US-Präsident Joe Biden während eines Telefonats mit dem russischen Premier Wladimir Putin
AP/The White House/Adam Schultz
Putin und Biden

Diplomatie der gegenseitigen Warnungen

Das zweite Mal in diesem Monat haben US-Präsident Joe Biden und sein russisches Gegenüber Vladimir Putin ein längeres Ferngespräch geführt. Im Zentrum stand einmal mehr der Ukraine-Konflikt. In dem nicht ganz eine Stunde dauernden Gespräch richteten sich die beiden Staatschefs erneut gegenseitige Warnungen aus – beschworen aber zugleich den diplomatischen Weg.

Etwas mehr als drei Wochen, nachdem Putin und Biden in einem Videotelefonat miteinander gesprochen hatten, führten die beiden Staatchefs am Donnerstag ein weiteres längeres Gespräch. Hatten sie Anfang Dezember noch zwei Stunden miteinander geredet, war das – diesmal ohne Video geführte – Telefonat nunmehr bereits nach 50 Minuten zu Ende.

Gewünscht hatte sich dieses Gespräch der russische Präsident. Und aus dem Kreml hieß es nach dem Telefonat auch, Putin sei „sehr zufrieden“ gewesen. Wenngleich nach allem, was danach von beiden Seiten bekanntgegeben wurde, kaum Neues auf den Tisch kam.

Kreml pocht auf Sicherheitsgarantien

Putin habe Biden vor weiteren Sanktionen gewarnt. Diese wären ein „kolossaler Fehler“, sagte Putins außenpolitischer Berater Juri Uschakow nach dem Telefonat. Bei den für Jänner geplanten Gesprächen zwischen Vertretern beider Länder über von Moskau geforderte Sicherheitsgarantien müsse es außerdem zu „Ergebnissen“ kommen, so Uschakow.

Dabei könnte Putin laut dem Kreml-Berater zu Zugeständnissen bereit sein. „Natürlich werden wir bei den Verhandlungen Überlegungen der US-Seite und unserer Partner in den westlichen Ländern berücksichtigen“, sagte Uschakow.

Biden erneuert Sanktionswarnung

Das Weiße Haus verlautbarte wiederum, Biden habe Putin erneut mitgeteilt, dass die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten im Falle einer weiteren Invasion in der Ukraine entschlossen reagieren würden. „Präsident Biden forderte Russland auf, die Spannungen mit der Ukraine zu deeskalieren“, sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki, in einer Erklärung. Biden habe aber zugleich seine Bereitschaft für diplomatische Gespräche deutlich gemacht, so Psaki.

Das zweite Telefonat der beiden Staatschefs binnen eines Monats erfolgte vor dem Hintergrund der Spannungen um den russischen Truppenaufmarsch an der Grenze zur Ukraine. Der Westen befürchtet, Russland könnte das Nachbarland angreifen. Die Regierung in Moskau dementiert jegliche Angriffspläne, weist Kritik an den Truppenbewegungen zurück und wirft seinerseits Kiew und der NATO „Provokationen“ vor.

Treffen am 10. Jänner in Genf

Das nunmehrige Telefonat galt auch als Vorbereitung eines Treffens zwischen Biden und Putin, das für den 10. Jänner in Genf geplant ist. Dabei soll es um den Ukraine-Konflikt und wohl auch um die von Moskau geforderten Sicherheitsgarantien vonseiten der NATO gehen.

Russland legte bereits Entwürfe für zwei Abkommen mit den USA und der NATO vor, mit denen eine Osterweiterung des Militärbündnisses sowie die Errichtung von US-Militärstützpunkten in Staaten der ehemaligen sowjetischen Einflusssphäre untersagt werden sollen. Die weitreichenden Forderungen wurden von mehreren NATO-Mitgliedern zurückgewiesen.

Die NATO plant für den 12. Jänner weitere Gespräche mit der russischen Seite. Zudem soll es dazu am 13. Jänner ein Treffen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) geben.

EU fordert Platz am Verhandlungstisch

Aus dem Weißen Haus hieß es, die US-Regierung stehe in Bezug auf die Gespräche mit Moskau im engen Austausch mit den europäischen Verbündeten und Partnern. Dabei werde weiter nach dem Prinzip vorgegangen, dass nichts, was sie betreffe, ohne sie beschlossen werde, erklärte der US-Beamte. Zuvor waren in Brüssel Kritik und die Forderung laut geworden, die Europäische Union an den geplanten Gesprächen in Genf zu beteiligen.

Am Mittwoch hatte US-Außenminister Antony Blinken zunächst mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenski, später dann auch in einer Schaltung mit den Außenministern Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens geredet, wie das Ministerium erklärte. Sie hätten erneut ihre „standhafte Unterstützung“ für die Unabhängigkeit, Souveränität und territoriale Unversehrtheit der Ukraine versichert, hieß es aus Washington.