Ein australisches Flugzeug der Air Force bringt eine Hilfslieferung auf die Insel Tonga nach dem Vulkanausbruch
AP/Australian Defence Force
Tonga

Nach Vulkankatastrophe nun Angst vor Virus

Fünf Tage nach der gewaltigen Eruption eines unterseeischen Vulkans vor Tonga sind am Donnerstag erstmals zwei Flugzeuge mit Hilfsgütern aus Neuseeland und Australien auf der Hauptinsel Tongatapu gelandet. In dem polynesischen Inselreich, in dem bisher so gut wie keine CoV-Fälle registriert wurden, gibt es nun aber die Sorge, dass ausländische Helfer das Virus einschleppen könnten.

Tonga hatte im März 2020 seine Grenzen geschlossen und sich seither von der Außenwelt weitgehend abgeschottet. Um die Bevölkerung nicht der Gefahr des Coronavirus auszusetzen, gab es keinen direkten Kontakt zwischen den Insassen der Maschinen und den Menschen auf Tonga. „Die Lieferung von Hilfsgütern erfolgt kontaktlos. Das Flugzeug wird voraussichtlich etwa 90 Minuten am Boden bleiben, bevor es nach Neuseeland zurückkehrt“, sagte Neuseelands Verteidigungsministerin Peeni Henare im Vorfeld.

Große Sorge vor einer möglichen Einschleppung des Coronavirus durch die Hilfseinsätze äußerte auch die Caritas in Australien. „Wir müssen hier mit größter Umsicht bei dem Einsatz vorgehen, da sonst die ernste Gefahr besteht, dass mittel- und langfristig durch Covid-19 mehr Menschen sterben könnten als durch Vulkanausbruch und Tsunami“, hieß es in einer Mitteilung.

Schwere Schäden nach Tsunami

Wenige Tage nach der gewaltigen Eruption eines unterseeischen Vulkans vor dem Pazifikstaat Tonga laufen die Aufräumarbeiten auf Hochtouren. Etliche Länder sicherten ihre Unterstützung zu, die ersten Flugzeuge sind bereits auf der Insel gelandet.

Die beiden Flugzeuge, eine C-130 Hercules der Royal New Zealand Air Force und ein australischer Globemaster-Militärtransporter, hatten am Donnerstag neben dringend benötigtem Trinkwasser auch provisorische Unterkünfte, Generatoren, Hygieneprodukte sowie Kommunikationsausrüstung an Bord. Um ihre Landung zu ermöglichen, musste der Flughafen tagelang von Hand von einer dicken Ascheschicht befreit werden.

Warten auf Wiederherstellung von Unterwasserkabel

Kontakt nach außen war zuvor nicht möglich, weil bei dem Vulkanausbruch ein wichtiges Unterwasserkommunikationskabel unterbrochen wurde, das Tonga mit dem Rest der Welt verbindet. Nachrichten von der Insel konnten fast nur über Satellitentelefone der ausländischen Botschaften übermittelt werden.

Hilfslieferungen treffen auf Tonga ein

Fünf Tage nach dem heftigen Vulkanausbruch und dem dadurch ausgelösten Tsunami treffen im Pazifikstaat Tonga erste Hilfslieferungen ein.

Die Kommunikation wurde am späten Mittwoch allerdings teilweise wiederhergestellt: Der lokale Netzbetreiber Digicel berichtete, dass er über Satellitenschüsseln an Ort und Stelle wieder ein 2G-Netz aufbauen konnte und auch internationale Telefonanrufe wieder möglich seien.

Hilfslieferungen für die von einem Vulkan verwüstete Insel Tonga werden mit einem Flugzeug der Australischen Air Force gebracht
AP/alian Defence Force/LACW Kate Czerny
In australischen und neuseeländischen Flugzeugen wurden am Donnerstag erste Hilfsgüter geliefert

Bis das Unterwasserkabel wieder repariert ist, wird es aber nach Angaben des neuseeländischen Außenministeriums einige Zeit dauern. Die US-Kabelfirma SubCom habe mitgeteilt, dass es „mindestens vier Wochen“ benötige, um die Verbindung zur Außenwelt wiederherzustellen. Demzufolge wurde das Kabel an zwei Stellen durchtrennt: Die eine Bruchstelle befindet sich 37 Kilometer vor der Küste, die andere in der Nähe des Vulkans Hunga Tonga-Hunga Ha’apai.

Ungewissheit über Opferzahl

Die gewaltige Eruption des Hunga Tonga-Hunga Ha’apai, der nur 65 Kilometer nördlich von Tongas Hauptstadt Nuku’alofa liegt, hatte eine Wolke aus Asche und Gas 20 Kilometer in die Höhe geschleudert. Ein anschließender Tsunami erreichte sogar weit entfernte Regionen wie Alaska, Japan und Südamerika. Auf den teilweise sehr abgelegenen Inseln Tongas, die mit einer Ascheschicht bedeckt sind, gibt es schwere Schäden. Mindestens drei Menschen kamen ums Leben, allerdings werden mehr Opfer befürchtet.

„Angesichts der Größe dieser Explosion, die aus dem Weltall zu sehen war, und des Tsunamis, der im ganzen Pazifikraum zu spüren war, wäre ich leider sehr überrascht, wenn es nicht noch mehr Verletzte geben würde. Aber wir müssen erst einmal in das Gebiet kommen, um das herauszufinden“, sagte Jim Gilmour von den neuseeländischen Streitkräften.

Satellitenaufnahme der Insel Tonga nach dem Vulkanausbruch
Satellitenaufnahme der Insel Tonga nach dem Vulkanausbruch
APA/AFP/Handout APA/AFP/Handout

Aschedecke verdeckt einst üppige Vegetation

Auf ersten Luftaufnahmen waren die Folgen der Eruption zu sehen: ein Archipel, der von einer dicken Ascheschicht bedeckt ist. Seit der Wiederaufnahme der Kommunikation sind weitere Fotos der Zerstörung aufgetaucht, die zeigen, dass die einst üppig bewachsenen Inseln derzeit in Grau bis Schwarz getaucht sind.

Verwüstung auf der Südseeinsel Tonga nach dem Vulkanausbruch
APA/AFP/Courtesy of Viliami Uasike Latu
Auf Tonga ist nach dem Vulkanausbruch nichts mehr, wie es war

Die Regierung des Inselstaates sprach von einer „noch nie da gewesenen Katastrophe“. Sie bestätigte UNO-Angaben, wonach eine bis zu 15 Meter hohe Welle mehrere Inseln traf, darunter auch die Hauptinsel Tongatapu. Auf einigen abgelegenen Inseln seien fast alle Häuser zerstört. Mindestens 80 Prozent der gut 100.000 Einwohner des Archipels mit 170 Inseln sind nach UNO-Angaben von dem Unglück betroffen.

Die Menschen brauchen nach Einschätzung von Fachleuten vor allem Trinkwasser, weil Asche und Salzwasser die bestehenden Vorräte ungenießbar gemacht haben könnten. Damit wächst auch die Gefahr von Krankheiten wie Cholera und Durchfall. Auch um die Lebensmittelversorgung der Insel wird gefürchtet: Der Präsident der Nationalversammlung von Tonga, Fatafehi Fakafanua, sagte unter Tränen, die gesamte Landwirtschaft sei ruiniert.

Hilfe unterwegs

Weitere Hilfe ist jedenfalls auf dem Weg: Neuseeland schickte zwei Marineschiffe mit Trinkwasser, Tauchteams, einem Helikopter und anderen Hilfsgütern in Richtung Tonga. Die Schiffe waren am Dienstag ausgelaufen und sollten am Freitag in der Region eintreffen. Auch Australien will ein Schiff entsenden. Die Caritas in Australien warnte, dass die Inseln von importierten Waren abhängig seien und deshalb mittelfristig auch Nahrungsmittel und Treibstoff knapp werden könnten.

Fachleute rätseln indessen, was genau zu der gigantischen Eruption im Pazifik geführt hat. „Das war ein unglaubliches Ereignis, und sich in der Schusslinie des Ausbruchs zu befinden, wäre absolut furchterregend gewesen“, sagte Emily Lane, Expertin für Hydrodynamik am neuseeländischen Institut für Wasser- und Atmosphärenforschung. Auch aus wissenschaftlicher Sicht sei diese Naturkatastrophe „überwältigend“.

Äußerst seltener Tsunami-Auslöser

Laut Lane handelte es sich um den ersten durch einen Vulkanausbruch ausgelösten pazifikweiten Tsunami seit der verheerenden Eruption des Krakatau in Indonesien im Jahr 1883. Bei einer der gewaltigsten Eruptionen der jüngeren Menschheitsgeschichte waren dort mehr als 36.000 Menschen gestorben. Die darauffolgende Flutwelle wurde bis nach Europa registriert. „Von Vulkanen provozierte Tsunamis sind lange nicht so häufig wie solche, die von Seebeben ausgelöst werden“, sagte Lane, in Summe seien es nur rund fünf Prozent.