„Ich glaube, dass wir nächstes Weihnachten auch die älteren und kranken Menschen weiter schützen müssen“, sagte Mückstein im Interview mit der APA. Es werde auch weiterhin „schlau sein, in der Infektionszeit ab Oktober, November, eine Maske aufzusetzen“. Denn man habe in diesem Winter erneut keine nennenswerte Influenza-Welle gehabt. „Masken schützen auch vor banalen grippalen Infekten – und nicht nur sehr gut gegen das Coronavirus“, so der Minister.
Aktuell sei das „erste große Ziel“ neben der Aufrechterhaltung der kritischen Infrastruktur, einen allgemeinen Lockdown zu verhindern, wiederholte der Minister den bereits skizzierten Fahrplan der Regierung. Bei der aktuellen Omikron-Variante gebe es zwei Strategien: „Das Containment, den Lockdown – am Beispiel Holland.“ Und es gebe ein Beispiel – England –, „das es tatsächlich mehr oder weniger durchrauschen lässt“, so der Minister. „Wir gehen keinen von beiden Wegen.“
Stattdessen setze Österreich auf „Augenmaß, wo wir sehr strenge Maßnahmen haben seit dem 12. Dezember“, so Mückstein und verwies auf den Lockdown für Ungeimpfte, die 2-G- bzw. 3-G-Regelung, die FFP2-Pflicht auch draußen sowie Einschränkungen in der Gastronomie. Kritik an der Lockerung der Quarantänebestimmungen, mit der die Regierung Ausfälle in der kritischen Infrastruktur wegen zu vieler Absonderungen verhindern will, teilt Mückstein nicht. Die heimischen Maßnahmen seien strenger als in anderen europäischen Ländern.
Normalstationen im Fokus
Einen weiteren allgemeinen Lockdown will auch der Gesundheitsminister verhindern, ausschließen könne er ihn aber nicht. Der entscheidende „Marker“ werde künftig nicht mehr die Belegung der Intensivstationen sein, sondern die der Normalstationen und die Auslastung der niedergelassenen Ärzte. Man könne nicht warten, „bis die Intensivstationen so ein Problem haben, dass wir nicht mehr anders können“. Offen sei derzeit aber noch, auch international, wie dieser „Marker“ zu definieren ist, also wie hoch die Auslastung sein muss, damit Maßnahmen notwendig sind.
Mückstein verwies darauf, dass die Wahrscheinlichkeit einer Spitalsaufnahme bei der neuen Virusvariante Omikron circa 40 bis 50 Prozent geringer sei als bei der Delta-Variante. „Wir wissen auch, dass bei Delta einer von vier mit Covid-19 infizierten eingelieferten Patienten auf die Intensivstation gekommen ist.“ Bei Omikron betrage dieses Verhältnis hingegen nur 1:10. Bekannt sei auch, dass bei der Delta-Variante etwa 20 Prozent der Intensivpatienten beatmet werden mussten, bei Omikron nur zwei Prozent.
Entscheidend sei, dass die Impfung vor schweren Verläufen „nach wie vor schützt, auch bei der Omikron-Variante“. Die Boosterimpfung verringere zudem laut aktuellen Studien bei einer Durchbruchsinfektion deutlich die Möglichkeit, das Virus weiterzugeben. Darüber hinaus seien dreifach Geimpfte kürzer ansteckend.
„‚Long Covid‘ große Herausforderung“
Die Impfung sei auch für Kinder wichtig, weil sie einerseits der Weg aus der Pandemie sei, andererseits könnten auch Kinder erkranken inklusive drohender Langzeitfolgen wie „Long Covid“ oder des Hyperinflammationssyndroms. „Long Covid“ sei generell eine „große Herausforderung“, rund zehn Prozent der Infizierten seien davon betroffen. Das sei „ein sehr großes Thema“, umso mehr müsse man Hilfen anbieten.
Die Diagnose sei schwierig, daher habe die Österreichische Gesellschaft für Allgemeinmedizin (ÖGAM) federführend mit anderen Fachgesellschaften eine Leitlinie zur Diagnose erstellt. Auch wurde eine Arbeitsgruppe im Obersten Sanitätsrat eingerichtet, die u. a. noch bestehende Versorgungslücken und Probleme für die Betroffenen identifizieren soll. Weiters sei ein Onlinetool für Hausärzte in Entwicklung, das bei der Diagnostik und auch beim Finden des richtigen Settings für die Behandlung unterstützen soll.
Termin für Impfpflicht steht
Eine Durchseuchung, wie zuletzt von der Leiterin der gesamtstaatlichen Covid-Krisenkoordination (GECKO), Katharina Reich, prognostiziert, ist für Mückstein nicht der Ausweg aus der Pandemie. Der Immunschutz lasse bei Impfung und Genesung mit der Zeit nach. Außerdem verwies er auf allfällige weitere Mutationen, vor der eine durchgemachte Infektion eventuell nicht schützt. Die Perspektive sei „eine hohe Gesamtimmunität in der Bevölkerung. Und das wichtigste Mittel dorthin ist die Impfung“, sagte Mückstein.
Die Impfpflicht sei daher eine mittelfristige Maßnahme auf diesem Weg – auch wenn sie jetzt für die aktuelle fünfte Welle zu spät komme. Einmal mehr betonte er den Starttermin Anfang Februar. Der Lockdown für Ungeimpfte werde damit nicht automatisch enden. „Ein Lockdown kann verfassungsrechtlich nur begründet werden mit dem drohenden Zusammenbruch der medizinischen Versorgung. Solange diese Bedrohung real ist, wird der Lockdown für Ungeimpfte weitergehen.“