Impfpflicht: Gartlehner für Überdenken, Sozialpartner mit Kritik

Der Epidemiologe Gerald Gartlehner von der Donau-Uni Krems tritt für ein Überdenken der ab Februar geplanten Impfpflicht ein. Man müsse davon ausgehen, dass man nach der Omikron-Welle ein Ausmaß an Immunität in der Bevölkerung haben werde, „wie wir es noch nie hatten“, sagte er gestern in der ZIB2. „Daher muss man die Impfpflicht nach der Omikron-Welle wahrscheinlich neu bewerten.“

Auch geht Gartlehner nicht davon aus, dass künftig jeder drei- oder viermal pro Jahr geimpft werden muss, sondern nur die vulnerable Bevölkerung. Alle anderen werden seiner Auffassung nach ohnehin mit dem Coronavirus Kontakt haben und damit vor schweren Verläufen geschützt sein, so Gartlehner.

Auch einen vierten Stich hält er nur für gefährdete Personen – Ältere oder etwa Beschäftigte im Gesundheitsbereich – für notwendig. Sollten sich keine neuen Mutationen verbreiten, dann werde die übrige Bevölkerung keine Auffrischung benötigen, so seine Erwartung.

Sozialpartner-Kritik für mangelndes Engagement

Die „Salzburger Nachrichten“ (Mittwoch-Ausgabe) berichteten unterdessen von Kritik der Sozialpartner am Vorgehen der Regierung rund um die Impfung. Angesichts der geplanten Impfpflicht werden Wirtschaftskammer, Arbeiterkammer, Industriellenvereinigung und Gewerkschaftsbund in den kommenden Tagen eine gemeinsame Erklärung zu dem umstrittenen Gesetz abgeben, so der Bericht.

Kritisiert wird von den Sozialpartnern demnach in einer gemeinsam verfassten „Präambel“ zu ihren jeweiligen Stellungnahmen im Begutachtungsverfahren nicht die Impfpflicht per se, sondern dass bis zu deren Einführung nicht alle Hebel in Bewegung gesetzt werden, um die Impfquote auf anderem Wege zu steigern.

„Einiges verabsäumt“

„Die Sozialpartner sind sich der besonderen Herausforderung dieser noch nie da gewesenen Krise bewusst. Nichtsdestotrotz haben die politischen Akteure einiges verabsäumt und keineswegs alle Mittel ausgeschöpft, um eine hohe Durchimpfung zu erreichen“, heißt es laut „SN“ in der Präambel.

Auch mahnen die Sozialpartner die Politik, zu beobachten, ob der mit der Impfpflicht verbundene Grundrechtseingriff noch verhältnismäßig ist – „oder ob das Ziel auch mit gelinderen Mitteln erreicht werden kann“.

Kickl erfreut

FPÖ-Obmann Herbert Kickl nahm Gartlehners Aussagen mit Freude auf. Der Regierungsexperte spreche offen aus, was die FPÖ schon seit Wochen fordere, meinte er in einer Aussendung: „Die Impfung wirkt, aber sie wirkt nicht gut genug, um sie als alleinigen Ausweg aus der Krise per Gesetz vorschreiben zu können.“ Für Kickl ist es nun „höchst an der Zeit, eine Trendumkehr in der Corona-Politik einzuleiten“. Mehr als 132.000 – großteils gleichlautende – Stellungnahmen zu den beiden „Impfzwang-Gesetzesentwürfen“ auf der Parlamentswebsite würden eine deutliche Sprache sprechen.

Faktencheck zu Impfpflicht

Wenn sehr rasch sehr viele Menschen infiziert sein werden und einen natürlichen Immunschutz aufbauen, könnte sich das auch auf die geplante Impfpflicht auswirken. Gegen die Impfung spricht das freilich nicht, wie ein aktueller Faktencheck zeigt.

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