Person bedient eine Heizung
ORF.at/Zita Klimek
Große Teuerung

2021 höchste Inflation seit zehn Jahren

In Österreich sind die Verbraucherpreise im vergangenen Jahr durchschnittlich um 2,8 Prozent gestiegen und damit doppelt so stark wie in den vergangenen zwei Jahren. Die Inflation war damit auf dem höchsten Wert seit zehn Jahren, teilte die Statistik Austria am Donnerstag mit. Preistreiber waren die Energie- und Treibstoffkosten, das Wohnen und Restaurants sowie Hotels.

Preisdämpfend hat sich erneut der Telekommunikationsbereich ausgewirkt. Für heuer erwartet Statistik-Austria-Chef Tobias Thomas einen „gedämpften Preisanstieg“ sowie steigende Einkommen durch den Facharbeitermangel. Die Teuerung in Österreich lag 2021 über dem EU-Schnitt von 2,6 Prozent, aber unter jenem von Deutschland mit 3,2 Prozent, was auch auf eine dortige Mehrwertsteuersenkung zuvor zurückzuführen sei. Im EU-Vergleich hätten sich in Österreich besonders die hohen Gastropreise ausgewirkt.

Ohne die stark gestiegenen Energie- und Treibstoffkosten wäre die Jahresinflation hierzulande bei 1,8 Prozent gelegen. So sind Nahrungsmittel nur bedingt teurer geworden, bei Fisch gab es sogar einen Preisrückgang. Dafür kostete das Schnitzel beim Wirt um 4,6 Prozent mehr, vegetarisch wurde es noch teurer (5,8 Prozent).

Arbeitskräftemangel wird lohnsteigernd wirken

Gute Nachrichten hatte Thomas für die Arbeitnehmer. Da die Bevölkerung nur noch im Pensionsalter wächst, wird das den Arbeitskräftemangel weiter verschärfen und sich somit lohnsteigernd auswirken. Auf die Inflation dämpfend auswirken könnten sich die nicht mehr so stark steigenden Ölpreise und die allgemeine Beruhigung der Märkte – falls sich die Pandemiesituation verbessert.

Der Anstieg des Verbraucherpreisindex (VPI) von 2,8 Prozent im Vorjahr war fast doppelt so hoch wie in den vergangenen zwei Jahren und lag auch merklich über den Werten der Jahre 2018 und 2017. Im Dezember 2021 betrug die Teuerung 4,3 Prozent. Richtig hohe Inflationsraten gab es in den 1970er Jahren mit fast zehn Prozent 1974.

Großer Preisschub bei Haushaltsenergie

Die Preise für Verkehr stiegen 2021 durchschnittlich um 6,6 Prozent, nachdem sie im Jahr 2020 um 1,7 Prozent zurückgegangen waren. Ausschlaggebend dafür war die Preisentwicklung der Treibstoffe (plus 17,3 Prozent). Neue Autos kosteten um 3,2 Prozent mehr, Werkstattkosten um vier Prozent.

„Wohnung, Wasser, Energie“ verteuerte sich 2021 durchschnittlich um 3,6 Prozent. Hauptverantwortlich dafür waren Preisschübe bei der Haushaltsenergie (plus 7,7 Prozent) Dazu trug vor allem die Entwicklung der Heizölpreise bei (plus 21,3 Prozent), bei Gas lag das Plus bei 7,9 Prozent, bei Strom bei sieben Prozent und bei Festbrennstoffen bei 2,4 Prozent. Bei Fernwärme betrug der Preisanstieg nur 1,2 Prozent. Die Mieten stiegen um zwei Prozent nach einer deutlich stärkeren Erhöhung 2020.

Auch wöchentlicher Einkauf teurer

In Restaurants und Hotels wurden die Preise durchschnittlich um 3,4 Prozent angehoben. „Die Preissteigerung der Kantinen hingegen entwickelte sich mit einem Anstieg von 1,8 Prozent vergleichsweise unauffällig“, so die Statistik Austria. Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke verteuerten sich durchschnittlich um 0,8 Prozent.

Die Preise für den Miniwarenkorb (typischer wöchentlicher Einkauf inklusive Tanken) stiegen mehr als doppelt so stark wie jene des Mikrowarenkorbs (täglicher Einkauf). Die Teuerung bei Tarifen und Gebühren war mit 1,1 Prozent 2021 deutlich geringer als die allgemeine Inflation. Während die Spritkosten durch die Decke gingen, gab es im öffentlichen Verkehr ein Plus von 1,1 Prozent. Das Studium wurde auch teurer: Die Studiengebühr legte um 7,9 Prozent zu. Auch für Alte und Pflegende war 2021 sehr teuer: Die Kosten für die Altenhilfe legten um 5,5 Prozent zu.

Grafik zeigt Daten zur Inflation in Österreich im Dezember
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: Statistik Austria

Hohe Inflation auch im Dezember

Im Dezember war die Teuerungsrate mit 4,3 Prozent gleich hoch wie im November. Gegenüber dem Vormonat war das durchschnittliche Preisniveau im Dezember um 0,6 Prozent höher. „Angeheizt wurde die Teuerung von starken Preisanstiegen bei Treibstoffen und Haushaltsenergie – ohne sie hätte die Inflationsrate 1,8 Prozent betragen“, so Thomas. „Hintergrund sind nicht zuletzt die Rohölpreise auf den Weltmärkten, die im letzten Jahr um mehr als 50 Prozent zugelegt haben.“

Die Ausgaben für Verkehr und Wohnen waren für drei Fünftel der Inflation verantwortlich. Der für den EU-Vergleich berechnete Harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) betrug im Dezember 3,8 Prozent. Die Preise für Verkehr stiegen im Jahresvergleich durchschnittlich um zwölf Prozent und damit etwas weniger als im November (plus 12,2 Prozent). Sie beeinflussten die allgemeine Teuerung mit plus 1,64 Prozent. Hauptverantwortlich waren die Treibstoffpreise, die um 32,9 Prozent höher waren als vor einem Jahr.

Auch Nahrungsmittel zogen an

Für „Wohnung, Wasser, Energie“ musste durchschnittlich um 5,4 Prozent mehr bezahlt werden (Einfluss: plus 1,00 Prozentpunkt). Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke kosteten durchschnittlich um 1,7 Prozent mehr. Brot dürfte künftig gar um 15 Prozent teurer werden – mehr dazu in noe.ORF.at.

Das Preisniveau des Mikrowarenkorbs, der überwiegend Nahrungsmittel sowie Tageszeitungen und den Kaffee im Kaffeehaus enthält und den täglichen Einkauf repräsentiert, stieg im Jahresvergleich um 4,6 Prozent (November: plus 3,9 Prozent). Das Preisniveau des Miniwarenkorbs, der einen wöchentlichen Einkauf abbildet und neben Nahrungsmitteln und Dienstleistungen auch Treibstoffe enthält, stieg im Jahresabstand um 9,4 Prozent (November: plus zehn Prozent).

Die Preise für Stickstoffdünger haben sich im vergangenen halben Jahr verdreifacht. Ausschlaggebend sind die seit Herbst stark gestiegenen Preise für Erdgas – mehr dazu in oesterreich.ORF.at.

Inflation in Euro-Raum auf Rekordhoch

Auch im Euro-Raum stieg die Inflation vor allem wegen teurer Energie auf ein weiteres Rekordhoch. Dienstleistungen und Waren kosteten im Dezember durchschnittlich 5,0 Prozent mehr als ein Jahr zuvor, wie das EU-Statistikamt Eurostat am Donnerstag mitteilte und damit eine erste Schätzung bestätigte. Das ist der höchste Wert seit Beginn der Statistik 1997.

Im November betrug die Teuerungsrate 4,9 Prozent. Sie ist nun weit mehr als doppelt so hoch wie das Ziel der Europäischen Zentralbank (EZB), die mittelfristig eine Rate von zwei Prozent als optimalen Wert für die Wirtschaft anpeilt.

Eine rasche Zinswende kommt für die EZB laut ihrer Präsidentin Christine Lagarde jedoch nicht infrage. Die Zentralbank müsse geldpolitisch nicht so aggressiv vorgehen, wie es die US-Notenbank Fed voraussichtlich tun werde, sagte Lagarde dem französischen Hörfunksender France Inter. „Der Zyklus der wirtschaftlichen Erholung in den USA ist dem in Europa voraus“, sagte die Französin und fügte an: „Wir haben also allen Grund, nicht so schnell und rabiat vorzugehen, wie man es sich bei der Fed vorstellen kann.“

Lagarde geht von schrittweisem Rückgang aus

Sie gehe davon aus, dass sich die Preise 2022 stabilisieren würden und es schrittweise zu einem Rückgang kommen werde. In den Folgejahren werde es eine weitere Entspannung an der Preisfront geben, da die Energiepreise nicht dauerhaft zulegen dürften und sich auch die Materialengpässe nach und nach auflösten, sagte Lagarde.

Fast die Hälfte des Preisschubs ging im Dezember auf Energie zurück, ein Fünftel auf teurere Dienstleistungen. Für Energie mussten Konsumenten fast 26 Prozent mehr bezahlen als vor Jahresfrist. Ohne Energie hätten die Verbraucherpreise nur um 2,8 Prozent zugelegt. Unverarbeitete Lebensmittel verteuerten sich um 4,7 Prozent und damit deutlich stärker als zuletzt.