Tests in einem Labor
APA/Herbert Neubauer
Omikron

Fast 10.000 neue Fälle in 24 Stunden

Die Omikron-Welle breitet sich mit großer Geschwindigkeit in Österreich aus. Wurden am Dienstag von Sozial- und Innenministerium noch 5.496 Neuinfektionen gemeldet, waren es am Mittwoch, mit mehreren Stunden Verspätung, bereits 9.761 Neuinfektionen innerhalb von 24 Stunden. Das entspricht einer Zunahme von über 77 Prozent.

Der Großteil der Neuinfektionen kam aus Wien mit über 3.000 neuen Fällen, gefolgt von Salzburg und Tirol. Die 10.000er-Marke hat das Covid-Prognosekonsortium erst in einer Woche erwartet. Am Mittwoch hatte das Gremium in seiner Prognose gemeint, im schlimmsten Fall könnte es über 17.000 neue CoV-Fälle binnen eines Tages geben. Der bisherige Rekord wurde am 19. November 2021 mit 15.809 Neuinfektionen erreicht.

Auch die von der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) genannte 7-Tage-Inzidenz hat einen großen Sprung auf 375,3 (Stand: Mittwoch, 14 Uhr) gemacht. Das Prognosekonsortium erwartet vor allem für Tirol einen deutlichen Anstieg der 7-Tage-Inzidenz auch auf Werte jenseits der 3.000er-Grenze. In Salzburg und Wien wird mit Inzidenzen zwischen 1.600 und 2.600 bzw. 1.200 und 2.000 gerechnet.

Ampel weitgehend rot

Nach der Bewertung der CoV-Kommission vom Mittwoch bleibt die Risikolage für ganz Österreich bei sehr hohem Risiko. Einzig die Bundesländer Burgenland, Kärnten und die Steiermark werden mit einem hohen Risiko eingestuft. Ausschlaggebend für die Bewertung ist die Risikozahl, die neben den Neuinfektionen auch Alter der Betroffenen und Impfstatus berücksichtigt.

Die größte Risikozahl wies Tirol mit 486,1 auf, gefolgt von Salzburg mit 252,7 und Wien mit 196,6. Das niedrigste Risiko bestand mit einem Wert von 78,1 in der Steiermark.

Beratungen am Donnerstag

Am Donnerstag berät die Bundesregierung mit den Ländern und Fachleuten zur aktuellen CoV-Situation. Die gesamtstaatliche Covid-Krisenkoordination (GECKO) legt den Fokus auf den Schutz kritischer Infrastruktur und will beim Gipfel Vorschläge vorlegen, damit diese lebenswichtigen Bereiche weiterhin am Laufen gehalten werden. Es geht vor allem um eine Verkürzung der Quarantänedauer.

Die Bundesregierung will mit den Landeshauptleuten und der GECKO-Spitze – der Generaldirektorin für öffentliche Gesundheit, Katharina Reich, und Generalmajor Rudolf Striedinger – angesichts der rasant wachsenden Omikron-Welle über weitere Maßnahmen entscheiden. Die Regierungsspitze, Reich und Striedinger werden im Kanzleramt sein, die Landeshauptleute und weitere Experten per Video zugeschaltet.

Kritische Infrastruktur schützen

„Der Schutz der kritischen Infrastruktur ist von essenzieller Bedeutung“, hieß es am Mittwoch in einer schriftlichen Stellungnahme von GECKO. „Es muss vermieden werden, dass lebenswichtigen Bereichen, wie etwa der Gesundheits-, der Lebensmittel- oder auch der Energieversorgung, Personal durch hohe Infektions- und K1-Zahlen entzogen wird.“ Am Donnerstag werde man der Bundesregierung und den Ländern denn auch Vorschläge zur Aufrechterhaltung der kritischen Infrastruktur vorlegen.

Katharina Reich und Norbert Gehart
APA/Herbert Neubauer
Die GECKO-Spitze wird am Donnerstag mit Regierung und Landeshauptleuten beraten

Zuletzt hat sich bereits abgezeichnet, dass es unter anderem um eine Änderung der Quarantäneregeln – also konkret um eine Verkürzung – gehen wird, nicht aber um Maßnahmen wie einen neuerlichen harten Lockdown. Sowohl aus den Ländern als auch aus der Wirtschaftskammer mehrten sich die Rufe nach einer Lockerung der Quarantäneregeln für Kontaktpersonen, damit aufgrund eines massenhaften Ausfalls an Arbeitskräften nicht das ganze Land stillsteht.

Geringerer Anstieg bei ICU-Auslastung erwartet

„Fest steht, dass Omikron ein deutlich höheres Infektionsrisiko mit sich bringt, die Verläufe bei Geimpften aber deutlich milder sind“, bekräftigte GECKO. Es sei deutlich sichtbar, dass die Auslastung der Intensivbetten bei Weitem nicht im gleichen Ausmaß wie die Infektionszahlen ansteige. Die Notwendigkeit für eine Betreuung im Krankenhaus oder gar auf der Intensivstation sei bei Omikron deutlich niedriger – für dreifach Geimpfte liege die Schutzwirkung gegen eine Hospitalisierung beinahe bei 90 Prozent.

Auch die CoV-Ampelkommission rechnet trotz der steigenden Zahlen nicht mit einem starken Anstieg der Auslastung in der Intensivmedizin. „Die Beobachtungsdaten aus dem Vereinigten Königreich zeigen bisher keine Anstiege in der Anzahl der mechanisch beatmeten Patienten. Im bisherigen Pandemieverlauf wurden in Österreich in etwa 40 Prozent der intensivpflichtigen Patienten mechanisch beatmet“, hieß es seitens des Konsortiums.

Des Weiteren könne davon ausgegangen werden, dass sich der Anteil der doppelt geimpften und der jüngeren Personen am Infektionsgeschehen erhöht, was zu einer effektiven Senkung der ICU-Rate führe. Es bestehe aber weiterhin eine Unsicherheit, denn aufgrund fehlender Datenverknüpfungen von Spitalsaufnahmedaten und dem epidemiologischen Meldesystem könnten für Österreich keine Auswertungen der tatsächlichen Hospitalisierungsraten gemacht werden.

Mückstein empfiehlt Maske auch im Freien

Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) riet am Mittwoch via Twitter angesichts der Ausbreitung von Omikron zu Homeoffice, wo es möglich ist, und er riet, auch im Freien Maske zu tragen, „wenn sich der 2m-Abstand nicht ausgeht“. Korrekt getragene FFP2-Masken reduzieren laut einem Bericht der Schweizer wissenschaftlichen Taskforce das Ansteckungsrisiko um das 70-Fache.

Anpassung der Quarantäneregeln gefordert

Die neun Landesärztekammer-Präsidenten forderten am Mittwoch in einer Aussendung ebenfalls eine schnelle Anpassung der Quarantäneregeln. Dreifach geimpfte Menschen müssten als K2-Kontaktpersonen gelten, zudem sollte eine verhängte Quarantäne bei Symptomlosigkeit nach fünf Tagen enden, hieß es. Viele Daten, die bei der Omikron-Variante einen guten Impfschutz für dreifach Geimpfte sowie ein allgemein leicht geringeres Risiko eines schweren Verlaufes zeigen, würden diese Anpassungen vertretbar machen.

Es sei klar, dass eine Lockerung der Quarantäneregeln eine gewisse Gratwanderung bedeute, meinten die Ärztevertreter. Aber es gebe keine andere realistische Route: „Sonst stehen wir bald vor einem weiteren Lockdown – diesmal aber nicht, weil er medizinisch und epidemiologisch alternativlos ist, sondern weil zu viele Menschen gleichzeitig in Quarantäne bleiben müssen und damit das öffentliche Leben zusammenbricht.“ Abstand halten, Händehygiene und vor allem das Tragen von FFP2-Masken in Innenräumen seien bei der infektiöseren Omikron-Variante „von höchster Wichtigkeit“, erinnerten die Ärztevertreter außerdem.

Kaiser: Absage an rasche Durchseuchung

Der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) meinte unterdessen bei einer Pressekonferenz, angesichts der Omikron-Welle gelte es nun, Krankenhäuser und kritische Infrastruktur vor einer Überlastung zu schützen. Aspekte wie Quarantäne, eine Quarantäneverkürzung und Freitestmöglichkeiten würden geprüft und mit Experten diskutiert werden. Menschenleben zu schützen sei als wichtigstes Grundprinzip zu betrachten.

Der Option einer raschen Durchseuchung der Bevölkerung erteilte Kaiser denn auch eine Absage: Er könne sich nicht vorstellen, „dass es irgendjemanden gibt, der sagt, man kann das ohne Maske, mit den oftmals verpönten Corona-Partys oder sonst irgendwie machen, nur dass wir schnell durchseucht sind. Das würde all das konterkarieren, was über 22 Monate bisher passiert ist.“

Meinl-Reisinger sieht „Planlosigkeit“

Eine Verkürzung der Quarantäne fordert im Vorfeld des CoV-Gipfels auch NEOS-Obfrau Beate Meinl-Reisinger. Zugleich warf die Parteichefin der Regierung „Planlosigkeit“ vor. „Der Krisenstab GECKO hat definitiv nicht dazu geführt, dass die Kommunikation transparenter wird. Genau dieser Eindruck führt dazu, dass die Menschen noch weiter verunsichert werden und das Vertrauen in das Krisenmanagement der Regierung verlieren“, sagte Meinl-Reisinger.

Sie forderte die rasche Einberufung eines Runden Tisches, an dem nicht nur Vertreter der Bundesregierung, der Länder und der Experten, sondern auch der Opposition die Lage diskutieren. Es sei ein „nationaler Schulterschluss“ notwendig, und es müsse endlich klar auf den Tisch gelegt werden, wie man mit Omikron umgehen soll. „Was ist das Ziel? Und wie wollen wir das gemeinsam erreichen?“