Hörl in einer Aussendung, aber: „In weniger als einer Woche hat der zuständige Gesundheitsminister seine eigenen Ankündigungen und Verordnungen so oft geändert, gelockert und schließlich verschärft, dass sich nicht einmal mehr erfahrene Juristen auskennen.“ Mücksteins „Chaosverordnungen“ würden Vertrauen zerstören, „nützen wenig bis gar nichts“ und seien „unerträglicher Ausdruck von Unfähigkeit und Ignoranz“, schoss der Zillertaler Hotelier scharf gegen den Minister.

Es könne nicht sein, dass dieser seine „Alleingänge“ weiter fortführe. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) sei gefordert, hinsichtlich des Gesundheitsministers „seinen Einfluss geltend zu machen“, sprach sich Hörl für ein innerkoalitionäres Machtwort aus. Auf die Frage, ob er den Rücktritt des Ministers verlange, sagte der ÖVP-Mandatar: „Ich bin nicht Teil der Regierung. Ich habe das nicht zu entscheiden.“

„Degradiert unsere Häuser zu Gefängnissen“

Mehr als ein Dorn im Auge sind Hörl auch die Beschränkungen über die Feiertage: „Wer meint, die Infektionslage mit dem Verbot von Silvesterfeiern in Hotels und Gaststätten zu verbessern, der erreicht das Gegenteil. Man verdrängt die Menschen aus Orten, an denen der 2-G-Status kontrolliert wird, in das absolut unkontrollierbare private Umfeld.“ In einem Hotel oder der gehobenen Gastronomie die Sperrstunde auf 22.00 Uhr vorzuverlegen, sei „lebensfremd und degradiert unsere Häuser zu Gefängnissen“.

Platter mit Kritik an der Sperrstundenregelung

Speziell aus Tirol hatte es zuletzt unter anderem von Tourismusvertretern große Kritik an den geplanten Verschärfungen für Einreisende von wichtigen Märkten gegeben. In den Wintersporthotspots sei die Verunsicherung schon vor Omikron spürbar gewesen, so der Tenor. In manchen Destinationen seien die Buchungen von 90 auf 65 Prozent gesunken, seit bei der Einreise PCR-Tests verpflichtend sind.

Auch Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP), der ansonsten hinter den Maßnahmen steht, hatte am Mittwoch Kritik an der Sperrstundenregelung geäußert. „Einige Bundesländer“, darunter Tirol, hätten sich in der Sitzung klar gegen eine Vorverlegung ausgesprochen, so Platter, der wie Hörl argumentierte, dass sich das Infektionsgeschehen, dadurch in den privaten Bereich verlagere.

„Quasilockdown“ für Tourismusbetrieb

Für den Tourismusobmann in der Tiroler WKO, Mario Gerber, kommen die Verschärfungen einem „Quasilockdown“ für Tourismusbetriebe gleich. Vor allem der Tourismus in Innsbruck werde damit getroffen, weil die Weihnachts- und Silvestertage sonst volle Betten in der Stadt garantierten und auch schon gut gebucht gewesen seien, ergänzte die Geschäftsführerin von Innsbruck Tourismus, Karin Seiler.

Mit der Sperrstunde von 22.00 Uhr falle Silvester praktisch aus. Stornos kämen jetzt am laufenden Band. Entsprechendes wird auch aus der steirischen Region Schladming-Dachstein gemeldet – mehr dazu in steiermark.ORF.at.

Österreich nicht mehr Hochrisikogebiet für Deutschland

Doch gab es am Donnerstag auch gute Nachrichten: So steht Österreich ab Samstag nicht mehr auf der deutschen Liste der Hochrisikogebiete. Das gab das deutsche Robert-Koch-Institut (RKI) am Donnerstag bekannt. Seit 14. November hatte ganz Österreich als Hochrisikogebiet gegolten, mit Ausnahme der Gemeinden Mittelberg (Vorarlberg) und Jungholz sowie dem Rißtal (beide Tirol), die nur von Deutschland aus zugänglich sind.

Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) begrüßte die Entscheidung angesichts der Bedeutung deutscher Urlauberinnen und Urlauber für die österreichische Tourismusbranche: „Deutschland gehört mit rund 37 Prozent aller Nächtigungen in der Wintersaison zum größten und wichtigsten Herkunftsmarkt für unseren Tourismus. (…) Das ist genau der richtige Schritt und ein motivierendes Signal – vor allem für unsere Gastronomie- und Hotelleriebetriebe“, hieß es in einer Aussendung.

„Zeit ist entscheidender Faktor“

Verkündet wurden die neuen Maßnahmen erstmals nicht mehr von der Regierung, die gemeinsam mit den Landeshauptleuten tagte, sondern von der Generaldirektorin für die Öffentliche Gesundheit, Katharina Reich, die an der GECKO-Spitze steht. Wie sie bei einem Pressestatement sagte, seien die Vorschläge der Gruppe von Bund und Ländern einhellig angenommen worden. Inwieweit die verkündeten Maßnahmen ausreichen oder es noch zusätzlicher Schritte bedarf, wird nächste Woche in einer neuerlichen GECKO-Sitzung beraten.

Statement von Chief Medical Officer Katharina Reich

Die Gastronomie muss ab 27. Dezember um 22.00 Uhr sperren. Diese neue Regel gilt auch zu Silvester. Generell wird von Silvesterfeiern abgeraten. Das gab Chief Medical Officer Katharina Reich von der gesamtstaatlichen Covid-Krisenkoordination (GECKO) am Mittwoch nach einem Krisengipfel im Bundeskanzleramt bekannt.

Reich sagte, die neue Virusvariante Omikron stelle das Land vor die „nächste epidemiologische Herausforderung“. Es gebe bereits internationale Reaktionen auf die drastisch steigenden Infektionszahlen – auch hierzulande werde es zu drastischen Änderungen kommen. „Wir wissen noch bei Weitem nicht alles über die neue Variante, aber was wir wissen: Omikron ist schnell, wir müssen entsprechend rasch reagieren.“ Auch Gesundheitsminister Mückstein betonte den Zeitfaktor: „Wir müssen die Zeit jetzt nutzen, um uns zu impfen und uns weiterhin gut vorzubereiten.“

Neue Regeln für Veranstaltungen

Auch bei Veranstaltungen gibt es neue Regeln. Zusammentreffen ohne zugewiesene Sitzplätze sollen ab dem 27. Dezember nur noch mit maximal 25 Personen möglich sein – und zwar drinnen wie draußen, dabei gilt weiterhin die 2-G-Regel.

Werden die Plätze zugewiesen, so können maximal 500 Personen zusammenkommen. Höchstens 1.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind gestattet, sofern zusätzlich zur 2-G-Regel auch ein PCR-Test verlangt wird. Bis zu 2.000 Personen dürfen an einem Event teilnehmen, wenn diese dreifach geimpft sind und zusätzlich ein PCR-Test vorgelegt wird.

Kulturbranche „überrascht“

Die neuen Regeln betreffend Veranstaltungen stellen auch die Kulturbranche vor neue Herausforderungen. Betroffen ist etwa auch das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker – in welcher Form es stattfinden wird, wollen die Philharmoniker bis Donnerstag entscheiden. Auch in der für die Staatsoper, das Burgtheater und die Volksoper zuständigen Bundestheater-Holding wurde man von der Nachricht kalt erwischt.