Fertigstellung des Kreuzfahrtschiffes „Global Dream“ in der MV Werft in Wismar.
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MV Werften pleite

Ungewisse Zukunft für größten Luxusliner

An der deutschen Ostsee wurden in den letzten Jahren bei den MV Werften die größten Kreuzfahrtschiffe der Welt gebaut. Mit der „Global Dream“ (auch „Global 1“) und der „Global 2“ sollten „schwimmende Kleinstädte“ für 12.000 Personen in See stechen. Doch dann kam die Pandemie – und die ganze Branche wurde auf den Kopf gestellt. Für die MV Werften und die Bremerhavener Lloyd-Werft endete das nun bitter. Sie stellten am Montag einen Insolvenzantrag, die Zukunft der zu 75 Prozent fertiggestellten „Global Dream“ und der insgesamt 2.200 Beschäftigten ist nun offen.

Beide Werften gehören dem Mutterkonzern Genting Hongkong, der in erheblichen Finanzschwierigkeiten steckt. Der asiatische Mischkonzern hatte die Lloyd-Werft bereits 2015, die MV Werften in Rostock, Wismar und Stralsund 2016 als Reaktion auf den damals boomenden Kreuzfahrtmarkt erworben. Doch mit dem Einbruch der Branche infolge der Pandemie geriet der Mutterkonzern in schwere Turbulenzen, die bis heute anhalten. Die Zukunft der MV Werften war daher schon länger unsicher.

Insgesamt 2.200 Beschäftigte, davon 1.900 bei MV Werften, blicken nun einer ungewissen Zukunft entgegen. Fraglich ist aber auch, wie es mit den zwei Kreuzfahrtschiffen der Global-Klasse weitergeht. Die Luxusliner waren mitten im Branchenhoch 2016 für den asiatischen Markt bestellt und in Rostock und Wismar gebaut worden. Mit einer Kapazität von 9.500 Passagieren und 2.500 Besatzungsmitgliedern, einer Länge von 342 Metern sowie einer Höhe von 20 Decks gelten sie als Schiffe der Superlative.

Ein Teil des Kreuzfahrtschiffes „Global Dream“ während dem Bau in der MV Werft in Warnemünde, Rostock.
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Baustadium der „Global Dream“ von 2019

Geboten werden sollten auch alle möglichen Annehmlichkeiten, angefangen von einer Einkaufsmeile über einen großen Badebereich bis zum Themenpark. Die Innenbereiche sollten mit künstlicher Intelligenz, Gesichts- und Spracherkennung ausgestattet werden. Doch bereits im März 2020 wurden die Arbeiten auf Eis gelegt. Die 1,5 Milliarden Euro teure „Global Dream“ konnte nur zu 75 Prozent fertig gebaut werden, der Bau des zweiten Schiffs befand sich noch im Anfangsstadium.

Keine Einigung auf Rettungspaket

Bis zuletzt hatte man auf eine Rettung gehofft. Vor der Verkündung des Insolvenzantrages hatte es langwierige Verhandlungen zwischen den Unternehmen, der deutschen Bundesregierung und dem Land Mecklenburg-Vorpommern über ein Rettungspaket gegeben. Der deutsche Bund hatte Berichten zufolge wiederholt versichert, rund 600 Millionen Euro aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) zur Verfügung stellen zu wollen.

Das Schiff sollte dafür als Sicherheit verwendet werden. Dafür wäre allerdings ein Eigenbeitrag der Eigentümer von 60 Millionen Euro plus Garantien für die Bundesmittel notwendig gewesen. Hier konnte offenbar eine Einigung mit dem Hongkonger Mutterunternehmen erzielt werden, Genting soll laut NDR jedoch nur 30 Millionen Euro in Aussicht gestellt haben.

„Bittere Nachricht“ für Menschen und Region

Der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte gegenüber der dpa, man habe „alle Hebel in Bewegung gesetzt, um die Insolvenz der MV Werften zu vermeiden und so die Arbeitsplätze zu retten. Allerdings haben die Eigentümer unser Hilfsangebot ausgeschlagen; die Anmeldung der Insolvenz ist die Folge“. Das sei nach Wochen des Bangens eine „bittere Nachricht“ für die Beschäftigten der Werft und für die Region, so Habeck. Das Personal hatte zuletzt keine Löhne und Gehälter ausbezahlt bekommen – acht Millionen Euro sind ausständig.

Fertigstellung des Kreuzfahrtschiffes „Global Dream“ in der MV Werft in Wismar.
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Das Schiff sollte 2022 ausgeliefert werden

Die Branchenvertretung IG Metall sprach nach den Insolvenzanträgen von einem „schwarzen Tag“ für den Schiffbau in Deutschland. Die IG Metall fordert den Fertigbau der „Global Dream“ in der Insolvenz. Darüber hinaus sei es wichtig, schnell auf mögliche Investoren zuzugehen und die Werften neu auszurichten.

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) hofft ebenfalls, dass das Schiff noch fertig gebaut werde. Es werde jetzt hoffentlich schnell ein Insolvenzverwalter für den Schiffbauer bestellt. „Wir wollen mit ihm, dem Insolvenzverwalter, ausloten, ob es Wege gibt, dass der Bau der ‚Global 1‘ auch unter den Bedingungen der Insolvenz fortgeführt werden kann.“ Eine Fertigstellung könnte die Lage deutlich verbessern.

Omikron lässt an Branchenerholung zweifeln

Die Kreuzfahrtbranche gehört seit Beginn der Pandemie zu den besonders hart getroffenen Bereichen. In den letzten beiden Jahren mussten die Reedereien lange Zwangspausen hinnehmen, konnten aber 2021 wieder etwas aufholen. Zu Beginn des dritten Pandemiejahres zeigte man sich zuversichtlich, allerdings droht die Omikron-Variante, den Plänen der Branche erneut einen Strich durch die Rechnung zu machen.

Immer wieder mussten in den letzten Wochen weltweit Kreuzfahrtreisen wegen Infektionen abgebrochen werden. Betroffen waren etwa Ozeankreuzer der Unternehmen Tui Cruises und Aida Cruises. Brasilien unterbrach die Kreuzfahrtsaison wegen vieler Infektionen gar bis Ende Jänner. Die US-Seuchenbehörde CDC riet auch dreifach Geimpften weltweit von einer Kreuzfahrt ab. Die Behörde stufte Kreuzfahrtschiffe auf einer CoV-Gefahrenskala von eins bis vier in der höchsten Kategorie („sehr hoch“) ein.

Die Reedereien wiederum verweisen auf die hohen Sicherheitsmaßnahmen an Bord und versuchen, mit flexiblen Buchungsbedingungen zu locken. Die Unsicherheiten und das potenzielle Risiko für Reiseabbrüche oder Quarantäne an Bord dürften die Buchungsfreude aber beträchtlich dämmen.