Außensicht auf Frau in ihrem Wohnzimmer
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Vor weiteren Beratungen

Rufe nach kürzerer Quarantäne

Mit der raschen Ausbreitung der Omikron-Variante des Coronavirus diskutieren immer mehr Länder über kürzere Quarantäneregeln, um eine Gefährdung der kritischen Infrastruktur zu vermeiden. Auch in Österreich ist das Thema: Nach Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) sprachen sich nun auch mehrere Landeshauptmänner für eine verkürzte Quarantäne aus.

Aktuell muss man in Österreich als Omikron-Infizierter und nach Kontakt mit einem Omikron-Infizierten in der Regel zehn Tage in Quarantäne. Für Kontaktpersonen der Kategorie 1 (K1) ist nach fünf Tagen ein Freitesten möglich. Auch Geimpfte und Genesene gelten als Kontaktperson 1, müssen also in Absonderung. Das war bei den bisherigen Coronavirus-Varianten nicht der Fall. Mit der raschen Ausbreitung von Omikron könnten daher auf einen Schlag zahlreiche Arbeitskräfte ausfallen.

Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) sprach sich angesichts dessen für geänderte Quarantäneregeln aus: „Ich gehöre auch zu jenen, die, wenn es die Experten auch mittragen können, für eine Verkürzung der Quarantäne sind, insbesondere für geimpfte Personen, geboosterte Personen ist das, glaube ich, eine logische Konsequenz und eine notwendige“, sagte Kaiser im Ö1-Mittagsjournal am Montag.

Verkürzte Quarantäne für Symptomlose?

Gefragt nach der Ausgestaltung verkürzter Quarantäneregeln – etwa eine Maskenpflicht für Betroffene, meinte Kaiser: „Wo es möglich ist, ist die FFP2-Maske natürlich der wirksamste Schutz für sich selbst, aber auch für die Kolleginnen und Kollegen. Das wär aber dann von jenen, die dazu berufener sind als ein Landeshauptmann, festzulegen.“

Auch eine verkürzte Quarantäne für infizierte Personen ohne Symptome wird angesichts der Sorge vor einem Beschäftigtenmangel vielerorts diskutiert – die US-Gesundheitsbehörde CDC sprach zuletzt etwa die Empfehlung aus, die Quarantänedauer für solche Menschen zu halbieren.

Denkbar wäre es etwa, eine solche Regel an einen gewissen Ct-Wert (Maß für die Viruskonzentration) zu knüpfen. „Das sollte genauso offen und ohne Scheuklappen diskutiert werden“, so Kaiser. „Ich verweise aber darauf, dass wir bereits in der ersten und in der zweiten Welle Situationen hatten, in ganz neuralgischen Bereichen, wo es so etwas wie eine Arbeitsquarantäne gegeben hat.“

Auch Stelzer und Wallner für verkürzte Quarantäne

Auch der oberösterreichische Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) forderte in einer Stellungnahme gegenüber dem ORF, dass die „Quarantäne-Regelungen bundesweit einheitlich überarbeitet, beziehungsweise verkürzt werden, um die zu befürchtenden Personalausfälle abzufedern und insbesondere die kritische Infrastruktur zu schützen und zu stabilisieren.“

Dem schloss sich Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) in „Vorarlberg heute“ an. Er sei für eine Verkürzung der Quarantäne sowohl bei den Infizierten als auch bei den Kontaktpersonen, damit die kritische Infrastruktur, aber auch die Wirtschaft weiterhin gut funktioniere – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at.

Wiens Gesundheitsstadtrat Hacker sprach sich gegenüber dem „Standard“ schon Ende vergangener Woche für eine Verkürzung der Quarantänedauer auf fünf Tage oder eine Woche sowie eine Lockerung der Quarantäneregeln aus. Vom Gesundheitsministerium wird eine Lockerung der Regeln derzeit geprüft, wie die Generaldirektorin für Öffentliche Gesundheit, Katharina Reich, Ende Dezember bestätigte.

GECKO berät am Dienstag

Ob Änderungen bei den Quarantäneregeln bei der Lagebesprechung der gesamtstaatlichen Covid-Krisenkoordination (GECKO) Thema sein wird, ist noch unklar – am Donnerstag steht jedenfalls der nächste Bund-Länder-GECKO-Gipfel auf dem Programm.

Zusammen mit Mitgliedern der Bundesregierung und den Landeshauptleuten werde man die aktuelle Lage besprechen und die Wirksamkeit der bisherigen Maßnahmen evaluieren, wie GECKO am Sonntag per Aussendung mitteilte. Die Regierung habe dem Gremium über die Feiertage mehrere Fragenkomplexe zum weiteren Management der Pandemie übermittelt. Derzeit werde – auch in mehreren Untergruppen – laufend an deren Beantwortung gearbeitet. Im Fokus stehen dabei die Omikron-Variante und ihre Auswirkungen.

Die Coronavirus-Lage in Österreich ist nach Einschätzung des Gremiums jedenfalls „nach wie vor ernst“. Alle Anstrengungen müssten darauf abzielen, die Fallzahlen so niedrig wie möglich zu halten. Beim derzeit gültigen strengen Maßnahmenpaket – u. a. FFP2-Maskenpflicht, Lockdown für Ungeimpfte – würden die Inzidenzen im Land vorerst nur „mäßig“ steigen. Das ist aus Expertensicht allerdings auch notwendig, um Zeit zu gewinnen, „da wegen der Virusvariante Omikron sehr rasche Veränderungen zu erwarten sind“.

Erstmals mehr Omikron- als Delta-Fälle

Omikron löste Delta indes zum Ende des Jahres 2021 als vorherrschende Mutation in Österreich ab. In der Kalenderwoche 52 wurden 2.915 Delta- und 4.360 Omikron-Fälle nachgewiesen, geht aus einer Aktualisierung der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) von Montag hervor. In der Woche davor war Delta noch mit 5.953 zu 1.905 Nachweisen deutlich dominanter gewesen. Insgesamt gab es bisher 6.768 bestätigte Omikron-Fälle. Für die Kalenderwoche 52 sind noch Nachmeldungen zu erwarten, betonte die AGES. Zudem handelt es sich bei den Sequenzierungen vor allem außerhalb von Wien nur um Stichproben.

Kritik von SPÖ

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner forderte zuvor sofortige Beratungen der Regierung mit GECKO ein, um über Maßnahmen zur Verhinderung eines weiteren Lockdowns zu entscheiden: „Eine neue Welle kommt auf uns zu. Nach den Weihnachtsferien, wenn die Schulen wieder öffnen, müssen wir mit fünfstelligen Infektionszahlen rechnen. Dennoch scheint die Bundesregierung diese Welle über die Feiertage zu verschlafen.“ Gleichzeitig fordert sie – wie Molekularbiologe Ulrich Elling – mehr Transparenz bei den GECKO-Beratungen.

„Müssen bremsen, bevor es zu spät ist“

Elling äußerte gegenüber dem „Kurier“ zuletzt zudem die Befürchtung, dass die Politik bei Omikron „wieder viel zu langsam“ reagiert. „Bei der Dynamik, die Omikron entfaltet, müssen wir mehr denn je bremsen, bevor es zu spät ist“, so Elling. „Wir stehen vor der Entscheidung: Bremsen wir die Omikron-Welle jetzt oder bremsen wir sie nicht?“, zitiert die Zeitung Elling.

Ein „Durchlaufenlassen“ der Omikron-Variante wäre Elling zufolge ein Paradigmenwechsel. So wie Elling warnte auch der Epidemiologe Gerald Gartlehner vor möglichen Auswirkungen von Omikron auf Österreichs Spitäler. Er halte es durchaus für möglich, dass das Gesundheitssystem während der Infektionswelle im Jänner und Februar vor große Herausforderungen gestellt wird, wie Gartlehner laut „Presse“ dazu sagte.