Bläschen in einem Sektglas.
APA/Barbara Gindl
Sperrstunde zu Silvester

Änderung in letzter Minute verlangt

Der Ärger über die Sperrstunde um 22.00 Uhr, auch zu Silvester, ist groß, die Rufe nach Ausnahmen werden lauter. Tourismusvertreter und -vertreterinnen aus der ÖVP rufen gar Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) zu einem Machtwort auf. Auch Teile der Opposition sind gegen das frühe Zusperren zum Jahreswechsel. Das Gesundheitsministerium sieht darin allerdings eine Vorsichtsmaßnahme angesichts der Omikron-Variante.

Mit Montag traten die neuen Regeln in Kraft: Die Sperrstunde liegt nun bei 22.00 Uhr, das betrifft Gastronomie und Hotellerie. Auch für Silvester wird keine Ausnahme gemacht. Zahlreiche Touristikerinnen und Touristiker erzählen von Buchungsstornos wegen der vorverlegten Sperrstunde. "Wir haben Betriebe dabei, die nur in dieser einen Nacht bis zu 100.000 Euro verlieren“, so etwa der Salzburger Tourismussprecher Albert Ebner – mehr dazu in salzburg.ORF.at.

Hotels und Gastrobetriebe hatten bereits Veranstaltungen geplant und entsprechend eingekauft. Zuvor war ja noch die Rede davon gewesen, dass zum Jahreswechsel länger offen bleiben dürfe.

Seit Tagen gehen daher die Wogen hoch. Wirtschaftskammer, Touristiker und Gastro hatten eine Änderung verlangt. Der Tiroler ÖVP-Tourismussprecher Franz Hörl beschuldigte Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne), ein „Desaster“ veranstaltet zu haben. Stefan Ratzenberger, Obmann des Verbandes Österreichischer Nachtgastronomen (VÖNG), forderte überhaupt den sofortigen Rücktritt Mücksteins.

Machtwort erbeten

Am Montag brodelte es im Tiroler Tourismus weiter. Tourismusvertreterinnen und -vertreter aus der ÖVP wollen nun ein Eingreifen von Bundeskanzler Nehammer. „Ich appelliere an den Bundeskanzler, mit dem grünen Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein das Gespräch zu suchen, damit er von dieser Regelung wieder absieht“, sagte der Tourismusobmann in der Tiroler Wirtschaftskammer und Landtagsabgeordnete Mario Gerber zur APA.

Stornierungen wegen Silvestersperrstunde

Ab Montag muss die Gastronomie in Österreich täglich schon um 22.00 Uhr schließen. Diese vorgezogene Sperrstunde gilt auch zu Silvester. Für die Gastronomiebranche bedeutet das wirtschaftlich einen immensen Schaden. Wegen der frühen Sperrstunde feiern die meisten Gäste den Jahreswechsel nicht in Lokalen und Hotels, sondern zu Hause.

Man solle die Sperrstunde im Sinne einer Ausnahmeregelung auf 23.00 Uhr anheben und zu Silvester auf 1.00 Uhr festlegen. Das sei zwar auch alles andere als optimal, aber noch akzeptabel. Mückstein setze mit der jetzigen Regelung „Existenzen aufs Spiel“, so Gerber, der von einer „dramatischen Situation“ für die Hotels und Gastronomen sprach. Vor allem die Sperrstunde in der Hotellerie sei „ein Wahnsinn“. Niemand verstehe das – vor allem auch nicht die Gäste. Diese würden nun statt nach Tirol in das benachbarte Südtirol oder nach Bayern ausweichen.

Sorge vor Abwanderung ins Private

Ins selbe Horn stieß auch Tirols Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Walser (ÖVP) gegenüber dem ORF: „Grade in einem Hotel sind die Menschen ja bereits dreifach geimpft, genesen oder reisen mit einem PCR-Test an. Sie dürfen sich den ganzen Tag lang im Hotel aufhalten, die Sauna und den Wellnessbereich benützen, dort mittagessen – und dann um 22.00 Uhr müssen sie ins Zimmer gehen. Das macht keinen Sinn. Die Verordnung ist mit dem Hausverstand nicht mehr nachvollziehbar – das ärgert uns so.“

Auch Demonstrationen der Tiroler Touristiker wegen der Sperrstunde standen im Raum – mehr dazu in tirol.ORF.at. Zunächst stünde aber auch noch ein Gespräch mit Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) an. Dieser hatte sich ja nach dem Bund-Länder-Gipfel mit der Regelung ebenfalls nicht einverstanden gezeigt.

Auch Fachleute wie die Virologin Monika Redlberger-Fritz hätten eingeräumt, dass die Sperrstundenregelung so gut wie keinen Einfluss auf die Erkrankungszahlen hätte, so Gerber. Man beschließe offenbar Dinge, von denen man selbst wisse, dass sie nichts bringen und setze damit Existenzen aufs Spiel. Gleichzeitig würden allenthalben im privaten Bereich Partys – vor allem zu Silvester – veranstaltet, während Hotellerie und Gastronomie mit ihren umfassenden Schutzvorkehrungen im Regen stehen gelassen würden.

Kritik an mangelnder Planungssicherheit

Auch in Vorarlberg ist die Stimmung in der Gastronomie schlecht, so der stellvertretende Gastrosprecher Stefan Köb. Der Schlingerkurs der Regierung sei zermürbend und von Planungssicherheit sei man auch nach knapp zwei Jahren Pandemie noch immer weit entfernt. Köb rechnete damit, dass jeder zweite Gastronom, der ursprünglich ein Angebot für Silvester geplant hatte, dieses gänzlich absagen wird – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at.

Dasselbe Bild zeichnet der steirische Tourismusverantwortliche Dieter Hardt-Stremayr: „Dass es keine große Silvesterparty für viele Menschen geben wird, war uns klar. Jetzt wird es aber auch schwieriger für kleinere Veranstaltungen" – mehr dazu in steiermark.ORF.at.

Hoffnung vor Hauptausschuss

FPÖ und NEOS sprachen sich ebenfalls gegen die vorverlegte Sperrstunde aus. Niederösterreichs FPÖ-Parteichef Udo Landbauer sprach am Donnerstag von einer „Schnapsidee der Sonderklasse“. Damit werde einzig erreicht, dass niemand die Gastronomie frequentieren, sondern jeder in den privaten Bereich ausweichen werde, so Landbauer in einer Aussendung. „Das ist in höchstem Maße kontraproduktiv. Ober glauben die Experten tatsächlich, dass alle privaten Feiern abgesagt werden?“

NEOS sprach von einer „sinnbefreiten Sperrstundenregelung für die Silvesternacht“ und forderte die Regierung auf, sie noch zu korrigieren. Man zähle dahingehend auf den Hauptausschuss des Nationalrates am Donnerstag, wie NEOS-Justizsprecher Johannes Margreiter in einer Aussendung mitteilte. „Kontrollierte und registrierte Zusammenkünfte in Gastrobetrieben nach den geltenden Hygiene- und Sicherheitsregeln sind sicher besser geeignet, der Verbreitung der Omikron-Variante entgegenzuwirken als zahllose Partys im privaten Bereich“, so Margreiter.

Grüne verteidigen Regelung

Die SPÖ mahnte wie Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) hingegen, es sei „nicht die Zeit für Partys und große Feiern“, wie Parteichefin Pamela Rendi-Wagner am Donnerstag in einem Facebook-Video sagte. Mückstein hatte das Vorgehen verteidigt. „Wir können nicht sehenden Auges in die Omikron-Welle hineingehen und keine Maßnahmen setzen“, so Mückstein im ORF-Radio. Die neue Virusvariante könne nicht mehr aufgehalten, wohl aber ihre Verbreitung verlangsamt werden.