Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und EU-Komissionspräsidentin Von der Leyen
AP/Michel Euler
EU zu Gast in Paris

Große Pläne unter dem Damoklesschwert CoV

Zum Auftakt der französischen EU-Ratspräsidentschaft nutzte Präsident Emmanuel Macron Paris am Freitag als Bühne für seine Europapolitik. Er führte seinen Gast, Kommissionschefin Ursula von der Leyen, in den Pantheon – ein Besuch als Referenz an die europäische Geschichte. Macron will aber auch die Zukunft der EU gestalten, bei einigem wird er allerdings an Grenzen stoßen.

Der Besuch am Freitag zum Auftakt der Ratspräsidentschaft verlief betont harmonisch. Von der Leyen kam mit EU-Kommissaren für zwei Tage nach Paris. Bei der gemeinsamen Pressekonferenz zeigte man demonstrative Einigkeit.

Macron und von der Leyen riefen gemeinsam zu einem Ende der Gewalt in Kasachstan auf. „Die Europäische Union ist bereit zu helfen, wo sie kann“, sagte von der Leyen. Macron mahnte ebenfalls zur „Deeskalation“. Beide betonten auch die Rolle der EU in der Krisenregion Ukraine. „Es gibt keine Lösung des Konflikts ohne die EU“, sagte von der Leyen. Sie verwies darauf, dass die EU die Ukraine mit sechs Milliarden Euro unterstütze und Sanktionen gegen Russland verhängt habe.

Macron rechtfertigte aber auch den Dialog mit Russland. „Die EU muss weiter mit Russland im Gespräch bleiben. Das bedeutet nicht, Zugeständnisse zu machen“, sagte Macron, der in den vergangenen Wochen zweimal mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin telefoniert hatte. Von der Leyen kündigte zudem an, dass sie mit Macron an der Idee einer europäischen Sicherheitsarchitektur arbeiten und einen Vorschlag auf den Tisch legen werde. Macron sagte, es liege an den Europäern selbst, die Sicherheitsarchitektur vorzuschlagen, die sie haben wollen.

Rückblick und Ausblick in Paris

Zuvor hatten von der Leyen und Macron gemeinsam den Pariser Pantheon besucht und der dort bestatteten Europapolitiker Jean Monnet und Simone Veil gedacht. Sie ließen ein Blumengebinde an der Gedenkstätte für den Gründervater der EU und die frühere EU-Abgeordnete niederlegen. Veil war Holocaust-Überlebende, die immer wieder Barrieren für Frauen in der Politik durchbrach. Sie stand etwa an der Spitze der Bewegung, die die Abtreibung in Frankreich anstrebte. Veil war zudem die erste Präsidentin des Europäischen Parlaments. Monnet war einer der Gründungsväter der Europäischen Union.

Bei dem Besuch ging es aber vor allem um die großen Themen, die Frankreich in den kommenden sechs Monaten anpacken will. Darunter sind die geplante CO2-Grenzsteuer, eine bessere Regulierung von Internetunternehmen und eine Reform des Schengen-Raums. Ein Knackpunkt werden sicherlich neue Haushaltsregeln in der EU sein, über die schon vorab Streit ausgebrochen ist. Macron spricht sich seit geraumer Zeit für flexiblere Schuldenregeln aus, die derzeit wegen der Pandemie ohnehin kaum ein Mitgliedsstaat mehr einhält.

Mit der neuen, SPD-geführten Regierung in Deutschland sowie Befürworter Italien wäre nun ein Konsens der großen EU-Staaten möglich. Die konservative Mehrheit im Rat und Parlament steht solchen Vorstößen jedoch großteils ablehnend gegenüber.

Unsicherheitsfaktor Omikron

Frankreichs Ratspräsidentschaft nahm sich viel in kurzer Zeit vor: Weil sie mit dem französischen Präsidentschaftswahlkampf zusammenfällt, finden die meisten der wichtigen Treffen in den ersten drei Monaten des Jahres statt. Über allem schwebt jedoch das Damoklesschwert der Pandemie. Die Omikron-Welle könnte viele der ehrgeizigen Vorhaben Macrons einschränken, viele Veranstaltungen und Treffen werden nicht oder nur online stattfinden können.

Der französische Pantheon in Paris
AP/Ludovic Marin, Pool Photo/Ludovic Marin
Besuch im Pantheon, wo Monnet und Veil geehrt wurden

Eine Warnung an Paris war schon die Ratspräsidentschaft Portugals vor einem Jahr: Damals führte ein Besuch der EU-Spitze in Lissabon dazu, dass drei Kommissare isoliert werden mussten. Omikron traf Frankreich schon hart: Hier werden zurzeit mehr als 200.000 neue Fälle täglich gemeldet. Macron will scharf gegen Impfverweigerer vorgehen, bei einem Interview vergangene Woche nahm er sich kein Blatt vor den Mund. Er werde Ungeimpfte „bis zum bitteren Ende sekkieren“, indem er ihnen so weit wie möglich den „Zugang zu den Aktivitäten des sozialen Lebens“ einschränken werde, so Macron.

Dabei verwendete er das Wort „emmerder“, das sich ungefähr mit „auf den Sack gehen“ übersetzen lässt. Die Reaktionen waren so heftig, dass sogar ein Treffen der Nationalversammlung unterbrochen werden musste.

Beim Besuch von der Leyens am Freitag stand Macron zu seinen Worten. „Ich bleibe dabei“, so Macron. Es sei die Pflicht der Behörden, Ungeimpften Restriktionen aufzuerlegen, um die Mehrheit der Geimpften zu schützen.