Zurückgetretener sudanesischer Ministerpräsident Abdullah Hamdok
Reuters/Hannibal Hanschke
Hamdok-Rücktritt

Politisches Vakuum im Sudan

Der nordostafrikanische Sudan kommt nicht zur Ruhe. Auf einen Militärputsch und die Wiedereinsetzung des zwischenzeitlich gestürzten Ministerpräsidenten Abdullah Hamdok folgten Massenproteste gegen eine Beteiligung des Militärs an der Übergangsregierung. Der überraschende Rücktritt Hamdoks am Sonntag versetzt das Land nun in ein politisches Vakuum.

„Ich habe beschlossen, meinen Rücktritt bekanntzugeben und Platz für andere zu machen (…), um den Sudan zu einem zivilen demokratischen Land zu machen“, sagte Hamdok am späten Sonntagabend im staatlichen Rundfunk. Er habe sein Versprechen, eine politische Katastrophe in dem Land am Horn von Afrika zu verhindern, nicht einhalten können, sagte er zur Erklärung.

Das Militär hatte Ende Oktober bei einem Putsch die Macht an sich gerissen und Hamdok gestürzt. Erst nach Druck aus dem In- und Ausland war er dann wieder als Regierungschef eingesetzt worden, nachdem er mit dem Militärmachthaber General Abdel Fattah al-Burhan eine Vereinbarung für eine neue Übergangsregierung unterzeichnet hatte. An dem Deal entzündeten sich rasch Proteste – Hamdok wurde Verrat vorgeworfen.

Dutzende Tote bei Protesten

Eine Machtübergabe des Militärs an eine zivile Regierung wurde bei den Protesten gefordert – und das unter erheblichem Blutvergießen: Nach Angaben des Zentralkomitees der sudanesischen Ärzte wurden bei den Protesten seit dem Putsch 56 Zivilistinnen und Zivilisten getötet – zwei davon seien am Sonntag von Sicherheitskräften getötet worden, wie berichtet wurde. US-Außenminister Antony Blinken hatte das brutale Vorgehen der Sicherheitskräfte zuletzt verurteilt.

Proteste in Khartoum, Sudan
AP/Marwan Ali
Die Lage im Sudan ist derzeit äußerst instabil – wer das Land künftig regieren wird, ist völlig unklar

USA: Sudan braucht weiterhin zivil geführte Regierung

Die USA seien bereit, „denen zu antworten, die die Bestrebungen des sudanesischen Volkes nach einer zivil geführten, demokratischen Regierung blockieren“, so Blinken am Samstag. Man werde weiterhin die Demokratiebestrebungen des sudanesischen Volkes unterstützen, hieß es aus dem Büro für afrikanische Angelegenheiten des US-Außenministeriums nun nach Hamdoks Rücktritt auf Twitter. Die Gewalt gegen Protestierende müsse sofort eingestellt werden.

Auch Deutschland drängte am Montag auf die Bildung einer zivil geführten Regierung. Davon machte man auch die Wiederaufnahme der wirtschaftlichen Hilfe abhängig, wie ein Sprecher des deutschen Außenministeriums am Montag erklärte. Hamdok habe viele wichtige Reformmaßnahmen in seinem Land angestoßen. Die deutsche Regierung habe seinen Rücktritt mit großem Bedauern zur Kenntnis genommen. Auch die Proteste zeigten, dass die Menschen dort eine militärische Machtübernahme ablehnten, sagte der Sprecher.

Schon dem Putsch am 25. Oktober waren monatelange Proteste vorausgegangen, in denen Menschen politische und wirtschaftliche Reformen und den Rückzug des Militärs aus der Übergangsregierung forderten. Am 21. November wurde Hamdok dann in dem Land mit 44 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern wieder als Regierungschef eingesetzt. Laut seiner Vereinbarung mit General Burhan durfte Hamdok ein Kabinett mit zivilen Vertretern bilden.

Unklare Lage

Als Anführer des Souveränen Rats stand Burhan jedoch gemeinsam mit Hamdok an der Spitze der neuen Übergangsregierung. Dem Souveränen Rat gehören auch Vertreter des Militärs an, denen schwere Menschenrechtsverstöße und Korruption vorgeworfen werden. Der Rücktritt Hamdoks versetzt den Sudan nun in ein politisches Vakuum – so ist nach dem Rücktritt Hamdoks am Sonntagabend unklar, ob dessen Posten ein ziviler Politiker oder ein Militärvertreter übernehmen wird.

Der Sudan wurde fast 30 Jahre lang von Omar al-Baschir mit harter Hand regiert. Der Langzeitmachthaber wurde im April 2019 durch monatelange Massenproteste und einen Militärputsch aus dem Amt getrieben. Daraufhin einigten sich das Militär und die zivile Opposition auf eine Übergangsregierung, die den Weg zu demokratischen Wahlen 2022 ebnen sollte. Zudem waren umfangreiche Wirtschaftsreformen geplant, durch die das Militär erhebliche ökonomische Verluste hätte hinnehmen müssen. Das Militär war auch gegen die von Hamdok vorangetriebene Aufarbeitung von Menschenrechtsverstößen.