Chief Medical Officer Katharina Reich während einer Pressekonferenz
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Omikron

„Durchseuchung wird passieren“

Mit strengerer Maskenpflicht, gelockerten Quarantäne- und geänderten Kontaktpersonenregeln will die Regierung in die Omikron-Welle gehen. Ein Lockdown werde als Notbremse mitgedacht, so die Leiterin der gesamtstaatlichen Covid-Krisenkoordination (GECKO), Katharina Reich. Damit werde das Problem aber nur verschoben. Für sie steht mit der Omikron-Variante fest: „Durchseuchung wird passieren.“

Durchseuchung sei ein negativ behaftetes Wording, das Angst mache. „Aber Omikron ist so ansteckend, dass wir nicht daran vorbeikommen. Es sei denn, wir sind gut geschützt, und das ist die Impfung, vor allem die Dreifachimpfung“, sagte Reich Freitagfrüh im Ö1-Morgenjournal. Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) sprach in diesem Zusammenhang in der ZIB2 Donnerstagabend von einem Paradigmenwechsel, der mit Omikron und damit verbundenen höheren Ansteckungszahlen, aber milderen Verläufen einhergehe.

Neu geregelt wurde der Umgang mit Kontaktpersonen. Ab Samstag gibt es keine Unterscheidung mehr zwischen K1- und K2-Personen. Künftig wird man keine Kontaktperson mehr sein, wenn man dreimal geimpft ist oder wenn alle Beteiligten eine FFP2-Maske getragen haben. Das gilt auch für Kinder, die noch keine dritte Impfung erhalten haben. Für alle, die als Kontaktpersonen eingestuft werden, gilt: Freitesten ist ab dem fünften Tag mit einem PCR-Test möglich.

„Können nur auf Sicht fahren“

Künftig soll offenbar mehr auf Eigenverantwortung als auf die behördliche Kontaktverfolgung gesetzt und der Fokus auf die CoV-Positiven gelegt werden. Reich: „Wo das Contact-Tracing nicht mehr funktioniert, weil Menschen nicht mehr dazu beitragen, oder es nicht mehr möglich ist, weil es so viele auf einmal sind, muss der Mensch selbst ohne Behörde aktiv sein.“ Es werde nicht möglich sein, dass die Behörde bei hohen Infektionszahlen alle Kontaktpersonen ermittelt. Die neuen Kontaktpersonenregeln stoßen auch auf Kritik – mehr dazu in wien.ORF.at.

Welche Indikatoren für die Verhängung eines künftigen Lockdowns herangezogen werden sollen, konnte Reich nach dem Start der fünften Infektionswelle nicht sagen. Man sei derzeit „intensiv am Rechnen“. Vorstellbar ist es für Reich, dass von der Auslastung der kritischen Intensivbettenbelegung von 33 Prozent Covid-19-Patienten abgegangen und der Fokus beispielsweise auf die Auslastung der Betten mit Infizierten auf Normalstationen gelegt werde.

Kritik von Patientenanwältin

Trotz der stark steigenden Neuinfektionen werden die Schulen am Montag öffnen. Eine Schließung der Schulen sei „Ultima Ratio“, so Reich. Sie schließt aber Veränderungen in den kommenden Tagen und Wochen nicht aus: „Wir können nur auf Sicht fahren.“

Die Wiener Patientenanwältin Sigrid Pilz übte harsche Kritik an den Aussagen. „Jetzt ist es klar ausgesprochen: Die Durchseuchung wird in Kauf genommen“, konstatierte sie via Twitter. Fraglich sei nun, wer die langfristigen Folgen für die Kinder, die kaum geschützt in der Schule und im Kindergarten seien, verantworten werde. „Niemand erklärt, niemand fragt nach. Das ist unakzeptabel“, befand Pilz.

Mückstein: Impfpflicht „fix“

Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) verteidigte die angesichts der stark steigenden Infektionszahlen durch die Omikron-Variante nicht besonders streng anmutenden Verschärfungen der CoV-Regeln. Österreich habe bereits strenge Maßnahmen, so Mückstein Donnerstagabend in der ZIB2. Ziel sei es, einen allgemeinen Lockdown zu verhindern und die kritische Infrastruktur zu schützen.

Minister Mückstein zur Omikron-Welle

Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) nimmt Stellung zu den neuen CoV-Regelungen und spricht über die Herausforderungen, die die neue CoV-Variante Omikron mit sich bringt

Bevor es auf den Intensivstationen voll werde, werde es auf den Normalstationen und bei den niedergelassenen Ärzten kritisch, daher müsse man dort nun besonders aufpassen, verwies Mückstein auch darauf, dass mit Omikron deutlich weniger Menschen auf Intensivstationen landen – was durch die deutlich höhere Infektionsrate aber egalisiert werden könnte. Das Ziel sei weiter, möglichst viele Menschen von einer Impfung zu überzeugen.

Dass Menschen für eine Impfung bezahlt werden, da sei er skeptisch, aber sonst sei er für möglichst viele Anreize – der beste Weg sei, die Menschen von der Wichtigkeit einer Impfung zu überzeugen. Die Impfpflicht werde mit Februar „fix“ kommen, so Mückstein weiter, es brauche eine mittelfristige Perspektive, und die Impfung helfe gegen schwere Verläufe. Schon zuvor hatte auch Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) gegenüber der „Kronen Zeitung“ (Donnerstag-Ausgabe) auf die Impfpflicht gepocht. Vor allem die Boosterimpfung bewahre zu 90 Prozent vor einem Spitalsaufenthalt und zu 95 Prozent vor der Intensivstation, argumentierte Nehammer.

Ausnahmen für kritische Infrastruktur

Am Donnerstag wurden die neuen Regeln von GECKO, Bundesländern und Regierung beschlossen. Ab 11. Jänner gilt in Österreich eine FFP2-Maskenpflicht im Freien bei Unterschreitung des Zweimeterabstands, außerdem kommt es zu verpflichtenden 2-G-Kontrollen im Handel. Bereits ab 8. Jänner wird zudem die Quarantäne für Kontaktpersonen verkürzt.

Mit den gelockerten Quarantäneregeln soll laut Angaben verhindert werden, dass zu viele Personen, die zur Aufrechterhaltung der kritischen Infrastruktur nötig sind, abgesondert werden. Daher auch die Ausnahmen für Kontaktpersonen in der kritischen Infrastruktur: Sie können mit täglich gültigem Test und FFP2-Maske auch weiterhin arbeiten gehen. Zu diesem Personenkreis gezählt werden insbesondere Gesundheitspersonal, Personal von Einsatzorganisationen, Beschäftigte in der Energieversorgung und Personal zur Aufrechterhaltung der Grundbedürfnisse des öffentlichen Lebens.

Gültigkeit von „Grünem Pass“ reduziert

Darüber hinaus habe man sich darauf geeinigt, die Gültigkeit des „Grünen Passes“ auf sechs Monate zu reduzieren, das gilt ab 1. Februar – und zwar für all jene, die bisher zweifach geimpft sind. Für dreifach Geimpfte bleibt die Gültigkeit bei neun Monaten. Damit wolle man erreichen, dass der dritte Stich weiterhin in Anspruch genommen wird, so Nehammer bei der Vorstellung der Regeln.

Ab Dienstag gilt dann eine verschärfte Maskenpflicht. Eine FFP2-Maske ist dann auch im Freien verpflichtend, wenn kein Abstand von zwei Metern möglich ist. Als Beispiele gelten Fußgängerzonen, Warteschlangen oder Gruppenansammlungen. Zusätzlich können die Bundesländer eine Maskenpflicht auf stark frequentierten Plätzen verordnen, wie es hieß. Wo es möglich ist, soll Homeoffice verrichtet werden.