Fabrikarbeiter stellt Klavier fertig, China
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China

„Durchhänger“ der Weltwirtschaft bekämpfen

Zur Stabilisierung der globalen Konjunktur plädiert Chinas Präsident Xi Jinping für eine stärkere internationale Zusammenarbeit. Es gehe in Zeiten der Pandemie darum, dass die globale Wirtschaft nicht wieder einen „Durchhänger“ erleide, sagte Xi am Montag bei der Onlinekonferenz des Weltwirtschaftsforums (WEF) in Davos in der Schweiz. Indes wächst Chinas Wirtschaft langsamer – und seine Bevölkerung so gering wie seit den 60er Jahren nicht mehr.

Zugleich warnte Xi, falls Industrieländer geldpolitisch auf die Bremse treten oder gar eine Wende vollziehen sollten, werde es zu negativen Folgen für die weltweite Wirtschafts- und Finanzstabilität kommen: „Und Entwicklungsländer würden die Hauptlast tragen.“ Einige dieser Staaten seien in Zeiten der Pandemie bereits in Armut und Instabilität zurückgefallen.

Auch viele Industrieländer durchlebten „schwere Zeiten“, sagte Xi. „Lassen Sie uns einander voller Vertrauen die Hände reichen für eine gemeinsame Zukunft.“ Es gehe insbesondere im Kampf gegen das Coronavirus darum, die Kräfte zu bündeln, um der Pandemie ein Ende zu bereiten.

Chinas Präsident Xi Jinping
weforum.org
Xi sprach via Videobotschaft im Rahmen des WEF in Davos

Die Weltbank warnte jüngst vor einer deutlichen Abkühlung der globalen Konjunktur und sieht vor allem ärmere Länder unter Druck. In diesem Jahr dürfte die Weltwirtschaft noch um 4,1 Prozent wachsen, 2023 dann um 3,2 Prozent. Im vergangenen Jahr dürfte es noch zu einem Plus von 5,5 Prozent gereicht haben – als Erholung von der ersten Phase der CoV-Krise.

Chinas Wirtschaft wächst langsamer

Chinas Wirtschaft wuchs im abgelaufenen Jahr nach offiziellen Angaben um 8,1 Prozent. Wie das Pekinger Statistikamt am Montag mitteilte, schwächte sich das Wachstum im vierten Quartal jedoch weiter ab. Die chinesische Notenbank reagierte auf die weniger schwungvolle Wirtschaftsentwicklung und reduzierte zwei wichtige Leitzinsen. Wie die People’s Bank of China heute in Peking mitteilte, fällt der Zinssatz für einjährige Refinanzierungsgeschäfte mit den Banken um 0,1 Prozentpunkte auf 2,85 Prozent.

Das starke Plus auf Jahressicht erklärt sich vor allem mit der niedrigen Vergleichsbasis durch die Pandemie im Vorjahr. Mit einer Null-CoV-Strategie, Massentests, Quarantänen und Einreisebeschränkungen hatte das bevölkerungsreichste Land das Virus schneller in den Griff bekommen als die meisten anderen Staaten. Dennoch sagen Ökonominnen und Ökonomen nun ein Jahr mit deutlich weniger Schwung vorher.

Hafen in China
AP/Chinatopix
China exportiert fleißig, doch die Wirtschaft wächst langsamer

Zuletzt waren es vor allem die starken Exporte, die Chinas Wachstum stützten. Doch der Außenhandel kann auf Dauer andere Probleme nicht alleine ausgleichen: Der Immobilienmarkt hat sich – getrieben von Unsicherheiten wie der Krise des mit mehr als 300 Milliarden US-Dollar (rund 263 Mrd. Euro) verschuldeten Immobilienkonzerns Evergrande – abgekühlt. Die Regierung arbeitet weiter daran, die hohe Verschuldung von Unternehmen zu reduzieren. Auch gestiegene Rohstoffkosten und Energieknappheit wirkten sich zuletzt negativ auf die Konjunktur aus.

Weiterer Pandemieverlauf entscheidend

Entscheidend für die wirtschaftliche Entwicklung in diesem Jahr dürfte der weitere Verlauf der Pandemie werden. Während Länder in aller Welt damit begonnen haben, mit dem Coronavirus zu leben, setzt Peking mehr denn je auf Abschottung. Landesweit wurden zuletzt täglich zwar nur rund 150 Fälle gemeldet – in einem Land mit 1,4 Milliarden Menschen. Doch abgesehen davon, dass es in China an unabhängiger Berichterstattung über Behördenversagen mangelt, bereitet die Verbreitung der hochansteckenden Omikron-Variante der Regierung Sorgen.

Expertinnen und Experten fürchten, dass es für Chinas wirtschaftliche Entwicklung schwerwiegende Folgen haben könnte, falls es wegen der Omikron-Variante landesweit in vielen Regionen zu Lockdowns kommt, die Lieferketten unterbrechen und Fabriken lahmlegen würden. Die US-Investmentbank Goldman Sachs warnte, ein großer Omikron-Ausbruch könne in China schwerwiegende Folgen für die Konjunktur haben – und kürzte ihre Prognose für Chinas Wachstum vergangene Woche auf 4,3 Prozent im laufenden Jahr. Auch die Weltbank kürzte ihre Prognose zuletzt von 5,3 auf 5,1 Prozent.

„Bevölkerungsrückgang nicht zu kompensieren“

Unterdessen nimmt die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter in China bereits ab. Für die Volksrepublik ist das ein Problem, da die privaten Haushalte nicht so große Vermögen und Altersrücklagen anhäufen konnten wie jene in westlichen Ländern. Daher wächst der Druck, das Pensionsalter anzuheben – was in der Bevölkerung allerdings extrem unpopulär ist.

Menschen auf der Straße in Peking
AP/Mark Schiefelbein
Die Anzahl der Chinesinnen und Chinesen im erwerbsfähigen Alter nimmt ab

Die Einwohnerzahl der Volksrepublik wächst bereits so langsam wie seit den 50er Jahren nicht mehr, wie die im Vorjahr veröffentlichte Volkszählung ergab: Sie nahm im vergangenen Jahrzehnt nur noch um 5,38 Prozent auf 1,41 Milliarden zu. Dagegen zeigt die US-Bevölkerung positive Veränderungen, wie aus einem Arbeitspapier der chinesischen Zentralbank hervorgeht.

Darin werden Vorhersagen der Vereinten Nationen zitiert, wonach die US-Bevölkerung von 2019 bis 2050 um 15 Prozent wachsen könnte, die chinesische hingegen um 2,2 Prozent schrumpfen dürfte. „Bildung und technologischer Fortschritt können den Rückgang der Bevölkerung nicht kompensieren“, warnte die Zentralbank.

Geburtenrate auf Rekordtief

Chinas Geburtenrate fiel im vergangenen Jahr trotz der schon zuvor vollzogenen Abkehr von der Einkindpolitik auf ein Rekordtief. Es seien nur noch 7,52 Geburten je 1.000 Einwohnerinnen und Einwohner verzeichnet worden, gab das Statistikamt am Montag in Peking bekannt. Das sei der niedrigste Wert seit dem Beginn der Aufzeichnungen 1949.

2020 betrug die Rate noch 8,52 Geburten je 1000 Einwohner. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 10,62 Millionen Geburten registriert nach zwölf Millionen 2020. Das Bevölkerungswachstum – ohne Einwanderung – lag nun bei nur noch 0,034 Prozent und damit so tief wie seit 1960 nicht mehr.