Tiertransport mit Schweinen
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„Leid auf Straßen verhindern“

Striktere Regeln für Tiertransporte gefordert

Am Donnerstag stimmt das EU-Parlament in Straßburg über Empfehlungen für Tiertransporte in Europa ab. Die Regeln sollen verschärft, das Tierwohl erhöht werden, so die Forderung. Denn die derzeitige Gesetzgebung sei, so der Tenor, bei Weitem nicht ausreichend – im Gegenteil.

Der österreichische EU-Abgeordnete Thomas Waitz (Grüne) hat die vergangenen 1,5 Jahre intensiv an den Empfehlungen zu den Tiertransporten mitgearbeitet. „Ich war viel unterwegs, habe mir Häfen und Verladungen angesehen, Polizeikontrollen auf den Straßen gemacht“, erzählte Waitz im Gespräch mit ORF.at. „Schöne Arbeit“ sei es keine gewesen.

So importiere die EU etwa lebende Rinder aus Südamerika. „Das muss man sich vorstellen, die fahren aus Chile weg und landen irgendwann in Spanien“, so Waitz. Europa sei der aber „größte Verursacher von Lebendtiertransporten“ – 80 Prozent der weltweiten Transporte mit lebenden Tieren „haben mit Europa zu tun oder gehen durch Europa“, erklärte Waitz. Laut einem Bericht der NGO Eurogroup for Animals wurden 2019 exakt 1.618.145.656 Schafe, Rinder, Geflügel und Schweine lebend durch die EU und aus der EU in nichteuropäische Länder transportiert.

Tiertransporter mit Truthähnen in Frankreich
APA/Jean-Francois Monier
Werden Tiere lebend transportiert wie diese Truthähne in Frankreich gelten eigentlich strenge Regeln. Eigentlich.

„Ruinieren Landwirtschaft, produzieren Tierleid“

Und weiter: „Wir haben hier ein Geschäftsmodell entwickelt, wo wir Millionen Tonnen Futtermittel importieren, mit denen wir hier Tiere mästen, die wir dann wieder an die halbe Welt exportieren.“ Österreich exportiere etwa 40.000 bis 50.000 Kälber jährlich – zuerst nach Spanien und Italien, dann weiter über das Mittelmeer in Staaten wie Libyen, Algerien, Ägypten und Israel.

Durch die hochindustrialisierte Landwirtschaft und die damit einhergehenden Massentierhaltung könnten viele Landwirte und Landwirtinnen ihren Lebensunterhalt nicht mehr verdienen und würden aufhören. „Wir ruinieren nicht nur die eigene Landwirtschaft, sondern produzieren eine Menge an Tierleid obendrein“, konstatierte Waitz.

Neues Gesetz wohl 2023

Theoretisch gebe es bereits ein Gesetz, das Tiertransporte klar regelt. Dieses stamme jedoch aus dem Jahr 2005, sei zu unklar formuliert, werde nicht eingehalten, zu wenig kontrolliert und gestraft. Aus diesem Grund hätten über 600 Abgeordnete einen Untersuchungsausschuss durchgesetzt, über dessen Empfehlungen nun abgestimmt wird.

Diese seien getragen von „pragmatischen Kompromissvorschlägen“, es gehe darum, Tierleid zu verhindern und Bedürfnisse der Landwirtschaft berücksichtigen. Waitz zufolge habe die Kommission bereits zugestimmt, auf Basis dieser Empfehlungen bis Ende des Jahres einen neuen Gesetzesvorschlag vorzulegen, das 2023 in Kraft treten könnte.

Rindertransport auf einem Schiff
Reuters/Paulo Whitaker
Maximal acht Stunden sollten Tiere transportiert werden, so „kann man das meiste Tierleid auf Europas Straßen verhindern“

Verringerung der Transportzeiten „wichtigster Punkt“

„Der wichtigste Punkt ist die Transportzeiten zu verringern. Unser Vorschlag ist maximal acht Stunden, damit kann man das meiste Tierleid auf Europas Straßen verhindern“, sagte Waitz. Derzeit sind Transporte über acht Stunden zwar erlaubt (auch in Österreich), jedoch gelten für diese zusätzliche Anforderungen hinsichtlich der Ausstattung des Transportmittels, der Planung und Dokumentation.

Tiertransporte sollten aber ohnehin so gut wie möglich vermieden werden: „Wenn man schon exportieren muss, dann nur Schlachtkörper.“ Im Bereich der Zucht sollten nur noch Embryonen und Spermien verschickt werden, anstatt „die lebenden Tiere durch die Gegend zu führen“, so Waitz.

„Rückbesinnung auf regionale Produktion“

Waitz plädiert für eine generelle „Rückbesinnung auf regionale Produktion und kurze Transportwege“. Hilfreich wäre etwa, regionale Schlachthöfe zu errichten und keine Riesenschlachthöfe wie es beispielsweise in Deutschland der Fall ist.

Ein gänzliches Transportverbot soll es unterdessen für jene Tiere geben, die jünger als fünf Wochen sind, „aber da hat die Industrie schon stark dagegen mobilisiert“, meinte Waitz. Neben den Regelungen für Jungtiere ist außerdem ein Transportverbot für trächtige Tiere im letzten Drittel der Tragezeit angedacht.

Verbot von Transport bei Verletzung des Tierschutzes

Der Untersuchungsausschuss fordert überdies ein Verbot von Transporten in Drittstaaten, in denen europäische Tierschutzbestimmungen nicht eingehalten werden. Denn laut einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs endet der Tierschutz nicht an der Unionsgrenze, sondern muss bis zum Zielort reichen. Kritiker und Kritikerinnen bemängeln, dass das jedoch schwer zu überprüfen sei und es daher ein generelles Verbot bedürfe.

Hierzu äußerte sich die österreichische Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) bereits vergangenes Jahr. Sie sei „überzeugt davon, dass es höchst an der Zeit ist, dass von der gesamten Europäischen Union keine Schlachttiere mehr exportiert werden, das ist nicht mehr notwendig“. Österreich exportiere „seit Jahren“ keine Schlachttiere mehr in Drittstaaten.

In den Empfehlungen fordern die Abgeordneten zudem strengere Kontrollen, höhere Strafen und eine bessere Dokumentation von Verstößen. In Österreich gibt es laut Waitz bereits scharfe Kontrollen – was etwa dazu führe, dass einige Tiertransporte rund um Österreich fahren. Auch daher brauche es europaweit die gleichen Standards.

Kontrolle eines Tiertransporters in Deutschland
APA/dpa/Friso Gentsch
Während es in Österreich scharfe Kontrollen bei den Tiertransporten gibt, agieren andere EU-Länder hier laxer

Österreichische EU-Abgeordnete für mehr Tierschutz

Rückhalt bekommen die Forderungen von den österreichischen EU-Abgeordneten. Sie alle äußerten sich gegenüber ORF.at positiv zu den Vorschlägen. Claudia Gamon (NEOS) meinte etwa, auch selbst noch Anträge einbringen zu wollen, „um beispielsweise die Regeln für den Export wasserdicht zu machen“. Doch auch die „besten Regeln“ müssten eingehalten und kontrolliert werden.

Günther Sidl (SPÖ)zufolge müsse Europa „auch bei den Handelsbeziehungen das Tierwohl viel mehr mitdenken. Es braucht hier mehr Glaubwürdigkeit und ein konsequentes Vorgehen.“ Das EU-Parlament müsse „die treibende Kraft beim Tierschutz sein“.

Für Harald Vilimsky (FPÖ) gehen die Vorschläge unterdessen nicht weit genug. Man habe sich etwa eine Limitierung der Transporte auf vier Stunden gewünscht – beziehungsweise die Verpflichtung, den nächstgelegenen Schlachthof anfahren zu müssen. „Weiters geht es uns darum, grausame Formen ritueller Schlachtungen zu verbieten, sowie ein allgemeines Verbot von Lebendtiertransporten in Drittstaaten.“

Simone Schmiedtbauer (ÖVP) meinte: „Wo Tiertransporte nicht zu vermeiden sind, müssen höchste Tierwohlstandards eingehalten werden. Einen Abfertigungsbasar bei Tiertransporten, einen Unterbietungswettbewerb auf Kosten des Tierwohls darf es nicht mehr geben.“ Doch anstatt sich auf Transportzeiten zu versteifen, müssten die EU-Tierwohlstandards „tatsächlich flächendeckend sichergestellt werden“. Und das sei bis dato nicht der Fall.