Die Pandemie hat auch in der Spielewelt die Regeln neu geschrieben, das Publikum ist gewachsen, die Konsolenhersteller leiden allerdings unter dem weltweiten Chipmangel. Microsoft, dessen neueste Xbox deswegen nach wie vor schwer zu bekommen ist, will sich nun stärker im Spielestreaming etablieren. Dabei laufen die Games nicht auf den Geräten, sondern auf Servern im Netz.
Am Dienstag verkündete Microsoft die Übernahme von Activision um die enorme Summe von 68,7 Milliarden Dollar (60,4 Mrd. Euro). Activision zeichnet verantwortlich für Hits wie „Call of Duty“, „World of Warcraft“ und „Candy Crush“. Diese Spiele locken in Summe monatlich knapp 400 Millionen Spielerinnen und Spieler weltweit an.
Damit will Microsoft, das schon Spielestudios mit Titeln wir „Doom“ und „Minecraft“ unter seinem Dach hat, seine Marktposition vor allem gegenüber Sony deutlich stärken. Man rechnet mit einem Abschluss des Deals bis Ende seines nächsten Geschäftsjahres, das bis Mitte 2023 läuft. Vorher muss unter anderem noch die Zustimmung der Wettbewerbshüter eingeholt werden.
Toxisches Arbeitsklima
Mit dem Megadeal holt sich Microsoft aber nicht nur einen Spielezampano ins Haus, sondern auch Vorwürfe rund um sexuelle Belästigung und Diskriminierung. Activision Blizzard war im Sommer vom US-Bundesstaat Kalifornien verklagt worden. Der Konzern habe eine sexistische Unternehmenskultur gefördert, bei der Frauen systematisch benachteiligt würden, kritisierte die für die Einhaltung fairer Arbeitsbedingungen in dem Bundesstaat zuständige Behörde DFEH. Auch von Belästigungen und sogar Vergewaltigungen war die Rede.

Die Firma wies die Vorwürfe zunächst weit von sich, beauftragte dann aber doch eine Anwaltsfirma mit der Aufklärung der Vorwürfe. Laut „Wall Street Journal“ wurden seither 37 Beschäftigte gefeuert, 44 weitere wurden „diszipliniert“. Der Chef von Activision soll auf die Vorgänge nicht adäquat reagiert und die Vorwürfe ignoriert haben. Dennoch soll Kotick die Firma weiterhin leiten, hieß es am Dienstag. Er soll aber Microsofts Spielechef Phil Spencer unterstellt werden.
Mit einem Fuß im „Metaverse“
Nach Aufkommen der Vorwürfe gelobte Activision Besserung. Ob das in Zeiten von „#MeToo“ ausreicht, bleibt abzuwarten. Kotick hatte sich bisher mit Rückhalt seines Verwaltungsrates im Chefsessel gehalten. Geholfen haben Kotick freilich auch die satten Summen, die durch die Pandemie entstanden sind. Der Gewinn von Activision legte im Jahresvergleich um rund sechs Prozent auf 639 Millionen Dollar zu.

Der Deal ist auch eine Gelegenheit für Microsoft, im künftigen „Metaverse“ Fuß zu fassen. „Gaming ist die dynamischste und aufregendste Kategorie in der Unterhaltungsbranche und wird künftig eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung von Metaverse-Plattformen spielen“, sagte Microsoft-Boss Satya Nadella. Das „Metaverse“ wird von IT-Fachleuten als Zukunft des Internets gesehen. Es steht für einen gemeinsamen virtuellen Raum, in dem alle Teilnehmenden vernetzt sind und untereinander agieren. Auch Facebook-Gründer Mark Zuckerberg investiert Milliarden in das Geschäft und hat seinen Konzern kürzlich in Meta Platforms umbenannt.
Zum Skandal rund um Activision wollte Nadella laut Reuters vorerst nichts sagen, nur so viel: „Es ist entscheidend für Activision Blizzard, seine neuen Versprechen zur Firmenkultur voranzutreiben. Der Erfolg dieser Übernahme wird davon abhängen.“