In Italien ist die CoV-Impfpflicht für Menschen im Alter von über 50 Jahren am Samstag in Kraft getreten. Ungeimpfte haben jedoch noch Zeit, bis ihnen Konsequenzen drohen. Ab dem 1. Februar ist eine Strafe von 100 Euro für diejenigen vorgesehen, die bis dahin noch ungeimpft sind oder ihre zweite Dosis beziehungsweise den Booster nicht erhalten haben, obwohl sie es könnten.
Die Impfpflicht gilt vorerst bis zum 15. Juni und für alle Menschen über 50 mit Wohnsitz in Italien. Ab dem 15. Februar greift für die über 50-Jährigen zudem die 2-G-Regel in der Arbeit. Wer ab dann nicht geimpft oder nachweislich genesen ist, kann zum Beispiel nicht mehr ins Büro kommen. Für jüngere Arbeitnehmer reicht ein negativer Test. Wer dennoch erscheint und erwischt wird, muss wie bisher mit einer Strafe zwischen 600 und 1.500 Euro rechnen.
Grillo sieht „Orwell’sche Bilder“
Regierungschef Mario Draghi hatte die umstrittenen Maßnahmen damit gerechtfertigt, in der Altersgruppe einzuschreiten, die stärker vom Risiko betroffen ist, bei einer Infektion ins Krankenhaus eingeliefert zu werden. Viele Politiker aus den mitregierenden Parteien befürworteten das Vorgehen.
Anders sieht das Beppe Grillo, Gründer der Fünf Sterne-Bewegung, der stärksten Einzelpartei im italienischen Parlament. „Die Unterwerfung unter eine zentrale staatliche Kontrolle und erst recht unter eine medizinische Zwangsbehandlung wie die Impfpflicht ruft Orwell’sche Bilder hervor, die psychologisch schwer wiegen.“
100 Euro – ein Hohn?
Nicht nur die Maßnahme selbst, auch ihr Umsetzung sorgt für Debatten – die Strafhöhe für Impfverweigerer sei entschieden zu niedrig, meinen viele. „Eine einmalige 100-Euro-Strafe für Impfverweigerer entspricht zwei Strafzetteln wegen Falschparkens“, kritisierte der Immunologe Roberto Burioni auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. „Das macht die Verordnung selbst zu einem grotesken Witz.“
„Seien wir ehrlich: Eine einmalige Geldstrafe von 100 Euro für über 50-Jährige, die der Impfpflicht nicht nachkommen, ist keine ernsthafte Maßnahme. Die Umgehung einer für unsere Gesundheit grundlegenden Verpflichtung ist schwerwiegend“, schrieb Raffaella Paita, Abgeordnete der mitregierenden Partei Italia Viva auf Twitter.

2,1 Millionen Italiener im Alter von über 50 Jahren sind noch nicht geimpft und von der Impfpflicht betroffen, die die Regierung Draghi am Mittwoch beschlossen hat, geht aus aktuellen Angaben des italienischen Gesundheitsministeriums hervor. Die Impfpflicht gilt ab Samstag für alle in Italien lebenden Personen über 50 Jahre, sowohl für Italiener als auch für Ausländer und Ausländerinnen, mit Ausnahme derjenigen, die aus gesundheitlichen Gründen davon befreit sind. Für Personen, die vom Coronavirus genesen sind, tritt die Verpflichtung innerhalb von höchstens sechs Monaten ab dem Zeitpunkt der Genesung in Kraft.
Verzögerung in Deutschland
In Deutschland indessen zieht sich die Debatte über eine Impfpflicht dahin. Ursprünglich sollten konkrete Vorschläge bereits Ende des vergangenen Jahres vorliegen. Im Dezember hieß es dann: Anfang Jänner. Doch auch daraus wird offenbar nichts. In der kommenden Woche, der ersten Sitzungswoche des Bundestags im neuen Jahr, wird sich das Parlament noch nicht mit der Impfpflicht befassen.
Dabei erwartet sich der deutsche Gesundheitsminister Karl Lauterbach spürbare Effekte durch die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht. „Man muss akzeptieren, dass man selbst mit der Pflicht niemals alle Menschen erreichen wird“, sagte der SPD-Politiker der „Welt am Sonntag“. „Aber ich bin davon überzeugt, dass es eine große Gruppe von Ungeimpften gibt, die wir durch die Impfpflicht zu einer Impfung bewegen können.“

Lauterbach betonte, seine Hoffnung sei, dass die Gesellschaft durch die Impfpflicht relativ gut geschützt sein werde. „Wir dürfen nicht mehr in eine Situation geraten, in der ein Sommer trügerisch gut ist, uns aber im Herbst neue Varianten überraschen – und das, ohne dass die breite Bevölkerungsmehrheit geimpft ist. Denn dann ginge alles wieder von vorne los.“
Deutschland ringt um neue CoV-Strategie
In Deutschland einigten sich am Freitag Bund und Länder auf neue Maßnahmen. Einerseits werden die Quarantänezeiten bei Omikron verkürzt, andererseits wird nun auch in der Gastronomie eine 2-G-Plus-Regel eingeführt. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hält außerdem an der Einführung einer allgemeinen Impfpflicht fest.
Abstimmung ohne Fraktionszwang
Der Minister bekräftigte, dass die Impfpflicht trotz eines geringeren Risikos für schwere Erkrankungen bei der neuen Omikron-Variante nötig sei. „Eine Omikron-Infektion macht nicht zwingend immun vor der nächsten Virusvariante. Der Glaube, dass die Omikron-Variante das Ende der Pandemie ist, ist naiv.“
Über eine Impfpflicht soll der Bundestag ohne Fraktionsvorgaben abstimmen. Eine schnelle Entscheidung wird es aber voraussichtlich nicht geben. Im Gespräch ist zunächst eine „Orientierungsdebatte“ im Jänner. Die SPD strebt den Abschluss eines Gesetzgebungsprozesses „im ersten Quartal“ an, also bis Ende März.