Russische Militärfahrzeuge an der kasachischen Grenze
APA/AFP/Russian Defence Ministry
Kasachstan

Lange Geschichte der Unterdrückung

Dass Kasachstan die Unterstützung Russlands sucht, um Feinde abzuwehren, ist nicht neu. Im 18. Jahrhundert schlossen sich die Führer der nomadischen Kasachen dem Zarenreich an, um den Invasionen der Mongolen Herr zu werden.

Im 19. Jahrhundert gab es aber auch Aufstände gegen die russische Herrschaft. Tausende russische und ukrainische Bauernfamilien wurden auf dem Gebiet des heutigen Kasachstan angesiedelt. Im Folgenden ist die weitere Entwicklung im 20. und 21. Jahrhundert zusammengefasst:

  • 1916: Ein starker Aufstand gegen die russische Herrschaft wird niedergeschlagen. Mehr als 100.000 Menschen werden getötet, rund 300.000 fliehen ins Ausland.
  • 1917: Nach der bolschewistischen Oktoberrevolution bricht ein Bürgerkrieg aus. Kasachstan wird Teil der kommunistischen Sowjetunion. In den 20er und 30er Jahren kommt es zur Kollektivierung der Landwirtschaft und zur Industrialisierung. Mehr als eine Million Menschen sterben infolge von Hunger rund um eine Kampagne, die Kasachen sesshaft zu machen.
  • 1936: Kasachstan wird zu einer offiziellen Teilrepublik der Sowjetunion. Unter Diktator Josef Stalin werden weitere Hunderttausende Menschen anderer Volksgruppen, darunter Deutsche und Krimtataren, unter Zwang in Kasachstan angesiedelt. Ethnische Kasachen machen später schließlich nur noch 30 Prozent der Bevölkerung (heute nach Ende der Sowjetunion wieder 68 Prozent) aus.
  • 1949: Kasachstan wird das ATOMTESTGELÄNDE der Sowjets: Der erste Atomtest der Sowjets wird in der kasachischen Steppe in Semipalatinsk vorgenommen.
  • 1961: Kasachstan beherbergt den Weltraumbahnhof der Sowjets: Der erste bemannte Flug ins All startet von Baikonur.
  • 1986: Proteste gegen die Sowjetherrschaft unter Michail Gorbatschow.
  • 1989/90: Nursultan Nasarbajew wird Chef der KP Kasachstans und kasachischer Präsident.
  • 1991: Die Sowjetunion hört auf zu existieren. Nasarbajew wird ohne Gegenkandidaten zum ersten Präsidenten des unabhängigen Kasachstans gewählt. Er regiert autoritär. Jede Opposition wird unterdrückt, ihre führenden Vertreter eingesperrt, faire Wahlen gibt es nicht. Es wird gefoltert. Kasachstan wird Teil der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) aus ehemaligen Sowjetrepubliken.
  • 1995: Wirtschafts- und Militärpakt mit Russland.
  • 1997/98: Lukrative Verträge über Öllieferungen an China. Verlegung der Hauptstadt von Almaty in das aus dem Boden gestampfte Akmola, das später in Astana und noch später in Nursultan nach dem Vornamen des Präsidenten umgetauft wird.
  • 2000: Kampf gegen Islamisten an den Grenzen zu Kirgistan und Usbekistan. Nach Schießereien gegen muslimische Uiguren in Almaty.
  • 2001: Die erste große Pipeline von Tengis im russischen Schwarzmeer-Hafen Noworossijsk beliefert die Weltmärkte mit kasachischem Öl. Kasachstan ist bei der Gründung der Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) um Russland, China und zentralasiatische Länder mit an Bord.
  • 2002: Der spätere Nasarbajew-Nachfolger Kassym-Schomart Tokajew tritt plötzlich als Ministerpräsident zurück.
  • 2004: Vertrag mit China über Bau einer Ölpipeline.
  • 2007: Das „Parlament“ ermöglicht Nasarbajew beliebig viele Amtszeiten.
  • 2010: Kasachstan übernimmt unter Kritik wegen mangelnder Demokratie die Präsidentschaft der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit für Europa (OSZE). Nasarbajew erhält noch mehr Befugnisse, den Titel „Führer der Nation“ und Immunität vor strafrechtlicher Verfolgung. Zollunion mit Russland und Belarus.
  • 2011: Zusammenstöße streikender Arbeiter mit der Polizei in Schangaösen: 16 Tote.
  • 2014/15: Wirtschaftsunion mit Russland und Belarus.
  • 2016: Dutzende Festnahmen bei Protesten gegen die Regierung.
  • 2018: Nasarbajew nun auch Parlamentspräsident auf Lebenszeit.
  • 2019: Nasarbajew tritt zurück, soll aber nach wie vor im Hintergrund bestimmend sein. Kassym-Schomart Tokajew folgt ihm wunschgemäß als offizieller Staatspräsident nach.
  • 2022: Dutzende Tote bei Aufstand gegen erhöhte Gaspreise und autoritäres System im ganzen Land, insbesondere in Almaty.