Bild zeigt die Insel Tonga nach dem Vulkanausbruch
AP/NZDF/CPL Vanessa Parker
Tonga

Bilanz über „beispiellose Katastrophe“

In Tonga hat die Regierung Tage nach dem Ausbruch des Unterseevulkans Hunga Tonga-Hunga Ha’apai und dem dadurch ausgelösten Tsunami am Dienstag Bilanz über eine „beispiellose Katastrophe“ gezogen. Luftaufnahmen zeigten den Archipel von einer dicken grauen Ascheschicht überzogen. Siedlungen wurden praktisch ausradiert.

In einem Statement, in dem die Regierung des Inselstaats von einer Katastrophe „beispiellosen Ausmaßes“ sprach, bestätigte sie auch Meldungen über drei Tote. Es handelt sich um zwei Einheimische und eine britische Staatsbürgerin.

Einige der kleineren, weiter außen liegenden Inseln des Archipels in Polynesien seien von der Katastrophe besonders stark getroffen worden, berichtete die BBC Dienstagabend. Auf einer sei kein einziges Haus stehen geblieben.

Vom Rest der Welt großteils abgeschnitten

Freiwillige hätten inzwischen begonnen, die Start- und Landebahnen des wichtigsten Flughafens von Asche zu säubern, damit Flugzeuge Trinkwasser und andere dringend benötigte Dinge des täglichen Bedarfs einfliegen können.

Satellitenaufnahme der Insel Tonga nach dem Vulkanausbruch
Satellitenaufnahme der Insel Tonga nach dem Vulkanausbruch
APA/AFP/Handout APA/AFP/Handout

Die Kommunikation mit dem Archipel im Südpazifik war am Dienstag immer noch unterbrochen, nachdem das einzige Unterwasserkabel, „das Tonga mit dem Rest der Welt verbindet“, durch den Vulkanausbruch beschädigt worden war, wie es in der BBC hieß. Allerdings seien die Telefonnetze zumindest wieder im Teilbetrieb. Reparaturarbeiten liefen, um Telefon- und Internetverbindungen vollständig wiederherzustellen. Das könnte aber Wochen, wenn nicht Monate dauern.

Australien schickt Schiff nach Tonga

Neben Neuseeland hat nun auch Australien Hilfsgüter und Trinkwasser via Schiff nach Tonga entsandt. An Bord befinden sich zudem medizinisches Fachpersonal, humanitäre Hilfen und ein Helikopter.

Evakuierungsprozess gestartet

Die Regierung entsandte zudem erste Rettungsteams in die am schlimmsten betroffenen Gebiete des Pazifikstaats, um die Bewohner in Sicherheit zu bringen. „Der Evakuierungsprozess hat begonnen“, erklärte die Regierung am Dienstag. Laut den Angaben wurden Schiffe mit medizinischem Personal, dringend benötigten Vorräten und Zelten entsandt.

Probleme mit Wasserversorgung und Flugverkehr

Bei den Toten handelt es sich nach offiziellen Angaben um eine einheimische 65-Jährige und einen gleichfalls einheimischen 49-jährigen Mann sowie eine 50-jährige britische Staatsbürgerin, die in Tonga lebte. Über ihren Tod hatte ihre Familie bereits am Montag berichtet. Der Ausbruch des Hunga Tonga-Hunga Ha’apai hatte eine große Flutwelle ausgelöst.

Satellitenaufnahme des südpazifischen Inselstaates Tonga
Reuters/Planet Labs PBC
Eruption des Hunga Tonga-Hunga Ha’apai

Von den am stärksten von der Katastrophe betroffenen Inseln – der Archipel zählt insgesamt um die 170 – werden immer noch Menschen in Sicherheit gebracht. Die Wasserversorgung sei durch die großen Mengen an Vulkanasche, die die Eruption freigesetzt hatte, stark beeinträchtigt, hieß es am Dienstag. Probleme gab es immer noch auch im Flug- und Schiffsverkehr.

Luftbilder zeigen Inseln unter grauer Aschedecke

Auf ersten Luftaufnahmen waren inzwischen die Folgen der Eruption zu sehen: ein Archipel, der von einer dicken Ascheschicht bedeckt ist. Neuseeland hatte Flugzeuge zu dem abgelegenen Inselstaat geschickt, um die Situation aus der Luft zu erkunden. Am Dienstag veröffentlichten die neuseeländischen Streitkräfte Bilder, die eine wegen der Asche, die alles begraben hat, farblose Landschaft und zum Teil schwere Zerstörungen zeigen, etwa auf der kleinen Insel Nomuka südlich der Inselgruppe Ha’apai.

Vulkan Hunga Tonga-Hunga Ha’apai am 6. Jänner 2022
Vulkan Hunga Tonga-Hunga Ha’apai am 18. Jänner 2022
AP/2022 Maxar Technologies AP/2022 Maxar Technologies
Vulkan Hunga Tonga-Hunga Ha’apai am 6. Jänner und am 18. Jänner im Vergleich

Von der UNO analysierte Satellitenbilder zeigen ähnliche Szenarien auf der Hauptinsel Tonga. Strände, Häuser und Hotels vor allem im Westen der Insel sollen betroffen sein. Einige Gebäude scheinen eingestürzt zu sein, auch hier präsentiert sich die einst farbenfrohe Inselwelt in einer graubraunen Eintönigkeit. Auf dem internationalen Flughafen Fua’amotu scheint die Start- und Landebahn überschwemmt worden zu sein. Andere Satellitenbilder zeigen, dass die Flutwellen weit ins Inselinnere vordrangen.

„Alarmierende“ Szenen

Die Szenen seien „alarmierend“, sagte der Vizebotschafter von Tonga in Australien, Curtis Tu’ihalangingie. Auf der tief liegenden Insel Mango, von der ein Notsignal empfangen wurde, seien alle Häuser zerstört. „Die Leute sind in Panik, sie rennen herum und sind verletzt. Möglicherweise gibt es mehr Tote“, sagte Tu’ihalangingie.

Auf Fonoifua seien nur zwei Häuser übrig geblieben. Auch auf Atata mit ihren rund 100 Bewohnerinnen und Bewohnern seien zahlreiche Gebäude verschwunden. „Die Welle ist offenbar einmal komplett über Atata hinweggerollt.“ Atata und Mango liegen rund 50 und 70 Kilometer von dem Unterseevulkan entfernt.

Wie das Büro der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) mitteilte, seien insgesamt mindestens 50 Häuser zerstört und 100 weitere beschädigt. Aus der Hauptstadt Nuku’alofa seien schwere Schäden in Küstennähe gemeldet worden. Die Gesundheitseinrichtungen funktionieren jedoch nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO).

Unterwasserkabel gekappt

Die Eruption, die im 2.300 Kilometer entfernten Neuseeland zu hören war, hatte einen Tsunami ausgelöst. Die Auswirkungen waren noch in Neuseeland, den USA, Japan und Peru zu spüren. Tonga mit seinen rund 107.000 Einwohnerinnen und Einwohnern liegt 2.400 Kilometer nordöstlich von Neuseeland, nach Peru sind es rund 10.700 Kilometer. Von den 176 Inseln, die zu Tonga gehören, sind 36 bewohnt.

„Die Kommunikation ist weiter das größte Problem, da Internet und internationale Telefonleitungen immer noch außer Betrieb sind“, teilte das OCHA mit. Satellitentelefone seien das einzige Instrument zur Kommunikation mit der Außenwelt, aber auch sie funktionierten nicht immer zuverlässig.

Ein Sprecher von Southern Cross Cable, das Unterseekabelnetze in der Region betreibt, sagte, dass wahrscheinlich ein Kabel etwa 37 Kilometer vor der Küste von Tonga durch das Seebeben gekappt worden sei. Laut BBC-Angaben verbindet ein 872 Kilometer langes Kabel Tonga mit den Fidschi-Inseln „und von dort aus mit dem Rest der Welt“.

Neuseeland und Australien schicken Schiffe

Neuseeland entsandte am Dienstag zwei Schiffe mit Hilfsgütern und Trinkwasser. Auf Tonga ist das Wasser durch Asche verschmutzt. Die Bevölkerung sei aufgerufen worden, nur abgefülltes Wasser zu trinken, hieß es. Auch aus dem australischen Brisbane sollte am Mittwoch ein Schiff auslaufen, das sowohl humanitäre Hilfen als auch medizinisches Fachpersonal und Helikopter an Bord haben wird. Der Ascheregen und die Zerstörung der Kommunikationsnetze machten Hilfslieferungen sehr schwierig, sagte auch die australische Außenministerin Marise Payne.