Offenbar Dutzende Protestierende in Kasachstan getötet

Im zentralasiatischen Kasachstan werden die regierungskritischen Proteste offenbar blutig niedergeschlagen. Dutzende Unruhestifter seien in der Metropole Almaty „eliminiert“ worden, teilte die Polizei nach Angaben der Nachrichtenagentur Interfax heute mit.

Augenzeugen hatten zuvor von Zusammenstößen und Schüssen im Zentrum von Almaty berichtet. Die bedrängte Regierung hatte zudem „Friedenstruppen“ von Russland und seinen Verbündeten angefordert.

Die Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS) werde auf Anfrage Kasachstans Friedenstruppen schicken, schrieb der armenische Premier Nikol Paschinjan in der Nacht auf Facebook. Paschinjan ist aktueller Vorsitzender des Bündnisses. Die USA forderten unterdessen eine friedliche Beilegung der Proteste.

Brennendes Polizeiauto in Almaty
Reuters/Pavel Mikheyev

Präsident macht „Terrorgruppen“ verantwortlich

Die Soldaten sollten für einen begrenzten Zeitraum entsandt werden, „um die Lage in dem Land zu stabilisieren und zu normalisieren“, hieß es. Kasachstans Präsident Kassym-Schomart Tokajew hatte zuvor das Militärbündnis um Hilfe gebeten. Bei den am Wochenende ausgebrochenen Unruhen handle es sich „nicht um eine Bedrohung, sondern um eine Untergrabung der Integrität des Staates“, sagte er.

Tokajew sagte, die hinter den Protesten stehenden „Terrorgruppen“ würden „im Ausland“ ausgebildet. Auch OVKS-Präsident Paschinjan erklärte, die Unruhen seien durch „äußere Einmischung“ ausgelöst worden. In Russland waren zuvor Vorwürfe laut geworden, dass die USA bei den Protesten eine Rolle spielten. US-Regierungssprecherin Jen Psaki wies das als „absolut falsch“ und „eindeutig Teil des russischen Drehbuchs für Desinformation“ zurück.

Internet erneut abgeschaltet

Die Behörden schalteten unterdessen offenbar neuerlich das Internet im Land ab, um die Protestbewegung zu schwächen. So waren die Internetseiten des Präsidialamts und anderer Regierungsbehörden in der Nacht ebenso wenig zu erreichen wie jene von Flughäfen und Polizeibehörden, meldete die russische Staatsagentur Tass.

In der Millionenstadt Almaty gebe es einen kompletten Internetausfall. Schon gestern war das Internet in dem autoritär regierten Land stundenlang ausgeschaltet gewesen – vermutlich, um die Organisation neuer Versammlungen über soziale Netzwerke zu erschweren.

Die beispiellosen Proteste in Kasachstan waren aus Unmut über deutlich gestiegene Preise für Flüssiggas an den Tankstellen ausgebrochen. Viele Kasachen tanken dieses Gas, weil es billiger ist als Benzin.