NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg
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Ukraine-Beitritt

NATO trotzt russischer Forderung

Ungeachtet der zunehmenden Spannungen mit Russland hält die NATO an der Beitrittsperspektive für die Ukraine fest. Die Allianz werde das Recht auf Selbstbestimmung der Staaten Europas nicht antasten, sagte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Montag in Brüssel. Moskau ist hingegen strikt gegen eine NATO-Osterweiterung. Der Konflikt ist diese Woche Thema mehrerer diplomatischer Treffen.

Ein NATO-Beitritt sei alleine die Entscheidung der Ukraine und der Mitgliedsstaaten des Bündnisses, so Stoltenberg. Zugleich warnte er Russland erneut vor einer militärischen Aggression gegen die Ukraine. Das hätte unabsehbare politische und wirtschaftliche Folgen. Mit Blick auf die anstehenden Gespräche mit russischen Vertretern sprach Stoltenberg von „einer wichtigen Woche für die Sicherheit Europas“. Er glaube aber nicht, „dass wir erwarten können, dass diese Treffen alle Probleme lösen werden“.

Stoltenberg sagte, man gehe mit guter Absicht in die Gespräche und werde Russlands Sorgen hören. In Brüssel tagte am Montag die NATO-Ukraine-Kommission. Die stellvertretende ukrainische Ministerpräsidentin Olha Stefanischyna sagte bei einem gemeinsamen Presseauftritt mit Stoltenberg, Russland habe als Aggressor nicht das Recht, irgendwelche Forderungen zu stellen.

NATO: Beitritt für Ukraine weiterhin möglich

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat einmal mehr festgelegt, dass man ungeachtet der zunehmenden Spannungen mit Russland an der Beitrittsperspektive für die Ukraine festhält. Die Allianz werde das Recht auf Selbstbestimmung der Staaten Europas nicht antasten, sagte Stoltenberg in Brüssel. Moskau ist hingegen strikt gegen eine NATO-Osterweiterung. Die stellvertretende ukrainische Ministerpräsidentin Olha Stefanischyna sagte dazu, Russland habe als Aggressor nicht das Recht, irgendwelche Forderungen zu stellen. Der Konflikt ist diese Woche Thema mehrerer diplomatischer Treffen.

Russland zog knapp 100.000 Soldaten an der Grenze zur Ukraine zusammen. Der Westen droht mit harten Sanktionen, sollten russische Soldaten in die Ukraine einmarschieren. Die Regierung in Moskau weist den Vorwurf zurück, sie bereite eine Invasion vor. Stattdessen wolle man deutlich machen, dass Moskau eine weitere Osterweiterung der NATO nicht akzeptieren werde. Zudem verlangt Russland Sicherheitsgarantien. Der Konflikt in der Ostukraine dauert bereits seit 2014. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen starben dort bisher mehr als 13.000 Menschen.

USA und Russland beharren auf Standpunkten

Am Mittwoch wird ein Treffen des NATO-Russland-Rates stattfinden, am Donnerstag eines der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), zu der auch Russland gehört. Zum Auftakt der Verhandlungswoche trafen einander die stellvertretenden Außenminister der USA und Russlands, Wendy Sherman und Sergej Rjabkow, zu einem direkten Gespräch am Montag in Genf. Rjabkow sagte dem russischen Staatsfernsehen zum Auftakt: „Die amerikanische Seite muss sich auf Kompromisse einstellen.“ Russland habe klare Positionen auf höchster Ebene formuliert, von denen „nicht einfach mehr abgewichen werden kann“. Die Gespräche seien „schwierig, aber sehr professionell, tiefgründig und konkret gewesen“.

Sherman twitterte: „Wir werden uns die russischen Belange anhören und unsere eigenen mitteilen, aber wir haben klargemacht, dass wir über die europäische Sicherheit nicht ohne unsere Alliierten und Partner diskutieren.“ Viel kam am Ende des Treffens nicht heraus: Die USA hätten unter anderem Abrüstungsgespräche angeboten, so Sherman. Man sei bereit, über Themen wie die Begrenzung von Manövern oder die Stationierung von Raketen zu sprechen, sagte Sherman. Es könne etwa der INF-Vertrag über das Verbot landgestützter atomwaffenfähiger Mittelstreckensysteme wiederbelebt werden. Die USA hatten sich unter Präsident Donald Trump daraus zurückgezogen. Die US-Truppenpräsenz in Europa sei kein Thema gewesen. Die Forderungen Russlands nach einem garantierten Ende der NATO-Osterweiterung wies Sherman aber erneut zurück.

US- und russische Delegation bei den Ukraine-Gesprächen in Genf
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Gespräche der stellvertretenden Außenminister Russlands und der USA in Genf

US-Warnung vor russischer Berichterstattung

US-Außenminister Antony Blinken sagte am Sonntag im Vorfeld der Treffen, es sei schwierig, „in einer Atmosphäre der Eskalation mit einer Waffe am Kopf der Ukraine“ Fortschritte zu erzielen. Er betonte aber, weder ein Abzug von US-Truppen aus Osteuropa noch eine Zusage für eine Nichtausweitung der NATO stünden zur Verhandlung. Ein US-Regierungsvertreter sagte, es sei nicht an Moskau, darüber zu entscheiden, mit welchen Ländern andere Staaten Bündnisse eingingen.

Die USA warnten davor, dass russische Medien den Inhalt der Gespräche am Montag wahrscheinlich falsch wiedergeben und von Konzessionen aufseiten der USA sprechen würden. Ein Regierungsmitarbeiter sagte, es würde ihn nicht überraschen, sollte die russische Seite Falschmeldungen über US-Zugeständnisse streuen, um „eine Spaltung unter den Verbündeten herbeizuführen“.

„Der einzige Weg aus der Krise führt über Dialog“

Thema wird die Causa auch bei einem informellen Treffen der EU-Außenministerinnen und -minister – darunter Alexander Schallenberg (ÖVP) – am Donnerstag in der französischen Stadt Brest sein. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell stellte am Sonntag einmal mehr klar, ohne die Europäer dürfe über die Sicherheit in Europa nicht gesprochen werden. Er betonte zugleich das Recht der Ukraine, außenpolitische Entscheidungen selbst zu treffen. Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten Russland bei ihrem letzten Gipfel im Dezember vor Konsequenzen gewarnt.

Auch die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock äußerte sich zu dem Konflikt und pochte auf eine Einbeziehung Europas. „Klar ist, dass es keine Entscheidung über die Sicherheit in Europa ohne Europa gibt. Der einzige Weg aus der Krise führt über Dialog“, sagte sie der Zeitung „La Stampa“ (Montag-Ausgabe) vor ihrem Antrittsbesuch in Rom am Montag. Sie ergänzte: „Daher setzen der französische Außenminister und ich uns dafür ein, zu Gesprächen im Normandie-Format zurückzukehren.“

In der Vierergruppe des Normandie-Formats versuchen Frankreich, Deutschland, Russland und die Ukraine den seit fast acht Jahren dauernden Konflikt zu lösen. Zuletzt gab es ein Treffen im Normandie-Format auf Chefebene 2019 in Paris. Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) forderte vor Beratungen mit ihren EU-Kollegen ein „Abrüsten der Worte“ im Ukraine-Konflikt. Für die EU sei der Dialog mit Russland unerlässlich, sagte sie. Russland müsse sich aber bewusst sein, dass die EU bei einem Einmarsch in die Ukraine auf jeden Fall mit Wirtschaftssanktionen reagieren würde.