Sektfalschen
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EU-Normen für Briten passe

Pint-Sektflasche soll Comeback feiern

Rund ein Jahr nach dem Bruch mit der EU wollen die Briten einem Bericht zufolge ihre neuen Freiheiten nutzen, um Sektflaschen mit dem Volumen eines Pint-Glases wieder einzuführen. „Pintgroße Flaschen waren ein Opfer des Feldzugs der EU gegen imperiale Maßeinheiten, die in unserem Land weit verbreitet und bekannt sind“, so eine nicht genannte Regierungsquelle zum „Telegraph“. „Jetzt, wo wir die EU verlassen haben, können wir solche Regeln loswerden.“

Die Regierung arbeite daran, diese zu ändern, so die Quelle zu der Zeitung. Nach EU-Normen werden Wein und Schaumwein in 0,75-Liter-Flaschen verkauft, kleinere Varianten sind die halbe Flasche (0,375 Liter) und der Piccolo (0,2 Liter). Dem Bericht zufolge sollen früher rund 60 Prozent des im Vereinigten Königreich verkauften Sekts in pintgroßen Flaschen verkauft worden sein. Das „Imperial Pint“ umfasst 0,568 Liter, es gibt allerdings auch eine kleinere Version, das „Modern Pint“, mit 0,5 Litern.

Außenministerin Liz Truss, die neuerdings für die Beziehung Großbritanniens zur EU zuständig ist, soll mehrere aus EU-Zeiten übrig gebliebene Regeln und Normen unter die Lupe nehmen wollen. Der konservativen Politikerin, die vor dem Brexit-Referendum noch für den Verbleib ihres Landes in der EU warb, könnte das leicht verdiente Pluspunkte bei überzeugten Brexiteers einbringen. Truss werden Ambitionen nachgesagt, früher oder später Boris Johnson in der Downing Street abzulösen.

Außenministerin Liz Truss
APA/AFP/Oli Scarff
Die britische Außenministerin Truss soll Regeln und Normen aus EU-Zeiten unter die Lupe nehmen wollen

Unzen und Pfund wieder eingeführt

Im Sommer hatte die britische Regierung zur Freude der Brexit-Anhängerinnen und -Anhänger schon den Weg dafür freigemacht, dass Lebensmittelhändler wieder imperiale Maßeinheiten wie Unzen und Pfund als Angabe von Gewichten nutzen. Auch gefeiert wurde, dass die königliche Krone wieder auf Pint-Biergläser geprägt werden darf. Das Symbol – der „Crown Stamp“ – galt jahrhundertelang als Beleg für die korrekte Eichung der Gefäße, musste aber 2007 dem EU-einheitlichen CE-Zeichen weichen.

Für die Brexiteers sind EU-Regeln, die Einheitlichkeit gesetzlich vorschreiben, eine emotionale Frage. „Take back control“ („die Kontrolle zurückgewinnen“) war das zentrale Versprechen der „Leave“-Kampagne – sei es bei den Grenzen der Insel oder eben bei mittelgroßen Sektflaschen. Die neuen alten Flaschen könnten, wenn sie von allen Seiten grünes Licht bekommen, im kommenden Jahr wieder in britischen Supermärkten im Regal stehen.

Ein Pint Glas mit „Crown Stamp“
Der „Crown Stamp“ ist zurück auf den Pint-Biergläsern

Bisher kaum positive Effekte durch Brexit

Der Fokus auf uralte Traditionen könnte auch daher rühren, dass man bedeutendere wirtschaftliche Chancen oder positive Effekte durch den Brexit bisher vergeblich suchen muss. Im Gegenteil: In den vergangenen Monaten zeigte sich eindrücklich, was alles nicht mehr geht, wenn Arbeitskräfte aus der EU auf einmal fehlen: In Supermarktregalen klafften Lücken, und Tankstellen saßen auf dem Trockenen, weil nicht genug Menschen da waren, um Lastwagen von A nach B zu fahren.

„Der gesamte Effekt des Brexits auf die britische Wirtschaft und den Lebensstandard der Menschen scheint negativ“, schreibt die „Financial Times“ unter Berufung auf Ökonomen ein Jahr nach dem mühsam zwischen London und Brüssel ausgehandelten Handelspakt. Ob die neuen Sektflaschen den vom „Telegraph“ beschworenen „EU-Kater“ also wirklich lindern können, wird sich erst in den nächsten Jahren zeigen.