Theater an der Wien: Entfremdete „Tosca“ in der Eiswüste

Als Parabel auf glattem Eis inszenierte Martin Kusej Puccinis „Tosca“ bei der Premiere im Theater an der Wien gestern Abend. Seinen modernen und entfremdeten Figuren diente eine Schneelandschaft samt ausrangiertem Wohnwagen als Szenerie.

Eiswelt statt Palazzo

Als Hintergrund drohte darin ein kahler Baum, an dem Leichenteile hingen: Von Puccinis Palazzo Farnese und der Kirche Sant’Andrea della Valle blieb beim Direktor des Burgtheaters nichts übrig.

Puccini geriet hier eher in die Nähe von Samuel Becketts entfremdeter Stückewelt, denn zum prächtig ausstaffierten 18. Jahrhundert. Für diesen Eindruck sprach auch ein Eingriff zum Beginn: Das Scarpia-Motiv zum Auftakt wurde bei Kusej durch eine Tonbandspur ersetzt, auf der Wind heulte.

Die lettische Sopranistin Kristine Opolais stellte die Tosca als verunsicherte Figur dar, der Bass Gabor Bretz als wenig schurkischer, eher modern-abgründiger und brutaler Polizeichef Scarpia gegenüberstand.

Jonathan Tetelmann als herausragender Cavaradossi

Und schließlich ergänzte der junge chilenisch-amerikanische Tenor Jonathan Tetelmann als revolutionär gesinnter Mario Cavaradossi das Trio, wobei er gesanglich deutlich herausragte. Marc Albrecht sprang kurzfristig für den erkrankten Ingo Metzmacher ein, um das ORF-Radio-Symphonieorchester durch diesen unterkühlt-innovativen Puccini-Abend zu dirigieren.

Szene aus „Tosca“
Monika Rittershaus

Am 28. Jänner ist eine Aufzeichnung der Inszenierung mit neun Kameras ab 21.20 Uhr in ORF2 zu erleben. Ö1 sendet am 5. Februar ab 19.30 Uhr einen Mitschnitt.