Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne), GECKO-Spitze mit der Generaldirektorin für öffentliche Gesundheit, Katharina Reich, und Generalmajor Rudolf Striedinger
APA/Hans Punz
GECKO-Gipfel

Neue Regeln zu Quarantäne und Maske

Bei den Beratungen der gesamtstaatlichen Covid-Krisenkoordination (GECKO), den Bundesländern und der Regierung sind am Donnerstag neue Regeln beschlossen worden. Angesichts des veränderten Infektionsgeschehens durch die Omikron-Variante wird die Quarantäne für Kontaktpersonen neu geregelt. Außerdem gilt ab 11. Jänner eine FFP2-Maskenpflicht im Freien, wenn ein Abstand von zwei Metern nicht möglich ist. Im Handel gilt erstmals Kontrollpflicht.

Die Omikron-Welle ist in Österreich angekommen, am Donnerstag wurden 8.853 neue Fälle gemeldet, tags zuvor waren es knapp 10.000. Ein Verhindern der Welle war von vornherein unwahrscheinlich. Doch zumindest die härtesten Folgen sollen abgefedert werden. Dazu wurden am Donnerstag bei den Beratungen etliche Verschärfungen beschlossen, wie Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) und Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) nach dem Gipfel mit GECKO und Ländern sagten.

So sollen schon ab Samstag neue Quarantäneregeln gelten. Dann gibt es keine Unterscheidung mehr zwischen K1- und K2-Personen. Künftig wird man außerdem keine Kontaktperson mehr sein, wenn man dreimal geimpft ist oder wenn alle Beteiligten eine FFP2-Maske getragen haben. Das gilt auch für Kinder, die noch keine dritte Impfung erhalten. Für alle, die als Kontaktpersonen eingestuft werden, gilt: Freitesten ist ab dem fünften Tag mit einem PCR-Test möglich.

Dass künftig dreifach geimpfte Personen nicht mehr als Kontaktpersonen zählen, rief auch Kritik hervor, etwa vom Mikrobiologen Michael Wagner, aber auch vom Statistiker Erich Neuwirth. Damit werde es dort auch kein Contact-Tracing mehr geben – mehr dazu in wien.ORF.at.

Ausnahmen in der kritischen Infrastruktur

Ausnahmen gibt es für Kontaktpersonen in der kritischen Infrastruktur: Sie können mit täglich gültigem Test und FFP2-Maske auch weiterhin arbeiten gehen. Zu diesem Personenkreis gezählt wird insbesondere Gesundheitspersonal, Personal von Einsatzorganisationen, Beschäftigte in der Energieversorgung und Personal zur Aufrechterhaltung der Grundbedürfnisse des öffentlichen Lebens. Eine Einstufung als versorgungskritisches Personal erfolgt im Einzelfall durch die zuständige Gesundheitsbehörde – auch der Bildungsbereich wird laut Nehammer dazugezählt.

Nehammer kündigt Maskenpflicht im Freien an

Anlässlich der steigenden CoV-Zahlen hat sich die Regierung mit Landeshauptleuten und der gesamtstaatlichen CoV-Krisenkoordination GECKO zu einem Krisengipfel zusammengefunden. Im Anschluss sprach Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) über eine vermehrte Kontrollpflicht im Handel, die Verschärfung von Sanktionen und von einer Maskenpflicht auch im Freien.

Für die Schulen ändert sich wenig: Bis zum Ende der vierten Schulstufe werden Kontaktpersonen grundsätzlich nicht als Hochrisikokontakte eingestuft. Erst wenn es innerhalb von fünf Tagen zu mehreren positiven Fällen in derselben Klasse bzw. Gruppe kommt, werden die abgrenzbaren Bereiche der Klasse bzw. Gruppe ins Distance-Learning geschickt.

Ab der fünften Schulstufe werden weiterhin nur enge Kontakte und direkte Sitznachbarn als Hochrisikokontakte eingestuft. Hier gilt ebenso, dass keine Einstufung als Kontaktperson erfolgt, wenn konsequent und durchgehend Maske getragen wurde.

Maske, Homeoffice und scharfe Kontrollen

Ein weiteres Maßnahmenpaket umfasst strengere Schutzmaßnahmen, die ab 11. Jänner gelten sollen: Eine FFP2-Maske ist dann auch im Freien verpflichtend, wenn kein Abstand von zwei Metern möglich ist. Als Beispiele gelten Fußgängerzonen, Warteschlangen oder Gruppenansammlungen. Zusätzlich können die Bundesländer eine Maskenpflicht auf stark frequentierten Plätzen verordnen, wie es hieß. Wo es möglich ist, soll Homeoffice verrichtet werden. Der „Grüne Pass“ für die zweite Impfung soll ab dem 1. Februar nur noch sechs Monate gültig sein. Die Gültigkeit nach dem dritten Stich bleibt bei neun Monaten.

Die Regierung will außerdem die Kontrollen verschärfen: Ab kommender Woche wird es eine „Aktion scharf“ zu den 2-G-Kontrollen geben. Im Handel wird es eine Kontrollpflicht geben, entweder beim Eingang oder spätestens beim Bezahlen. Ab dem 3. Februar werden auch temporäre Betretungsverbote bei groben Verstößen möglich sein. Auch die entsprechenden Strafen sollen erhöht werden.

Neuer Lockdown soll verhindert werden

Nehammer betonte bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Mückstein, der Generaldirektorin für die öffentliche Gesundheit, Katharina Reich, Generalmajor Rudolf Striedinger und dem zugeschalteten Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) die neue Gefahrenlage durch die Omikron-Variante. Ihre Infektiosität sei „enorm“, so Nehammer, Österreich müsse sich auf einen sprunghaften Anstieg der Ansteckungszahlen einstellen. Laut Prognose würden schon kommende Woche 17.000 Neuinfektionen am Tag erwartet.

Mückstein (Grüne) zu neuen Regeln

Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) sprach im Anschluss an den Gipfel über die neuen Maßnahmen und ab wann diese gültig sind.

Gleichzeitig scheine die Variante aber zu weniger schweren Verläufen zu führen. Nehammer unterstrich erneut die Wichtigkeit der Impfung. Die dritte Impfung schütze bis zu 90 Prozent vor einer Behandlung auf der Intensivstation. Angesichts der hohen Ansteckungsgefahr müsse man aber auch dafür sorgen, dass es nicht zu allzu großen Personalausfällen komme. „Wir werden gemeinsam alles unternehmen, um einen nächsten Lockdown nach menschlichem Ermessen zu verhindern“, so Nehammer.

Hohes Risiko in großen Teilen des Landes

Auch Mückstein appellierte einmal mehr, sich impfen zu lassen. Die neuen Regeln würden einen „Schutzschild“ bilden, den man brauchen werde. Mückstein hatte schon am Vortag via Twitter dazu geraten, auch im Freien Maske zu tragen, „wenn sich der Zweimeterabstand nicht ausgeht“. Korrekt getragene FFP2-Masken reduzieren laut einem Bericht der Schweizer wissenschaftlichen Taskforce das Ansteckungsrisiko um das 70-Fache.

Reich zu Omikron-Welle

Katharina Reich, Generaldirektorin für öffentliche Gesundheit, sprach über die Auslastung der Krankenbetten. Die Impfung sei dabei äußerst wichtig.

Reich sagte am Donnerstag, die FFP2-Maske sei „ein extrem gutes Mittel, um sich gegen Omikron zu wappnen“. Auch sie appellierte für die Impfung. Jede Impfung sei gut, das gelte nicht nur für den Booster. Auch die erste und zweite Impfung hätten schon positive Auswirkungen, der Booster helfe aber am meisten. Medikamente gegen CoV seien kein Ersatz dafür, denn auch deren Nebenwirkungen seien „nicht ohne“. Eine klare Absage erteilte Reich einer „Durchseuchung“ der Bevölkerung. Das sei keine Option, weil dadurch die Krankenhausaufenthalte stark steigen würden. Daher müsse man weiter auf die Impfung setzen.

Striedinger, erneut im Tarnfleck, sprach wiederholt „bewusst“ von der Impfung als „Waffe“ im Kampf gegen Omikron. „Weil hier ist nicht Gewaltfreiheit angesagt. Das Virus fragt uns auch nicht, ob es kommen darf oder nicht – das ist Gewalt gegen unsere Gesundheit.“ Wallner erklärte, dass es keinen Grund gebe, von der geplanten Impfpflicht abzugehen – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at

Zuspruch aus den Ländern

Die Reaktionen auf die neuen Regeln waren am Donnerstag höchst unterschiedlich. Zuspruch kam aus den Ländern: Tirols Landeshauptmann Günther Platter, Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer und Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (alle ÖVP) begrüßten unter anderem, dass es keinen neuen Lockdown für Geimpfte geben werde – mehr dazu in tirol.ORF.at.

Der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) sagte: „Österreich darf nicht geschlossen werden.“ Die Einführung einer Impfpflicht sei aus seiner Sicht wichtig und notwendig, „auch wenn sie um ein Jahr zu spät kommt“ – mehr dazu in steiermark.ORF.at. Auch Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) zeigte sich zufrieden: „Der heutige Tag hat wieder gezeigt, dass von allen Experten und allen Verantwortlichen im Bund und in den Ländern mit vollem Einsatz dafür gearbeitet wird, diese weltweite Herausforderung für Österreich bestmöglich zu meistern“. Sie unterstütze die „volle Kontrolle von 2-G“ – mehr dazu in noe.ORF.at.

Statement von Generalmajor Rudolf Striedinger

Striedinger ist in der GECKO für logistische Fragen zuständig. In der Pressekonferenz griff er zu drastischen Worten.

Aus dem SPÖ-geführten Burgenland kamen „keine Einwände“ – mehr dazu in burgenland.ORF.at. Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) sagte, zum Schutz der Bevölkerung und auch zur Aufrechterhaltung des öffentlichen Lebens sei ein „restriktives und bundesweites Vorgehen notwendig“. In Kärnten wird man die Situation beobachten und regelmäßig evaluieren – zusätzliche Verschärfungen werde es vorerst aber nicht geben, hieß es seitens des Landes. An die Eltern von Schulkindern ging der Appell, die Kinder vor Schulbeginn noch einmal testen zu lassen – mehr dazu in kaernten.ORF.at.

SPÖ vermisst Anreize

Die SPÖ vermisste vor allem eine Impfprämie. „Der positive Anreiz eines Impfschecks wäre gerade jetzt eine Win-win-Situation, die das Boostern pusht und mittelfristig der Wirtschaft hilft“, so SPÖ-Gesundheitssprecher Philip Kucher. Überhaupt fehle eine „Booster-Offensive“.

NEOS stand den strengeren Kontrollen im Handel oder auch der Lockerung der Quarantäneregeln positiv gegenüber, wie der stellvertretende Klubobmann Gerald Loacker betonte. Letztere müssten aber auch für den Schulbereich gelten. Schließlich sei in kaum einer anderen Berufsgruppe die Impfquote so hoch wie beim Lehrpersonal, und auch bei Schülerinnen und Schülern steige diese stetig. Andere Maßnahmen, wie etwa eine kürzere Gültigkeit des „Grünen Passes“, seien allerdings nicht zu Ende gedacht, so Loacker. Er forderte, Apotheken als niederschwellige Anlaufstellen mit ins Boot zu holen. Denn endlos werden Impfstraßen oder Impfbusse nicht aufrechtzuerhalten sein.

Als „Zeichen der Verzweiflung“ qualifizierte wiederum FPÖ-Chef Herbert Kickl die präsentierten Maßnahmen. Die Maskenpflicht im Freien sei der „Gipfel des Unsinns“, so Kickl. Damit gestehe die Regierung ein, „dass die Impfung eindeutig nicht der Gamechanger ist“. Diese „Frotzelei der Menschen“ werde nichts bringen, so Kickl: „Ich erwarte mir sogar negative Nebeneffekte, weil die Menschen dann gleich lieber zu Hause bleiben und sich Freunde einladen, anstatt sich mit einem 2-Meter-Zollstock durch die Gegend zu bewegen.“

Handel will machbare Lösungen

Dass auf Basis der bestehenden Maßnahmen Lösungen gefunden wurden, um Schließungen zu vermeiden, begrüßte der Präsident der Wirtschaftskammer Österreich (WKO), Harald Mahrer. Auch die Industriellenvereinigung (IV) begrüßte die Maßnahmen. Der heimische Handel nahm die verkündete Kontrollpflicht am Donnerstag zur Kenntnis, forderte aber eine praktikable Lösung ein. WKO-Handelsobmann Rainer Trefelik sprach sich etwa für eine Bändchenlösung wie in Teilen Deutschland aus, um die vorgeschriebenen Kontrollen zu erleichtern – mehr dazu in wien.ORF.at.

Damit Kunden in Einkaufszentren oder -straßen nicht von jedem Shop einzeln überprüft werden müssen, erhalten diese nach einmaliger Kontrolle des 2-G-Status und der Identität ein Bändchen, das in weiterer Folge für den Einkauf als 2-G-Nachweis dient. Dieses könnte von den Gemeinden, Stadtmarketingorganisationen, in Einkaufszentren und -straßen oder von Testzentren ausgegeben werden, so der Handelsvertreter. Auch über eine begrenzte Gültigkeit von beispielsweise einem Monat ließe sich diskutieren.

Für den Handelsverband war eine machbare Umsetzung wichtig, „ohne unverschuldet hohe Strafen zu riskieren und ohne durch Eingangskontrollen ‚das Kind mit dem Bade auszuschütten‘, bevor eine Kundenbeziehung überhaupt entstehen kann“, so Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will.