Person bei Impfung in Wien
APA/Herbert Pfarrhofer
Technische Umsetzung

Impfpflicht für ELGA erst ab April möglich

Die Einführung der Impfpflicht ab Februar könnte wackeln. Laut ELGA GmbH ist die technische Umsetzung der Maßnahme erst frühestens ab April möglich, heißt es in ihrer Stellungnahme zum Gesetzestext am Freitag. Dennoch bleibt das Gesundheitsministerium bei seinem Plan, die Impfpflicht mit Februar einzuführen.

ELGA ist laut eigenen Angaben bei der Erstellung des Begutachtungsentwurfes nicht konsultiert worden, heißt es in Richtung Regierung. Daher seien „hinsichtlich der technischen Umsetzung der Erfassung der Ausnahmen im nationalen Impfregister und der dafür notwendigen Umsetzungszeiten Änderungen geboten“.

„Die ELGA GmbH und deren Umsetzungspartner werden für die technische Umsetzung der Impfpflicht über das nationale Impfregister mindestens bis 1. April 2022 benötigen“, heißt es in der Begutachtungsstellungnahme wörtlich.

Vorschlag: „Anreizsystem mittels Gutscheinen“

Nicht umgesetzt werden könnten außerdem die Einschränkung der Ausnahmeerfassung auf Vertragsärztinnen und -ärzte gewisser Fachrichtungen und die Erweiterung des zentralen Patientenindex (ZPI) um Personen, die zwar in Österreich gemeldet sind, aber keine Sozialversicherungsnummer haben.

Laut ELGA könnte die zeitliche Verzögerung allerdings „für ein finanzielles Anreizsystem mittels Gutscheinen für alle Personen mit drei Teilimpfungen genutzt werden“, heißt es weiter in der Stellungnahme, wobei die Verteilung über die ELGA-e-Medikation analog den Antigen-Schnelltests über Apotheken erfolgen könnte. Die als Strafen lukrierten Mittel sollten zudem gezielt in das Gesundheitssystem investiert werden. Zehn Prozent sollten für die Digitalisierung des Gesundheitswesens zweckgewidmet werden, lautet ein Vorschlag.

Gesundheitsministerium hält an Februar fest

Im Gesundheitsministerium gab man sich unbeirrt. Ein erster Abgleich der Impfdaten mit dem Melderegister sei im Gesetzesentwurf am 15. März vorgesehen. Sollte aus den Stellungnahmen im Begutachtungsprozess hervorgehen, dass aus technischen Gründen eine Änderung im Fristenlauf benötigt werde, werde das „selbstverständlich berücksichtigt“. Das ändert aber nichts am Inkrafttreten der Impfpflicht mit Februar. Die Einhaltung der Impfpflicht solle ab diesem Zeitpunkt zudem im Rahmen von behördlichen Kontrollen breit kontrolliert werden.

„Positiv überrascht“ über die ELGA-Stellungnahme zeigte sich die FPÖ. „Es ist erfreulich, dass das Impf-Zwangsregime nun einen starken Dämpfer bekommen hat – wenn auch ‚nur‘ durch technische Probleme“, meinte deren Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch in einer Aussendung. Für SPÖ-Obfrau Pamela Rendi-Wagner belegen die „Umsetzungsprobleme“ bei der Impfpflicht, dass das Coronavirus-Management der Regierung auch 2022 nicht besser geworden sei.

Kritik von Datenschützern

Darüber hinaus üben Datenschützerinnen und Datenschützer Kritik am Gesetzesentwurf. So sieht die Organisation ARGE Daten in ihrer Stellungnahme gleich „mehrere Tabubrüche“. So werde durch das Vorhaben eine Art Rasterfahndung eingeführt, lautet einer der Kritikpunkte. Die Unschuldsvermutung werde zum Schuldverdacht umgekehrt.

Ein verpflichtender medizinischer Eingriff ist für die ARGE Daten zwar grundsätzlich möglich, mit dem Gesetz drohe aber ein „bürokratischer Lockdown“, denn: „Der Entwurf zu einer Strafverfügungsdatei ist willkürlich und überschießend. Er lässt keinen signifikanten Einfluss auf das Pandemiegeschehen erwarten und widerspricht Grundrechten, insbesondere der Achtung auf Privat- und Familienleben.“

Neben der drohenden „Rasterfahndung zur Verhängung von Verwaltungsstrafen“ befürchtet die Daten-NGO auch die Entindividualisierung der medizinischen Versorgung, Kritik gibt es auch an der automatisierten Ausstellung von Strafverfügungen ohne individuelle Prüfung der tatsächlichen Strafwürdigkeit. Zudem operiere der Entwurf mit „willkürlichen Annahmen“, heißt es in der Begutachtungsstellungnahme. Der sich dynamisch ändernde Wissensstand werde unzureichend gewürdigt.

Unterstützung von Unis

Generelle Zustimmung erhält die Impfpflicht von den Universitäten. Auf der Parlamentswebsite sind schon mehr als 61.000 Stellungnahmen eingelangt. So spricht sich die Österreichische Universitätenkonferenz (UNIKO) einstimmig für die Einführung einer Impfpflicht aus. „Nur so wird die aus wissenschaftlicher Sicht notwendige hohe Durchimpfungsquote erreicht“, lautet die Begründung in der Begutachtungsstellungnahme. Aufgrund der Schwere des Eingriffs in die Rechtsordnung appelliert die UNIKO, „die Impfpflicht verfassungskonform und konsistent in allen Rechtsbereichen zu verankern“.

Ähnlich lautet auch die Stellungnahme des Instituts für Ethik und Recht in der Medizin (IERM) an der Uni Wien. „Am Vorhaben eines Bundesgesetzes über die Impfpflicht gegen COVID-19 ist aus der Sicht des IERM keine Kritik zu üben, sofern dies als Ultima Ratio für die Abwehr der von der Pandemie ausgehenden Gefahr für die öffentliche Gesundheit geboten ist“, heißt es schlicht in der kurzen Stellungnahme und weiter: „Vielmehr ist auch aus ethischer Sicht dem legitimen Schutzziel der Aufrechterhaltung eines funktionsfähigen Gesundheitssystems als Recht der gesamten Bevölkerung zuzustimmen.“

Verfassungsdienst pro Impfpflicht mit „Evaluierung“

Grundsätzlich kein Problem mit der Impfpflicht hat auch der Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt. Er weist allerdings – wie auch mehrere Expertinnen und Experten – darauf hin, „dass auch die Eignung der Impfpflicht zur Erreichung der angestrebten Ziele einer laufenden Evaluierung bedarf, bei der auch aktuelle epidemiologische Entwicklungen zu berücksichtigen sind“. Im Hinblick auf die aktuelle Virusvariante Omikron regt der Verfassungsdienst an, in den Erläuterungen Ausführungen zur Wirksamkeit der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes verfügbaren Impfstoffe gegen diese Variante aufzunehmen.

Abermals haben Impfgegner und -skeptiker die Möglichkeit der Stellungnahme genutzt, um die Parlamentswebsite mit gleichlautenden Serieneinträgen zu fluten. Freitagvormittag gab es 88.000 Einträge. Somit gestaltete sich auch die Suche nach Stellungnahmen offizieller Stellen als schwierig und war technisch nur noch gezielt nach Namen möglich. Am 17. Jänner soll das Gesetz im Gesundheitsausschuss im Nationalrat behandelt werden.