Geboren in Florida wuchs Poitier als jüngstes von sieben Kindern einer armen Bauernfamilie auf den Bahamas auf. Als Teenager folgte er seinem älteren Bruder nach Florida, wo er sich als Straßenverkäufer, Tellerwäscher und Hilfsarbeiter durchschlug. Mit 18 Jahren ging er nach New York, wo er dem American Negro Theater beitrat.
Nach kleinen Broadway-Rollen gab er 1950 in „Der Hass ist blind“ („No Way Out“) an der Seite von Richard Widmark in einer Arztrolle sein Filmdebüt. Mit 22 Jahren holte ihn Hollywood-Produzent Darryl F. Zanuck nach Los Angeles, wo er zunächst – wie die meisten dunkelhäutigen Schauspielerinnen und Schauspieler – nur in Nebenrollen besetzt wurde.
Erste Oscar-Nominierung für Rolle in „Flucht in Ketten“
Mit 28 Jahren gelang ihm der Durchbruch mit der Rolle eines Schülers in dem Sozialdrama „Die Saat der Gewalt“ (1955) von Richard Brooks. 1958 spielte er gemeinsam mit Tony Curtis die Hauptrollen in Stanley Kramers „Flucht in Ketten“, was ihm seine erste Oscar-Nominierung einbrachte.
Die Rollenangebote für den blendend aussehenden Darsteller überschlugen sich, Ende der 1960er Jahre galt Poitier als höchstbezahlter Filmschauspieler. 1964 erhielt Poitier für „Lilien auf dem Felde“ („Lilies of the Field“) den Oscar als bester Hauptdarsteller. Er war der erste schwarze Schauspieler, dem diese Auszeichnung verliehen wurde, und die zweite schwarze Person überhaupt, die von der Filmakademie ausgezeichnet wurde. Vor ihm hatte nur Hattie McDaniel 1940 für ihre Nebenrolle als Haushälterin im Melodrama „Vom Winde verweht“ als Schwarze einen Oscar gewonnen. Fast 25 Jahre vergingen, ehe Poitier die Akademie mit der Darstellung eines schwarzen Arbeiters auf der Farm weißer Nonnen überzeugte.
Kussszene sorgte für Aufsehen
Zu Poitiers Erfolgen zählt auch, dass er im Film „Rat mal, wer zum Essen kommt“ als erster Schwarzer in einem Hollywood-Film eine Weiße küssen durfte. Zwar wurde die leidenschaftliche Szene 1967 noch verschämt durch den Rückspiegel eines Taxis gedreht, aber sie gehört in die Reihe jener Durchbrüche, für die Bürgerrechtler ihn feierten und für die manche Aktivisten der afroamerikanischen Bewegung ihn lange als angepassten „weißen Schwarzen“ schmähten.
TV-Hinweis
ORF2 ändert in memoriam Sidney Poitier das Programm und zeigt am Samstag um 11.15 Uhr „Rat mal, wer zum Essen kommt“.
Als Poitier 2002 einen Ehrenoscar für sein Lebenswerk entgegennahm, zollten die Galagäste minutenlang tobenden Applaus. Mit 22 Jahren sei er nach Hollywood gekommen, um eine Reise anzutreten, die damals „fast unmöglich“ erschien, sagte Poitier in seiner denkwürdigen Ansprache. Er lobte die „mutigen und selbstlosen“ Entscheidungen von Regisseuren und Produzenten, die ihm trotz seiner Hautfarbe Rollen und damit eine Chance gegeben hätten.
Als Sir geadelt und mit Medal of Freedom ausgezeichnet
Schon vor dem Ehrenoscar wurde Poitier für seine schauspielerischen Verdienste der Orden Knight Commander of the British Empire (KBE) verliehen, der mit dem Titel Sir verbunden ist. 2009 wurde Poitier von Präsident Barack Obama mit der Presidential Medal of Freedom ausgezeichnet.
Auftritte von Poitier waren in den letzten Jahren selten geworden. Der Vater von sechs Töchtern war fast 50 Jahre mit der kanadischen Schauspielerin Joanna Shimkus (73) verheiratet.