Ukrainische Militärangehörige
Reuters/Oleksandr Klymenko
Vor Ukraine-Gespräch

Biden und Putin stecken Positionen ab

Vor dem mit Spannung erwarteten Telefonat von US-Präsident Joe Biden und seinem russischen Konterpart Wladimir Putin haben am Donnerstag beide Seiten ihre Positionen nochmals abgesteckt. Das Weiße Haus warnte dabei Putin vor harten Sanktionen, sollte dieser stärker militärisch in den Ukraine-Konflikt eingreifen. Putin gab sich betont optimistisch, dass es zu einer „konstruktiven“ Zusammenarbeit kommen werde.

Nach Angaben des Weißen Hauses begann das Telefonat wie geplant um 15.35 US-Ostküstenzeit (21.35 Uhr MEZ) und dauerte fünfzig Minuten. Details zu dem Gespräch sollten später bekanntgegeben werden, hieß es. Ein ranghoher Vertreter des Weißen Hauses hatte noch zu Beginn des Gesprächs erklärt, Biden werde in dem Telefonat für eine diplomatische Lösung werben, aber auch die Bereitschaft zu harten Strafmaßnahmen betonen.

„Wir haben uns mit unseren Verbündeten abgestimmt, um harte Sanktionen gegen die russische Wirtschaft und das Finanzsystem zu verhängen – sehr viel weitergehender als das, was 2014 umgesetzt wurde“, sagte der Vertreter der US-Regierung am Mittwoch. Damals hatte sich Russland die Halbinsel Krim einverleibt und damit begonnen, Separatisten in der Ostukraine zu unterstützen.

Verweis auf abgestimmte Pläne

Für den Fall eines erneuten russischen Einmarsches in die Ukraine gebe es bereits Pläne, die NATO-Präsenz in den osteuropäischen Mitgliedsstaaten auszubauen und deren Fähigkeit zu verstärken, warnte der US-Vertreter. Zudem sei man dazu bereit, „der Ukraine weitere Unterstützung zukommen zu lassen, ihr Gebiet zu verteidigen und auf eine mögliche russische Besatzung zu reagieren“, sagte er.

„Präsident Biden wird klarstellen, dass es einen diplomatischen Weg zur Deeskalation in der Region gibt, falls Präsident Putin Interesse daran hat, diesen Weg einzuschlagen“, sagte der US-Beamte.

Sorge vor russischer Invasion

Die USA werfen Russland seit Wochen einen großen Truppenaufmarsch unweit der Grenze zur Ukraine vor. Befürchtet wird im Westen eine russische Invasion der Ex-Sowjetrepublik. Russland weist das zurück und wirft wiederum der Ukraine vor, zusätzliche Soldaten in die Region verlegt zu haben. Die Entwicklungen wecken böse Erinnerungen an den Krim-Konflikt 2014 und die damalige Annexion der Halbinsel durch Russland.

Putin: „Konstruktiv zusammenarbeiten“

Putin erklärte sich vergangene Woche zu einer diplomatischen Lösung bereit, forderte aber Sicherheitsgarantien. Dazu zählte er ein Ende der NATO-Osterweiterung und damit auch einen Verzicht auf eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine. Am Donnerstag rief Putin zu einem konstruktiven Dialog beider Länder auf. In einem vom Kreml veröffentlichten Telegramm zum neuen Jahr schrieb Putin, die beiden Atommächte hätten trotz vieler Konflikte eine besondere Verantwortung für die internationale und regionale Stabilität. Angesichts vieler Herausforderungen und Bedrohungen für die Menschheit sollten Moskau und Washington „konstruktiv zusammenarbeiten“.

Vorgespräche auf Außenministerebene

US-Außenminister Antony Blinken sprach am Mittwoch zunächst mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenski, später dann auch in einer Schaltung mit den Außenministern Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens, wie das Ministerium erklärte. Sie hätten erneut ihre „standhafte Unterstützung“ für die Unabhängigkeit, Souveränität und territoriale Unversehrtheit der Ukraine versichert, hieß es aus Washington.

Biden und Putin hatten Anfang Dezember im Rahmen einer rund zweistündigen Videoschaltung miteinander gesprochen. Als Staatschefs waren einander die beiden erstmals im Juni in Genf persönlich begegnet.

Treffen am 10. Jänner in Genf

Das Telefonat nun soll unter anderem der Vorbereitung eines für den 10. Jänner in Genf geplanten Treffens dienen, bei dem es um den Ukraine-Konflikt und wohl auch um die von Moskau geforderten Sicherheitsgarantien vonseiten der NATO gehen wird.

„Während der Gespräche werden wir von US-Seite rechtssichere Garantien für die Sicherheit Russlands einfordern, wonach die NATO nicht Richtung Osten vordringt und dass Waffensysteme, die Russland bedrohen, nicht in der Nähe unserer Grenzen stationiert werden“, sagte die russische Außenamtssprecherin Maria Sacharowa am Donnerstag

Die NATO plant für den 12. Jänner weitere Gespräche mit der russischen Seite. Zudem soll es am 13. Jänner ein Treffen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) dazu geben.

EU fordert Platz am Verhandlungstisch

Aus dem Weißen Haus hieß es, die US-Regierung stehe in Bezug auf die Gespräche mit Moskau im engen Austausch mit den europäischen Verbündeten und Partnern. Dabei werde weiter nach dem Prinzip vorgegangen, dass nichts, was sie betreffe, ohne sie beschlossen werde, erklärte der US-Beamte. Zuvor waren in Brüssel Kritik und die Forderung laut geworden, die Europäische Union an den geplanten Gesprächen in Genf zu beteiligen.